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Gleiches Netz für alle: Die FCC entscheidet für ein offenes Internet in den USA

von Thorsten Schröder
Gerade mal drei Stimmen reichten der US-Telekom-Behörde FCC für eine wegweisende Entscheidung: In den USA dürfen Inhalteanbieter auch in Zukunft nicht dafür zahlen, dass ihre Daten schneller durchs Internet befördert werden. Damit geht eine monatelange Schlacht zwischen Gegnern und Befürwortern der Netzneutralität zu Ende.

Für das große Finale hatte FCC-Chef Tom Wheeler noch einmal ein paar Schwergewichte des Internets aufgefahren. Die Produzentin der Netflix-Serie „The Killing“, den CEO des Online-Martplatzes Etsy und sogar Tim Berners-Lee, Begründer des World Wide Web, der sich per Videobotschaft nach Washington zuschaltete. „Heute geht es um nichts Geringeres als die Grundpfeiler von Demokratie, Verbraucherrechten und Meinungsfreiheit“, sagte der Computerwissenschaftler. Was an diesem 26. Februar entschieden werde, betreffe den „Kern des Internets“. Nach diesen großen Worten war die Abstimmung selbst jedoch erstaunlich unspektakulär: Die drei Demokraten im zuständigen Gremium der US-Telekommunikationsbehörde stimmten erwartungsgemäß mit „ja“, die zwei Republikaner mit „nein“.

Damit hat die FCC das Zwei-Klassen-Internet vorerst gestoppt: Firmen wie Netflix oder Amazon dürfen Kabelunternehmen wie Comcast und Internet-Providern wie Time Warner Cable auch künftig nicht dafür bezahlen, auf der Datenautobahn an der Konkurrenz vorbeiziehen zu dürfen. Im Umkehrschluss gilt auch, dass Comcast, Time Warner und Co. die Netzzugänge von bestimmten Anbietern nicht nach Belieben ausbremsen dürfen. Die FCC stufte das Netz in ihrer Enrscheidung außerdem als öffentliches Gut ein und erhält dadurch neue Befugnisse, um einzuschreiten, sollten Firmen diese neuen Regeln zur Netzneutralität missachten.

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Für das große Finale hatte FCC-Chef Tom Wheeler noch einmal ein paar Schwergewichte des Internets aufgefahren. Die Produzentin der Netflix-Serie „The Killing“, den CEO des Online-Martplatzes Etsy und sogar Tim Berners-Lee, Begründer des World Wide Web, der sich per Videobotschaft nach Washington zuschaltete. „Heute geht es um nichts Geringeres als die Grundpfeiler von Demokratie, Verbraucherrechten und Meinungsfreiheit“, sagte der Computerwissenschaftler. Was an diesem 26. Februar entschieden werde, betreffe den „Kern des Internets“. Nach diesen großen Worten war die Abstimmung selbst jedoch erstaunlich unspektakulär: Die drei Demokraten im zuständigen Gremium der US-Telekommunikationsbehörde stimmten erwartungsgemäß mit „ja“, die zwei Republikaner mit „nein“.

Damit hat die FCC das Zwei-Klassen-Internet vorerst gestoppt: Firmen wie Netflix oder Amazon dürfen Kabelunternehmen wie Comcast und Internet-Providern wie Time Warner Cable auch künftig nicht dafür bezahlen, auf der Datenautobahn an der Konkurrenz vorbeiziehen zu dürfen. Im Umkehrschluss gilt auch, dass Comcast, Time Warner und Co. die Netzzugänge von bestimmten Anbietern nicht nach Belieben ausbremsen dürfen. Die FCC stufte das Netz in ihrer Enrscheidung außerdem als öffentliches Gut ein und erhält dadurch neue Befugnisse, um einzuschreiten, sollten Firmen diese neuen Regeln zur Netzneutralität missachten.

To everyone who spoke out in support of an open and free internet: Thank you. #NetNeutralityhttp://t.co/MgdTxbNNku pic.twitter.com/OsRr0OQ4YZ

— The White House (@WhiteHouse) February 26, 2015

„An alle, die ihre Stimme für das freie Netz erhoben haben: Danke”, twitterte das Weiße Haus nach der Abstimmung. In seiner „State of the Union“-Rede hatte US-Präsident Obama die FCC im vergangenen Jahr überraschend deutlich dazu aufgerufen, die Gleichheit im Internet zu verteidigen. Verizon, einer der größten Breitband-Anbieter des Landes, sieht die Entscheidung hingegen als Niederlage für das Internet. Der Konzern verschickte eine Presseerklärung in Morseform und warf der FCC unter dem Titel „Throwback Thursday“ vor, die Branche mit der Entscheidung ins Jahr 1934 zurückzuwerfen — als die Regeln für Telekom-Konzerne abgesteckt und diese erstmals als öffentliche Güter definiert wurden.

Vorausgegangen war der Abstimmung ein monatelanges Tauziehen: Ein Firmenkonsortium rund um Netflix, Twitter, Mozilla und Etsy hatte Washington mit Kampagnen überzogen, in denen vor dem Ende des freien Internets gewarnt wurde. Die Gruppe Fight for the Future kam im Oktober in Besitz der Telefonnummern von etwa 30 FCC-Mitgliedern und bombardierte diese mit mehr als 55.000 Anrufen. Selbst Comedians wie John Oliver riefen in ihren Sendungen dazu auf, die öffentlichen Vorschläge der Behörde im Netz mit Kommentaren zu fluten. Auf Etsy, dem Online-Marktplatz für Kreative, verkauften Nutzer Kissen und Tassen, auf denen sie für die Netzneutralität warben. Erst in der vergangenen Woche wandten sich 102 Internetunternehmen in einem Brief an die FCC und warnten davor, den Providern die Macht zu geben, ihre Gatekeeper-Stellung im Netz zu missbrauchen.

