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Bionische Pflanzen könnten Sprengstoffe erschnüffeln

von Liat Clark
Ein Team von Biologen und Ingenieuren des MIT will Pflanzen so verändern, dass sie Sprengstoff oder chemische Kampfmittel wie Sarin-Gas aufspüren können.

Bis jetzt haben sie es allerdings nur geschafft, eine blühende Arabidopsis Thaliana (besser bekannt als Gänserauke) mithilfe von Nanoröhren aus Kohlenstoff in einen Detektor für Umweltverschmutzung zu verwandeln.

Die Forscher beschreiben diese neuartige Methode in der Zeitschrift Nature Materials. Sie glauben, dass ihre Arbeit den Weg für einen komplett neuen Bereich der wissenschaftlichen Forschung ebnen könne, die „Pflanzen-Nanobionik“.

„Wir könnten diese Kohlenstoffnanoröhren irgendwann benutzen, um damit Sensoren herzustellen, die in Echtzeit freie Radikale oder Signal-Moleküle erkennen, die sehr niedrig konzentriert und schwer aufzuspüren sind“, sagt Juan Pablo Giraldo, Pflanzenbiologe und führender Autor des Papers.

Das Team begann sein Experiment, indem es die Fähigkeit der Pflanze, Licht in Energie umzuwandeln, verstärkte. Damit sollte sichergestellt werden, dass sie gut gedeiht und sich erneuert, wenn sie für einen langen Zeitraum als Detektor eingesetzt wird. Um das zu erreichen, manipulierte das Team die Choloroplasten, die die Photosynthese betreiben und das Chlorophyll enthalten. Getestet wurde das Ganze außerhalb der Pflanze, wo diese Moleküle normalerweise innerhalb weniger Stunden absterben würden.


Die Energieerfassung der Pflanze war um 30 Prozent erhöht.

Um das zu verhindern, führte das Team den Teilchen Nanopartikel eines Antioxidans namens Cerium-Oxid zu. Die Substanz wurde in Polyacrylsäure eingebettet, um sicherzugehen, dass sie die Membran der Chloroplasten durchdringt. Die Säure wurde anschließend auch benutzt, um die Kohlenstoff-Nanoröhren in die Chloroplasten zu bringen, die ihnen helfen sollten, die unterschiedlichen Wellenlängen des Lichts zu absorbieren. Bei der Vermessung der Elektronen, die die Membran durchdringen konnten, fanden die Forscher heraus, dass beide Techniken zusammen es den Chloroplasten ermöglichen, für mehrere zusätzliche Stunden zu überleben, auch wenn sie aus der Pflanze entfernt wurden.


Als die Technik schließlich an der lebenden Gänserauke eingesetzt wurde und die Wissenschaftler die Transportrate der Elektronen mit der einer unbehandelten Pflanze verglichen, stellten sie fest, dass die Energie-Erfassung um 30 Prozent erhöht war. Trotzdem sind sie nach wie vor unsicher, in welcher Relation der zusätzliche Elektronenstrom zur tatsächlichen Energieproduktion steht. Deswegen setzen sie die Versuche fort.

Die Methode wird es mithilfe der Kohlenstoff-Nanoröhren, die Salpetersäure erkennen können eventuell möglich machen, die Chloroplasten als verlässliche Sensoren zu nutzen.

Salpetersäure überträgt in Pflanzen Signale, ist allerdings schwer nachzuweisen und gleichzeitig ein Schadstoff, der sauren Regen verursacht. Die Nanoröhren werden durch die Poren der Pflanzenblätter eingeführt und in ein Polymer eingehüllt, das das Aussehen der Röhren verändert, wenn es mit Salpetersäure in Berührung kommt.


Pestizide, Herbizide und Umweltschadstoffe könnten erkannt werden.

Studie

Das System kann modifiziert werden, um unterschiedliche Moleküle zu erkennen. Bisher hat Strano damit schon Hydrogenperoxid, TNT und Nervengas nachgewiesen. Diese Experimente wurden jedoch nicht an Pflanzen durchgeführt. Derzeit fokussieren sich die Forscher darauf, die Nanoröhren so anzupassen, dass sie naheliegendere Stoffe erkennen. „Die Echtzeit-Erfassung von Stickstoff in entnommenen Chloroplasten und Blättern könnte so ausgeweitet werden, dass damit eine breite Palette von pflanzlichen Signalmolekülen und körperfremden Verbindungen wie Pestiziden, Herbiziden und Umweltschadstoffen erkannt werden kann“, schreiben die Autoren.

Die Nanoröhren-Methode kann angepasst werden, um alle möglichen Moleküle zu erkennen. Im Moment steht aber die Erkennung von Stickstoffen im Mittelpunkt, wodurch sich die Forscher neue Erkenntnisse über die Signalübertragung von Pflanzen erhoffen. Das könnte auch Licht ins Dunkel der Frage bringen, wie zum Beispiel Zuckerproduktion durch den gesteigerten Elektronenstrom erhöht werden kann.

„Nanomaterialien sind ein vielversprechender Weg, pflanzliche Funktionen zu manipulieren. Aber wir verstehen immer noch zu wenig über die Aufnahme, den Transport und die Verteilung von Nanopartikeln innerhalb des photosynthetischen Organismus“, so die Autoren. Damit diese Prozesse weiter erforscht und besser verstanden werden, wurde der Begriff der „Nanobionik“ eingeführt. Es könnte also sein, dass wir eines Tages Pflanzen in eine Armee von Sensoren verwandeln können.


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