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WIRED erklärt: Blutmond, Supermond und Blauer Mond

von Matt Simon
Wer heute Abend gen Himmel schaut, der kann den Blutmond sehen. Ein wunderbares Naturspektakel, findet unser Autor. Wenn es nicht von so viel Aberglaube und Missverständnissen geprägt wäre.

Am heutigen Freitag werden wir in den Genuss eines himmlischen Spektakels kommen. Für zwei Stunden wird aus dem Mond der Blutmond werden. Es ist die längste totale Mondfinsternis dieses Jahrhunderts und ein faszinierendes Ereignis. Aber dennoch: Es ist nicht so dramatisch wie es klingt. Ebenso wie der Blaue Mond und der Supermond, die in aufgeregten Berichten immer wieder durch die Presse geistern. (Lesen Sie auch: Schwarzer Mond: Das steckt hinter dem Phänomen am 19. August )

Also: Supermond? Blauer Mond? Blutmond? Der erste Begriff wurde von einem Astrologen erfunden, der zweite ist höchst subjektiv sowie wissenschaftlich umstritten und das dritte Wort haben Fans religiöser Prophezeiungen kreiert.

Zuerst ein paar Grundlagen zu diesem großen, astronomischen Vorfall: Eine totale Mondfinsternis gibt es, wenn der Mond sich durch den Erdschatten bewegt. Aber die Erde wirft nicht nur diesen einen Schatten. Der Schatten besteht aus zwei Teilen: der Umbra (Kernschatten) und der Penumbra (Halbschatten).

„Der Grund, warum der Erdschatten aus Kern- und Halbschatten besteht, ist, dass die Sonne kein einzelner kleiner Punkt ist, sie erscheint viel mehr als eine große Scheibe“, sagt Noah Petro, Forscher am Goddard Space Flight Center der NASA. Also ist die Penumbra ein Halbschatten, der dadurch entsteht, dass ein Teil der Sonne von der Erde verdeckt wird.

Im Diagramm sieht man, wie dieses Licht in den Halbschatten wandert. Wenn man dann einen Blick auf den Mond wirft, hat er trotzdem nicht diesen rötlich, orange-braunen Ton, wie er für einen Blutmond typisch ist. „Nur wenn der Mond sich komplett im Kernschatten der Erde befindet, färbt er sich rot. Der Grund: Nur dann ist der Mond dunkel genug“, sagt Petro. „Wenn also auch nur irgendein Teil des Erdtrabanten während einer Mondfinsternis vom Sonnenlicht erhellt wird, würde es dieses Blutmond-Rot nicht geben.“

Diese seltsame Farbe kommt von der Erde selbst. In der Atmosphäre interagiert das Sonnenlicht mit Partikeln wie zum Beispiel Staub, die verschiedene Farben streuen. Vor allem Blau, denn das ist kurzwelliger. Rot und Orange mit ihren längeren Wellenlängen werden weniger stark gestreut.

Dafür muss man nur mal an die verschiedenen Arten von Licht denken, die wir hier auf der Erde sehen. Während des Tages erscheint uns der Himmel blau, denn wenn uns das Sonnenlicht bei hohem Sonnenstand direkt von oben trifft, wird hauptsächlich Blau in unsere Richtung gestreut. „Bei Sonnenuntergang muss das Sonnenlicht durch einen dichteren Teil der Erdatmosphäre dringen – und so wird mehr vom blauen Licht weggestreut“, sagt Petro. Dementsprechend sind die Sonnenuntergänge oft rot und orange.

Wir bekommen also einen Blutmond. Warum heißt er so? „Ich glaube, dass dieser Begriff erst in der jüngeren Vergangenheit, den vergangenen zehn Jahren, durch religiöse Fanatiker populär gemacht wurde, die immer wieder das Ende der Welt voraussagen wollen und bei jeder Mondfinsternis behaupten, dass dies die letzte sei“, sagt Fred Espenak, Wissenschaftler am Goddard Space Flight Center der NASA.

„Die Bezeichnung kennt man schon seit Jahrhunderten, aber eben vor allem aus obskuren Texten”, fügt Espenak hinzu. „Sogar in der Bibel kann man etwas über den Blutmond lesen. Was das aber genau bedeuten soll, ist Interpretationssache.“ Es könnte sich dabei um eine Mondfinsternis gehandelt haben, oder aber um irgendeine andere Art von Phänomen, das den Mond rot gefärbt hat. Waldbrände etwa oder ein Vulkanausbruch, der Asche in die Atmosphäre gespuckt hat.