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Am Ende waren die Befürworter der Netzneutralität trotz allem Aktivismus aber überrascht, dass sie sich gegen die finanzstarke Lobby der Kabelanbieter und Internetprovider — nach der Ölindustrie immerhin die zweitmächtigste im Polit-Betrieb der US-Hauptstadt — durchgesetzt hatten. Man habe zwar nicht die nötigen Dollars, dafür aber eine „unfassbar engagierte Nutzerbasis“, schrieb zum Beispiel Tumblr. Im Hauptsitz der Blogger-Plattform in New York hatten sich die Verfechter des freien Netzes im vergangenen Frühjahr versammelt, um sich auf die anstehende Schlacht einzustimmen. Ihre Mission: Das Zwei-Klassen-Netz, das finanzstarken Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil verschaffen und zu einer Informationsasymmetrie führen würde, um jeden Preis zu verhindern. Denn in den USA genießen die Netzanbieter vielerorts eine Quasi-Monopolstellung, viele Amerikaner müssen sich mit dem einen Provider begnügen, der ihre Gegend versorgt.

Comcast und Co. hatten es dagegen mit versteckten Drohungen versucht. Gesetzesänderungen in Richtung Netzneutralität, hieß es immer wieder, gefährdeten ihre Profitibiliät und machten es nahezu unmöglich, weiter in den Ausbau der Netze zu investieren. Firmen wie Netflix, das zu Hochzeiten alleine für rund ein Drittel der Daten-Downloads in den USA verantwortlich ist, würden ihre Netze stärker belasten als ein paar Blogs und müssten entsprechend mehr bezahlen. Die Befürworter der Netzneutralität würden die komplexe und technische Debatte darüber, wie das Internet am effizientesten betrieben werden könne, zu einer quasi-religiösen Frage hochstilisieren, wetterte die National Cable & Telecommunications Association. Die FCC versuche, ein Problem zu lösen, das nicht existiere, indem sie eine Autorität ausspiele, die sie nicht habe. Republikaner wie der texanische Senator Ted Cruz sprachen vom „Obamacare des Internets“.

 

Am Ende waren die Befürworter der Netzneutralität trotz allem Aktivismus aber überrascht, dass sie sich gegen die finanzstarke Lobby der Kabelanbieter und Internetprovider — nach der Ölindustrie immerhin die zweitmächtigste im Polit-Betrieb der US-Hauptstadt — durchgesetzt hatten. Man habe zwar nicht die nötigen Dollars, dafür aber eine „unfassbar engagierte Nutzerbasis“, schrieb zum Beispiel Tumblr. Im Hauptsitz der Blogger-Plattform in New York hatten sich die Verfechter des freien Netzes im vergangenen Frühjahr versammelt, um sich auf die anstehende Schlacht einzustimmen. Ihre Mission: Das Zwei-Klassen-Netz, das finanzstarken Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil verschaffen und zu einer Informationsasymmetrie führen würde, um jeden Preis zu verhindern. Denn in den USA genießen die Netzanbieter vielerorts eine Quasi-Monopolstellung, viele Amerikaner müssen sich mit dem einen Provider begnügen, der ihre Gegend versorgt.

Comcast und Co. hatten es dagegen mit versteckten Drohungen versucht. Gesetzesänderungen in Richtung Netzneutralität, hieß es immer wieder, gefährdeten ihre Profitibiliät und machten es nahezu unmöglich, weiter in den Ausbau der Netze zu investieren. Firmen wie Netflix, das zu Hochzeiten alleine für rund ein Drittel der Daten-Downloads in den USA verantwortlich ist, würden ihre Netze stärker belasten als ein paar Blogs und müssten entsprechend mehr bezahlen. Die Befürworter der Netzneutralität würden die komplexe und technische Debatte darüber, wie das Internet am effizientesten betrieben werden könne, zu einer quasi-religiösen Frage hochstilisieren, wetterte die National Cable & Telecommunications Association. Die FCC versuche, ein Problem zu lösen, das nicht existiere, indem sie eine Autorität ausspiele, die sie nicht habe. Republikaner wie der texanische Senator Ted Cruz sprachen vom „Obamacare des Internets“.

 

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Doch auch nach der gestrigen Abstimmung bleiben Unklarheiten. Nicht geregelt ist zum Beispiel, was die Entscheidung für Firmen wie Instart Logic bedeute. Das Startup aus dem SiliconValley nutzt komplizierte Algorithmen, um die Datenpakete seiner Kunden je nach Verkehr über andere Wege und damit schneller von einem Ort zum anderen zu bringen. Ob dieses Geschäftsmodell auch in Zukunft im Sinne der Netzneutralität sein wird, ist derzeit völlig offen. Die Electronic Frontier Foundation warnte, das Regelwerk sei immer noch uneindeutig und lasse viel Raum für Insider, die Regeln zu ihren Gunsten zu biegen.

Endgültig gesichert ist die Netzneutralität ohnehin nicht. Die Republikaner im Kongress prüfen ebenso wie die Kommunikationsanbieter die Möglichkeiten rechtlicher Schritte gegen die Entscheidung. Auch eine Neubesetzung der FCC mit einer republikanischen Mehrheit könnte schon 2016 an den Regelungen rütteln. Behrödenchef Tom Wheeler, der einst selbst als Lobbyist für die Internet-Provider sein Geld verdiente, seitdem aber die Fronten gewechselt hat, warnte die Gegenseite vor solchen Schritten: „Wir werden alle uns zur Verfügung stehenden Mittel nutzen, um Verbraucher und Innovatoren zu schützen.“ Das Netz sei schlicht zu wichtig, als dass man es den Providern überlassen dürfe, die Regeln zu machen.

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