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Digital ist besser / Folgt mehr Fremden!

von Johnny Haeusler
Wehmütig denkt unser Kolumnist an die Anfangstage von Instagram zurück. Faszinierend, neu und aufregend war das alles damals – auch weil man fast niemanden kannte, dem man folgte.

Das letzte Aha!-Erlebnis in Social Media hatte ich vor knapp sechs Jahren. Instagram war frisch gestartet und noch kein größeres Thema in Deutschland, dennoch schon erstaunlich gut bevölkert von mehr oder minder guten Hobby-Fotografinnen und -Fotografen.

Nach der Erstregistrierung im Oktober 2010 empfing mich ein interessanter Foto-Stream aus vielen Ländern der Welt, nur eben nicht aus Deutschland. Und das war toll. In den ersten Monaten kannte ich so gut wie niemanden und war fasziniert von Einblicken in asiatisches oder afrikanisches Leben, ich folgte mit meinem Account fremden Menschen, deren Fotos ich einfach mochte oder die eines meiner Bilder favorisiert hatten.

Egal, wo wir hinkommen: Unsere bekannten Online-Kontakte sind schon da

Das ist der Grund, warum ich Fotos auf Instagram bis heute häufiger englisch als deutsch beschreibe und kommentiere. Denn jeder nette Kommentar wurde in den Anfangstagen noch mit einem „Thank you!“ bedacht.

Es war eine insgesamt freundliche, im Vergleich zu Facebook und Twitter geradezu fremde Social-Media-Welt, die mich fast ein bisschen an die Anfangszeiten des Internet erinnerte. Es gab Fremdes zu entdecken und Horizonte zu erweitern.

Natürlich folgte ich auch sehr gerne den ersten mir aus anderen Netzwerken bekannten deutschen Instagram-Nutzerinnen und -Nutzern. Man fühlte sich schließlich wie Schwestern und Brüder im Geiste bei den Versuchen, aus seinen bisher eher mittelmäßigen Smartphone-Schnappschüssen halbwegs gute Fotos zu machen, und man klopfte sich gegenseitig auf die virtuelle Schulter. Und ich habe in den letzten Jahren mit viel Respekt auf Instagram einige Bekannte beobachten können, deren Fotografie-Künste sich sichtbar verbessert haben.

Irgendwann aber stiegen die Nutzerzahlen von Instagram überall und auch in Deutschland massiv an, die Foto-Streams verloren etwas an Qualität. Natürlich nicht, weil sie aus Deutschland kamen, sondern weil manche Menschen das Netzwerk eben eher als Alternative zu Tumblr verstanden und nutzten: Sinnsprüche und witzige Screenshots hielten Einzug, und die Auswahl der Accounts, denen man folgen wollte, wurde etwas schwieriger.

Aus einer Foto-Community war streckenweise eine Irgendwelche-Bilder-Gemeinschaft geworden, was ich zwar etwas schade, dann aber doch nicht wirklich schlimm fand. Denn allein die Gemeinschaft aller Nutzerinnen und Nutzer bestimmt halt die Tonalität und Richtung eines Social-Media-Dienstes. Und schließlich gibt es ja viele kleinere Foto-Communities, die man alternativ ansteuern kann.

Trotzdem habe ich neulich ein bisschen wehmütig an diese ersten Instagram-Momente zurückgedacht. An meine Begeisterung für die vielen fremden Menschen und ihre Fotos. Und ich habe dabei festgestellt, was für ein kleines Dorf das Internet, dieses eigentlich weltumspannende Netzwerk häufig doch ist. Egal, wo wir hinkommen: Unsere bekannten Online-Kontakte sind auch schon da. Und so toll und bequem und kommunikativ das auch ist, so langweilig oder eindimensional kann es eben auch manchmal sein.

Da hilft vermutlich nur eins: neue, zweite, dritte Accounts anlegen. Englisch oder andere Sprachen sprechen und schreiben. Und mehr Fremden folgen. Für mehr Aha!-Erlebnisse, für weitere Horizonte und für neue Inspiration. Versucht's mal. Es macht viel Spaß!

Letzte Woche bei „Digital ist besser: Pure Tracking-Vernunft darf niemals siegen! 

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