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Warum Indien von Zuckerbergs Internet.org-Plänen nichts hält

von Kai Schächtele
Indien wehrt sich gegen die Internet.org-Pläne von Mark Zuckerberg. Das Land befürchtet in Abhängigkeit zu geraten und erinnert dabei an die Kolonialzeit.

Dieser Artikel erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe des WIRED Magazins im April 2016. Wenn Ihr die Ersten sein wollt, die einen WIRED-Artikel lesen, bevor er online geht, könnt ihr hier das Magazin testen.

In kaum einem anderen Land ist der Widerstand gegen die Internet.org-Pläne von Mark Zuckerberg so groß wie in Indien. Das hat maßgeblich zwei Gründe.

Zum einen sehen Netz-­Aktivisten, aber auch die staatliche Telekommunikationsaufsicht TRAI in der Idee, bestimmte Internetangebote kostenlos zugänglich zu machen – darunter Facebook und seinen Messenger sowie zum Beispiel Wiki­pedia –, einen Verstoß gegen das Prinzip der Netzneutralität.

Danach muss jeder Seitenbetreiber grundsätzlich dieselben Chancen haben, ein Publikum zu finden. Alle Daten müssen gleich behandelt werden, Inhalte dürfen nicht ausschlaggebend sein für unterschiedliche Tarife. Die Gegner befürchten, dass Facebook durch das Angebot, das in Indien Free Basics heißt, zum Türsteher fürs Internet wird, der entscheidet, wer reinkommt und wer nicht. Bereits jetzt gibt es unerfahrene Nutzer, die Facebook für das Internet halten. So sagte Facebook-Managerin Sheryl Sandberg im vergangenen Jahr: „Die Menschen kommen in die Telefonläden und sagen: ,Ich möchte Facebook.‘“

Auch während der Kolonialherrschaft  machten Unternehmen gern Geschenke, die in Abhängigkeit führten 

Zum anderen fühlen sich viele Inder erinnert an Zeiten, die sie aus den Geschichtsbüchern kennen: Während der Kolonialherrschaft der Briten, die erst 1947 endete, machten Unternehmen gern Geschenke, die in Abhängigkeit und Unmündigkeit führten. Darum sehen in Indien einige nicht den Wohltäter Mark Zuckerberg, sondern den Neo­Kolonialisten, der die Menschen erst mit dem Angebot eines freien Internets ködert, um ihnen dann ent­weder teure Datenpakete verkaufen oder mit ihren Daten Geld verdienen zu können.

Aber auch in anderen Ländern ruft Zuckerbergs Angebot Argwohn hervor. Im vergan­genen Mai unterschrieben digitale Bürgerrechtsgruppen aus 31 Ländern einen offenen Brief an Zuckerberg. Internet.org „verletzt die Prinzipien der Netzneutralität und ist eine Bedrohung für die Freiheit der Meinungsäußerung, Chancengleichheit, Sicherheit, Privatsphäre und Innovation“, heißt es darin.

Zuckerberg reagierte in Indien auf die Kritik, indem er Millionen in Werbung investierte und den Premier­minister Narendra Modi in Menlo Park empfing. Kurz darauf flog der Facebook-Gründer selbst auf den Subkontinent, um im Oktober vor einer Vollversammlung am Indian Institute of Technology in Delhi zu sprechen. Seine Bemühungen fruchteten nicht. Im Februar stoppte die TRAI sein Angebot Free Basics. Es ist ungewisser denn je, ob Zuckerbergs Vision in Indien irgendwann Wirklichkeit werden kann. 

Wie sich Mark Zuckerberg und sein Expertenteam die Vernetzung der Welt vorstellen, lest ihr hier

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