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re:publica 15 / Keynote: „Leute beachten euch, wenn ihr euch auszieht und im Internet rumtreibt“

von Martin Wiens
Justin Hall macht sich im Internet nackig. Und das schon seit 20 Jahren. Er sei einer der ersten Fremden, die man komplett online kennenlernen könne, sagt er. Der Journalist und Blogger weiß jedenfalls besser als viele andere, wie man sich im Internet darstellt. In einer Keynote auf der re:publica hat er sein Wissen nun geteilt.

Als Justin Hall seine erste eigene Homepage startete, war er einer von nicht einmal Tausend, die so etwas taten. Damals habe man noch ganz leicht checken können, was es so Neues im Internet gibt, erzählt er in seiner Keynote auf der re:publica 2015. Im Jahr 1994 begann er auf seiner Seite Links zu teilen und Geschichten aus seinem Leben aufzuschreiben. Er habe damals „freaky stuff“ gemacht, über Sex und Acid geschrieben und mochte es, online schreiben und teilen zu können, was er wollte — ohne Begrenzungen. Die anfängliche Freiheit, selbst publizieren zu können, sei mit der Ausbreitung des Internets immer mehr einem Gruppenzwang gewichen. Mittlerweile sei es längst der Normalfall, im Netz aktiv zu sein. Hall stellt deshalb fünf Archetypen des sozialen Auftretens im Internet vor:

Als ersten Typen nennt Hall den Promi, der vor allem auf Aufmerksamkeit aus sei. „Leute werden euch beachten, wenn ihr euch auszieht und im Internet rumtreibt.“, sagt er. Das sei aber nicht ungefährlich, weil man leicht die Kontrolle über seine Medienpräsenz verlieren könne. Außerdem gebe es die Möglichkeit, als Lehrer zu agieren und eigenes Wissen online weiterzugeben — und wenn es nur das Wissen darüber sei, wie man in einer möglichst kurzen Zeit möglichst viel Geld macht.

Let’s use the Internet to learn in public!

Justin Hall

Zur Erklärung des dritten Typen — der Aktivist — nennt Hall das Beispiel der Medienkritikerin Anita Sarkeesian, die einem massiven Shitstorm ausgesetzt war, nachdem sie in einer Kickstarter-Kampagne Geld für eine Videoserie zu weiblichen Stereotypen in Videospielen sammelte. Natürlich sei es großartig, die Freiheiten des Internets zur Verbreitung eigener Inhalte und Meinungen zu nutzen, sagt Hall. Allerdings werde man auch leicht zum Ziel von Trollen, die einfach nur Hass verbreiten wollen. Gutes tun sei häufig schwierig im Internet, fährt Hall fort. Den vierten Typen bezeichnet er als Heiler. Zwar könne es helfen, eigene Traumata mit anderen zu teilen — gleichzeitig könne das aber auch schnell nach hinten losgehen.

Der letzte Archetyp, der Lernende, reihe sich nicht zwischen den anderen ein, sondern sei eher über alle Hinweg anzusiedeln. Und das sei vielleicht der beste Weg im Internet aufzutreten. Hall war in den vergangenen 20 Jahren schon einmal jeder der vorgestellten Archetypen. Heute ist er nach eigener Aussage vor allem der Lernende. Und dazu fordert er auch das Publikum der re:publica auf: „Let’s use the Internet to learn in public!“

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