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Wie wissenschaftlich korrekt sind die Dinosaurier-Mischwesen aus „Jurassic World“?

von Michael Förtsch
Diese Woche startet „Jurassic World“ in den deutschen Kinos. Wie schon das Original von Steven Spielberg beruft sich auch der mittlerweile vierte Teil der „Jurassic Park“-Reihe auf Erkenntnisse aus der Wissenschaft. Doch so ganz genau mögen es die Filmemacher dann wohl doch nicht nehmen.

Der Park ist eröffnet, heißt es in „Jurassic World“. Während die Insel mit ihren lebenden Urzeitattraktionen in der Originalverfilmung des Michael-Crichton-Romans „Dinopark“ schon während der Testtour im Chaos versank, ist die Dinosaurierschau im neuesten Teil ein Spaß für Touristen aus aller Welt geworden. Einer, der dann aber alsbald zur Todesfalle wird. Schuld daran ist nicht zuletzt der Star des Films: der Indominus Rex, ein Dinosaurier, den es vor 65 Millionen Jahren eigentlich überhaupt nicht gegeben hat.

Das Coole daran, einen Hybriden zu züchten, ist, dass wir die Gene von einem ganzen Pulk von Tieren nehmen, und daraus ein neues kreieren können.

Jack Horner, Paläontologe und wissenschaftlicher Berater der „Jurassic Park“-Reihe

Stattdessen ist er ein aus Genfragmenten eines Gigantosaurus, Rugops, Majungasaurus und Carnotaurus zusammengesetztes Mischwesen. Das, so der Paläontologe Jack Horner, gehöre wohl tatsächlich zu einer der realistischsten Möglichkeiten, irgendwann einen Dinosaurier zu erschaffen.

„Das coole daran, einen Hybriden zu züchten, ist, dass wir die Gene von einem ganzen Pulk von Tieren nehmen, und daraus ein neues kreieren können“, erklärt Horner, der seit jeher als wissenschaftlicher Berater der „Jurassic Park“-Filme agiert hat. Denn, wie sich seit dem Klassiker von 1993 herausstellte, ist DNA, selbst eingeschlossen in Bernstein, weit weniger robust als immer angenommen. Unter idealen Bedingungen kann sie zwar durchaus einige Millionen Jahre überdauern, nicht aber 65 Millionen.

Eine Kunstkreatur zu schaffen, ist plausibler, als einen reinrassigen Tyrannosaurus zu klonen.

Jack Horner, Paläontologe und wissenschaftlicher Berater der „Jurassic Park“-Reihe

Daher wäre eine Kunstkreatur wie der Indominus „weitaus plausibler“ und einfacher zu erzeugen, als ein reinrassiger Tyrannosaurus, der aus zerfallenem Erbmaterial geklont werden müsste. Allerdings könnten laut dem Wissenschaftler auch noch ganz andere Wege existieren, irgendwann wieder Dinos auf der Erde herumspazieren zu lassen.

Wie Jack Horner bereits in einem Vortrag auf der TED-Konferenz 2011 proklamierte, könnten Hühner die Lösung sein. Zusammen mit anderen Vögeln stellen sie genetisch die nächsten lebenden Verwandten von Velociraptor, T-Rex und Co. dar. „Über die Zeit wurden Schnauzen zu Schnäbeln, Schwänze verschwanden, und Flügel entwickelten sich“, verdeutlicht Horner seine Idee. „Aber die DNA für die Schnauzen und Schwänze ging nicht verloren — sie ist nur inaktiv.“ In dem man die Genstruktur zurückbaue, bestimmte Gene abschaltet und andere reaktiviere, könne sich aus einem Hühnerembryo ein kleiner Urzeitdino entwickeln.

Retro-Engeneering wird diese Methode genannt, die aber auch viele Kritiker hat. Der Harvard-Biologe Matthew Harris, der die Aktivierung von Zahngenen bei Hühnern entdeckte, gibt etwa zu bedenken, dass die Revitalisierung von Genen zwar machbar wäre, viele Gene nach Millionen Jahren aber auch zerstört oder nutzlos sind. Und zu guter Letzt mache ein „Huhn mit Schwanz und Zähnen noch lange keinen Dinosaurier.“

Ein Huhn mit Schwanz und Zähnen ist noch lange kein Dinosaurier.

Matthew Harris, Biologe in Harvard


Auch sonst kommt „Jurassic World“ von wissenschaftlicher Seite nicht ganz kritiklos weg. Wie der Paläontologe John Conway feststellt, sei „Jurassic World“ mit seinem Blick auf Dinosaurier in der Vergangenheit verhaftet. „Seit 1993 gab es eine Revolution bezüglich unseres Verständnisses der Erscheinungsbilder von Dinosauriern“, schreibt er im Guardian.

Viele der auch jetzt noch „nackt“ dargestellten Echsen seien nach heutigen Annahmen wohl in Wahrheit mit Federn, Stacheln und „Dingen, für die wir noch gar keine Bezeichnung haben“ geschmückt gewesen. Während Spielbergs „Jurassic Park“ viele Erkenntnisse seiner Zeit, wie etwa das Herdenverhalten von Dinos akkurat widerspiegelte, präsentiere „Jurassic World“ nur das, was das Publikum kenne und erwarte.

Ob das tatsächlich so ist, wird sich ab Donnerstag zeigen, denn dann startet „Jurassic World“ offiziell in den deutschen Kinos. Aber auch wenn der Streifen nicht den Status aktueller Forschungungen repräsentiert, darf man doch rasante Dinosaurier-Action erwarten. Und vielleicht regt die, wie einst „Jurassic Park“, den ein oder anderen an, nachzuforschen, was es mit den riesigen Kreaturen auf der Kinoleinwand wirklich auf sich hat. 

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