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Wir haben Kinder das neue YouTube Kids testen lassen

von Benedikt Plass-Fleßenkämper
Mit YouTube Kids will Google die jüngsten Zuschauer auf seine Video-Plattform locken. Das 2015 in den USA gestartete Streamingportal speziell für Kinder hat vergangene Woche sein Programm auch in Deutschland und Österreich aufgenommen. Unser Autor hat die App mit seinen beiden Kindern getestet.

In 37 Ländern ist die kostenlose iOS- und Android-App YouTube Kids schon verfügbar, seit ein paar Tagen gibt es sie auch in Deutschland und Österreich. In vier Bereichen – Serien, Musik, Lernen, Erkunden – stehen allerlei kindgerechte Videoinhalte bereit. Von bekannten und neuen Serien wie Bibi & Tina, Die Biene Maja oder Lego Ninjago über Kinderlieder-Evergreens bis hin zu informativen Lernsendungen – das Angebot soll laut Google vor allem „Kinder bis 5 Jahre“ altersgerecht unterhalten und informieren.

Die Basis von YouTube Kids ist YouTube, bestehende Inhalte werden von der bekannten Hauptplattform zur kleinen Schwester geladen. Wie vielfältig und interessant das Angebot wirklich ist, möchte ich mit meinen Kindern testen. Meine Tochter ist seit einigen Tagen sechs Jahre alt, mein Sohn wird bald acht – eigentlich sind die beiden schon einen Tick zu alt für die von Google definierte Zielgruppe. Trotzdem laden wir die App nach dem Abendessen gespannt auf das Familien-iPad.

Für Eltern gibt es in YouTube Kids zahlreiche Einstellungsmöglichkeiten. Es ist möglich, die Suchfunktion zu deaktivieren, damit meine Kinder nur das sehen können, was in der App vorgeschlagen wird. Auch eine Altersbeschränkung lässt sich einstellen, wobei Google hier nur zwischen Inhalten für Vorschulalter, Schulalter und alle Kinder unterscheidet.

Ich frage meine Kinder, was wir auswählen sollen. Es kommt zu einer lebhaften Diskussion: Meine Tochter wurde vor ein paar Wochen eingeschult und ist jetzt stolze Erstklässlerin, folgerichtig plädiert sie für Schulalter. Mein Sohn hingegen findet alle Kinder viel cooler, schließlich sei er „kein Baby mehr“. Dieses Argument überzeugt letztlich auch meine Tochter, sie einigen sich auf alle Kinder.

Um in die Einstellungen zu kommen, muss ich einen zuvor festgelegten vierstelligen Code eingeben. Das erinnert an die Captcha-Tests, die manche Websites durchführen, um zu kontrollieren, ob vor dem Bildschirm auch tatsächlich ein echter Mensch sitzt.

Apropos Code: Damit Kinder nicht ohne Wissen ihrer Eltern die App starten, kann ich einen weiteren Sicherheitscode erstellen, der immer dann abgefragt wird, wenn die App startet. Ebenfalls praktisch: In den Einstellungen lässt sich ein Timer starten, der nach der eingegebenen Wunschzeit YouTube Kids beendet. Die Zeitspanne reicht dabei von einer Minute bis zu zwei Stunden.

Sämtliche Einstellungen kann ich nur mit dem besagten Captcha-Code aktivieren. Auf diese Weise stellen Eltern sicher, dass die Kleinen nicht selbst Veränderungen der Einstellungen vornehmen. Etwas nervig, wenn auch gut gemeint, ist die ständige Sicherheitsabfrage, sollte das Smartphone oder Tablet während der Einstellungen mal in den Standby-Betrieb gehen.

Während meine Kinder langsam ungeduldig werden, studiere ich die Feedback-Funktion von YouTube Kids, die sehr einfach funktioniert. In den Einstellungen befindet sich der entsprechende Reiter. Klickt man darauf, öffnet sich ein Fenster, in das ich meine Meldung eingeben kann. Die Funktion soll Google zufolge dazu dienen, den Service zu verbessern und „unangemessene Videos“ schnell zu identifizieren. Denn hochgeladen werden kann bei YouTube Kids prinzipiell alles.

Die App fragt beim Upload eines Videos, ob es kindgerecht sei und schaufelt es bei positiver Antwort direkt in sein Kinderprogramm. Hat man nun einen ungeeigneten Inhalt entdeckt, kann man seinem Feedback einen Screenshot des entsprechenden Videos hinzufügen. Das Ganze ist aber ein zweischneidiges Schwert, da YouTube Kids eben erst nach einer Meldung reagiert. Zwar handelt Google recht schnell, oftmals dürfte es dann aber schon zu spät sein und Kinder haben das unangebrachte Video womöglich schon konsumiert.

Nun geht es los, ich lasse meine Kinder abwechselnd ans Tablet. Und schnell zeigt sich, dass sich YouTube Kids wirklich primär an Kleinkinder richtet. Mein Sohn, der sicher lesen und schreiben kann, hat die Sicherheitsabfrage für Erwachsene schnell überwunden, der Captcha-Code stellt für ihn kein Problem dar.

