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Dieses Bürojob-Webgame treibt einen in den Wahnsinn

von Michael Förtsch
Ein alter Windows-Rechner und jede Menge stupide Aufgaben, von denen sich keine ohne Unterbrechung abarbeiten lässt – kommt euch bekannt vor? Das Webgame It is as if you were doing work des Künstlers Pippin Barr ist eine beißende Satire auf den Büroalltag und die Leistungsgesellschaft. Irre.

Ein Login samt Passwort wird verlangt. Beides darf man sich bei It is as if you were doing work noch selbst ausdenken. Aber das war es dann auch schon mit der Selbstbestimmtheit. Denn öffnet sich der triste Desktop des Windows-95-Rechners, erscheint gleich die erste Aufgabe. Nämlich die, man solle einen Text mit mindestens 595 Zeichen heruntertippen, wofür eigentlich nur auf die Tastatur gehämmert werden muss. Nicht schwer. Wenn nicht plötzlich ein Motivations-Pop-up mit einem grässlich generischen Stockfoto dazwischen käme, das einen dabei jäh unterbricht. Wegklicken! Dann ploppt eine Email auf, die eine Antwort verlangt. Mindestens 365 Zeichen. Wieder ein Pop-up. Doch das will, dass ein bestimmtes Wort eingetippt wird. Dann: Eine Beförderung! Wofür? Egal! Ruhe? Gibt es hier jedenfalls nicht.

Der Künstler Pippin Barr hat mit It is as if you were doing work einen perfiden Arbeitssimulator entwickelt. Ähnlich wie es ihn beispielsweise auch schon mit dem gefeierten Grenzkontroll-Game Papers, Please gibt. Die Spieler erfüllen hier vordergründig dumpfe und allzu eintönige Aufgaben, die aber dennoch stete Aufmerksamkeit und zunehmende Sorgfalt abverlangen.

Wo in Papers, Please vor allem die rigorose und entmenschlichende Natur der Bürokratie kritisiert wird, spielt Barrs Werk zunächst mit dem Bild des trostlosen Büroalltags. Aber ebenso karikiert das Desktop-Game die Reizüberflutung, der wir uns tagtäglich aussetzen. Das durchgängige Konzentrieren auf einen Arbeitsprozess ist nahezu unmöglich. Stets verlangen neue und vermeintlich wichtige Ereignisse unsere Zuwendung.

So überzeichnet It is as if you were doing work auch sein mag, so nah ist es aber doch auch an der Realität. Statt eines „Ding“-Pop-ups im Web-Game ist es im Büro dann eben oft das „Pling“ des iPhone, das einen mit einer Message aus der Konzentration reißt. Die muss dann natürlich sofort gecheckt werden und lässt vergessen, was man nur wenige Sekunden zuvor getan hat.

Laut Pippin Barr, der zuletzt mit einer virtuellen Ausstellung digitaler Wasserflächen für Aufmerksamkeit sorgte, soll sich der Spieler „apathisch und unproduktiv“ fühlen. Aber vor allem lässt das kleine und bitterböse Mini-Game darauf hoffen, dass die Arbeitswoche schnell vorbei geht und das Wochenende da ist. Denn dann kann man Rechner und Smartphone auch mal wieder für einige Stunden unbekümmert ignorieren.

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