Das aktuell vermehrte Aufkommen des Begriffs führen Bruce McClure and Deborah Byrd von EarthSky auf das Buch Four Blood Moons: Something Is About to Change von Pastor John Hagee zurück. „So wie in biblischen Zeiten ist es Gott, der die Sonne, den Mond und die Sterne lenkt, um unserer Generation zu signalisieren, dass schon bald etwas Großes passieren wird“, heißt es im Klappentext des Buches.

„Ich denke, wenn man diese Art von Bezeichnungen wie etwa den Blutmond benutzt, verschleiert man nur, was wirklich passiert. Und außerdem wird so der Aberglaube, der sich um solche Dinge rankt, nur noch mehr verfestigt und fortgeführt“, sagt Espenak.

Wenn wir gerade von Aberglaube sprechen, sollten wir uns auch den letzten Begriff des himmlischen Trios anschauen: den Supermond. Denn der ist in dieser Hinsicht auch etwas problematisch. „Die Geschichte des Supermondes stammt nicht aus der Astronomie“, sagt Petro. „Die erste Person, die einen solchen Begriff definiert haben soll, war ein Astrologe.“ Und zwar der Astrologe Richard Nollelle, der behauptete, der Supermond würde das Wetter beeinflussen. Nein, das tut er nicht.

Ein Supermond ist gar nicht so super

Ein Supermond ist nämlich gar nicht so super, wie unser Physik-Experte Rhett Allain schreibt. Da die Umlaufbahn des Mondes um die Erde nicht perfekt rund ist, sondern elliptisch, variiert seine Entfernung zu unserem Planeten von Zeit zu Zeit. Dadurch verändert sich auch unsere Wahrnehmung seiner Größe. Als Erdferne oder Apogäum wird der Punkt bezeichnet, wenn der Mond am weitesten weg ist, als Perigäum oder Erdnähe der Moment, wenn er uns am nächsten ist.

„Wenn man den Mond vergleicht, wenn er am kleinsten erscheint (im Apogäum) und dann, wenn er im Pärigäum ist, geht es um eine maximale Differenz von 14 Prozent im Durchmesser des Mondes“, sagt Espenak. „Das ist nichts, was einem mit dem bloßen menschlichen Auge auffallen würde.“

Und nun zum dritten, etwas unverfänglicheren himmlischen Protagonisten: dem Blauen Mond. Der Ursprung der Bezeichnung hat eine viel zu lange Geschichte, als dass man sie in diesem Rahmen erläutern könnte, aber eines ist klar: Die Bezeichnung hat definitiv nichts damit zu tun, dass der Mond blau wird. „Der Begriff Blauer Mond, zwei Vollmonde in einem Monat, hängt wirklich davon ab, wo man sich auf diesem Planten befindet“, sagt Espenak.

Nehmen wir also an, man befindet sich in Arizona: Der erste Vollmond im Januar ereignete sich dort am Neujahrstag um 7 Uhr (Lokalzeit). Der zweite wird am 31. Januar um 6 Uhr stattfinden. Zwei Vollmonde in einem Kalendermonat.

„Dieser Vollmond ging auch in Neuseeland auf, am 2. Januar um 15 Uhr nachmittags, der folgende wird allerdings erst wieder für den 1. Februar um 2 Uhr morgens vorhergesagt – weil Arizona und Neuseeland in verschiedenen Zeitzonen liegen“, sagt Espenak. „Der Blaue Mond hängt also tatsächlich davon ab, wo man sich gerade befindet. Ich finde nicht, dass es sich dabei um eine wichtige Information handelt.” Es ist nicht mehr als ein menschliches Konstrukt, denn nicht der Mond hat den Kalender erfunden, sondern der Mensch.

Was wird also heute passieren? Eine komplette Mondfinsternis wird es geben, ein unglaubliches Erlebnis für uns Erdlinge, das wir ohne jegliche Art von Hilfsmitteln beobachten können. Dieses Ereignis könnte den Mond rot-orange oder braun färben, aber das hat nichts mit einer höheren Macht zu tun, die uns eine Nachricht senden will. Der Mond wird der Erde eben nur besonders nah sein, aber man sollte ihn deswegen nicht Supermond nennen. Und es wird der zweite Vollmond in einem Kalendermonat sein, was aber wiederum nur für einige von uns Menschen gilt und dann auch nur, weil wir den Kalender entwickelt haben. Und natürlich gilt das nicht für Neuseeländer.

„Ich denke, wir müssen sehr vorsichtig mit diesen Bezeichnungen sein und damit, wie wir sie definieren – das hier sind menschengemachte Konstrukte“, sagt Petro. „Was man bedenken sollte: Wenn das die Leute in Aufregung versetzt, sie nach draußen holt und sie zum Mond blicken lässt, dann ist das aber, wie ich finde, eine großartige Sache.“

Dieser Artikel erschien zuerst bei WIRED.com.

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