Wie der große Bruder besitzt auch YouTube Kids einen Algorithmus, der dem Nutzer Vorschläge aufgrund der bereits geschauten Videos macht. Dies funktioniert natürlich zu Beginn nicht, weshalb im Startbildschirm nur die beliebtesten Videos angezeigt werden, darunter auch Bibi & Tina. Meine Tochter ist sofort im siebten Himmel. Die Auswahl der Clips reicht von knapp einminütigen Musikvideos über fünfminütige Realfilmchen bis hin zur halbstündigen Zeichentrickserie. Sie findet die App auf Anhieb super.

Anschließend ist mein Sohn an der Reihe – und erst einmal wenig begeistert. „Da ist ja nur alles für Kinder“, bemängelt er die überschaubare Auswahl von YouTube Kids. Ob er denn nicht selbst ein Kind sei, will ich wissen. „Doch, aber ich bin schon groß.“ Zwar findet er die App „ganz okay“, weist aber darauf hin, dass das „normale YouTube“ wesentlich interessantere Videos anbietet. Er vermisst vor allem seine geliebten Fußball-Clips à la „Die 10 schönsten Tore von Ronaldo“. Des Weiteren kritisiert er die klimpernde Menümusik und die Soundeffekte, die die App macht, wenn man Videos anklickt oder durch das Angebot surft. „Boah, dieses ‚Whooo’ nervt mich total.“ Gut, dass man sowohl die Musik als auch den Sound in den Einstellungen abschalten kann.

Nachdem wir uns die Videoclip-Listen angeschaut haben, wenden wir uns den Musikclips zu. Die Auswahl reicht von klassischen Kinderliedern wie Ein Männlein steht im Walde oder Alle meine Entchen über völlig neue Titel bis hin zu bekannten Songs aus Disney-Filmen, gesungen von Stars wie Helene Fischer. Kindermusiker-Ikone Rolf Zuckowski ist ebenfalls vertreten. Während meine Sechsjährige fröhlich mitsingt, langweilt sich mein Sohn dagegen schnell.

Als er das Musikvideo zum Song Sowieso vom deutschen Popmusiker Mark Foster – einem seiner aktuellen Favoriten entdeckt –, ist er dann aber doch versöhnt. Auch der Clip zur Coverversion eines anderen Forster-Lieds aus der TV-Sendung The Voice Kids 2015 stößt auf sein Interesse. Insgesamt bietet YouTube Kids im Musikvideo-Bereich ein reichhaltiges Angebot, hier findet sich tatsächlich für jeden Geschmack etwas.

Genervt sind meiner Kinder allerdings von der vielen Werbung: Wir schauen kaum fünf Minuten, da dudelt schon das erste Werbefilmchen über den Screen. Mit bis zu einer Minute Länge hat die Werbung eine fast so hohe Spieldauer wie die meisten Videos. Immerhin verspricht YouTube, bei seinen Spots auf Werbung für Süßigkeiten, zuckerhaltige Getränke und andere Nahrungsmittel zu verzichten. Und tatsächlich: einzig Spielzeug wird angepriesen.

Zum Schluss widmen wir uns der Lernen-Sparten. Hier findet man zum Beispiel einstündige Sendungen des Tigerenten Clubs, in denen zahlreiche Physikexperimente gezeigt werden oder einfache Videos, in denen Kinder das Zählen lernen sollen. Jetzt zeigt sich ein anderes Bild: Meine Tochter findet diese Kategorie recht schnell langweilig und möchte lieber wieder Bibi & Tina gucken. Auf meine Nachfrage hin sagt sie, dass ihr einige der Videos „zu schwer“ seien und andere wiederum „zu baby“. Die Clips mit den Physikexperimenten haben indes das Interesse meines Sohnes geweckt. Aufmerksam schaut er zu, wie Moderator und YouTuber Philip Häusser aus Salz und Eis einen Blitzkühler für Getränke bastelt.

Nachdem ich mir die Auswahl noch einmal angeschaut habe, stelle ich fest, dass Lernvideos für Klein- und Vorschulkinder eindeutig in der Mehrzahl sind – ältere Kinder dürften das Angebot schnell ausgelotet haben. Jüngere Kinder und vor allem die Kleinsten sollten aber ihren Spaß mit den verschiedenen Lerninhalten haben.

Fazit: Ideal für Kleinkinder – aber die älteren Kids langweilen sich schnell
Mit YouTube Kids präsentiert Google eine kindgerechte Variante seines Videoportals mit einfacher Bedienung und zahlreichen Einstellungsmöglichkeiten für Eltern. Schon jetzt bietet die App eine enorme Auswahl an Videos und Musik. Und täglich kommen neue Angebote hinzu. Wer seinen Sprösslingen leicht und sicher Unterhaltung bieten möchte, macht hier nichts verkehrt.

Allerdings richten sich die Inhalte – wie von YouTube selbst auch propagiert – vor allem an kleinere Kinder. Kinder ab dem Grundschulalter werden recht schnell gelangweilt sein und die Standard-YouTube-App bevorzugen. Auch die vielen Werbepausen nerven auf Dauer sowohl Eltern als auch Kinder. Solange YouTube Kids kostenlos ist, dürfte sich an diesem Umstand allerdings nichts ändern.

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