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Nilz on Moviez / „Fack ju Göhte 2“ ist arg konstruiert, aber trotzdem nett

von Nilz Bokelberg
Donnerstag ist Kinotag und diesmal so richtig früh. Diese Woche hat sich unser Kinoexperte Nilz Bokelberg zusammen mit seiner Tochter um sechs Uhr morgens einen Film angesehen: „Fack ju Göhte 2“.

Ich musste mir, um diesen Text zu schreiben, Streichhölzer unter die Lider stecken, denn ich habe „Fack ju Göhte 2“ nicht in irgendeiner doofen Pressevorführung gesehen, sondern mit meiner Tochter zusammen in einer Spezial-Show: heute, am Starttag, um sechs Uhr morgens. Damit man nicht nur der Erste ist, der den Film gesehen hat, sondern danach auch noch direkt in die Schule gehen kann. Also, wenn man noch in die Schule muss. Andere gehen an den Schreibtisch und schreiben zum Beispiel eine Kritik zur Fortsetzung des deutschen Kino-Smashhits von vor zwei Jahren. So wie ich.

Auf den ersten Blick ist bei „Fack ju Göhte 2“ alles so, wie man das von Fortsetzungen überraschend supererfolgreicher Filme kennt: Man will nicht zu viel verändern, man macht nur die erfolgreichen Figuren noch ein bisschen größer, den ganzen Film ein bisschen fetter — und schon läuft das Ding.

McDonalds hat mitten im Film einen kompletten Werbeblock.

Und auch die fetten, aufdringlichen Sponsorings großer Marken wurden quasi beidhändig in den Film geschaufelt. Mc Donalds hat zum Beispiel mitten im Film einen kompletten Werbeblock (inklusive glücklicher Waisenkinder). Auch Air Berlin und Sony (mit Smartphones und PlayStation 4) haben genug Screentime, um uns zu vermitteln, was für starke Brands sie doch sind. Und Haupdarsteller und Orangina-Werbegesicht Elias M'Barek trinkt zwischen den ganzen Singha Bieren ständig ebensies Limonade. Wären Kippen nicht so verpönt, hätte seine Figur Zeki Müller sicher auch noch gut sichtbar West geraucht.

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Aber Sponsorings cool einzuzbinden, das ist eine Kunst für sich und bislang selten originell gelungen — im deutschen Film schon mal gar nicht. Ist also alles gar nicht so wild. Nehmen wir uns lieber mal die Story vor:

Der Ganove Zeki Müller hat sich mittlerweile als Lehrer an der Goethe-Gesamtschule etabliert. Er ist in einer glücklichen Beziehung mit Lisi, der Lehrerin, die ihn ab und zu zum Beispiel vor seinem Bewährungshelfer deckt. Eines Tages bekommt Zeki eine Nachricht von seinen Kollegen, mit denen er damals den Bruch begangen hat: Ein Teil der Beute sei noch in Zekis Tank versteckt. Und tatsächlich: Da drin steckt ein ganzer Beutel Diamanten.

Jetzt heißt es erstmal Füße stillhalten. Die Beute darf nicht so plötzlich wieder auftauchen. Durch eine unglückliche Verkettung dummer Zufälle taucht sie dann auch nicht auf, sondern unter. Und zwar in Thailand. Um dort hinzukommen, initiiert Müller eine Klassenfahrt mit der Umwelt-AG seiner Schule. Doch vor Ort merkt er, wie schnell er mit Cahntal und Co. im Schlepptau an seine Grenzen kommt. Und der Lehrer vom konkurrierenden Etepetete-Schiller-Gymnasium trägt mit seiner arroganten Art auch nicht gerade zur Entspannung bei. Alle gehen Zeki auf den Sack.

So weit, so lustig. Erstmal kann ich alle Freunde des ersten Teils beruhigen: Der Humor in „Fack ju Göhte 2“ ist wieder genauso schön gesetzt und — für eine deutsche Produktion — ungewöhnlich gut getimed. Chantal, Oberprolette mit dem Herz am rechten Fleck, bekommt als heimlicher Star des ersten Teils nun deutlich mehr Screentime. Und Darstellerin Jella Haase weiß das sehr leichtfüßig und gekonnt zu nutzen.

Gehen einem solche Figuren eigentlich sonst schnell auf den Keks, bleibt Haases Chantal immer interessant und überraschend genug, um nicht zu langweilen. Das gilt übrigens für das gesamte Ensemble. Die Rollen sind fast alle stark gecastet, vor allem Volker Bruch als Konkurrenz-Lehrer Hauke Wölki bereichert den Film als crazy Kumpel-Kotzbrocken ungemein.

Zwei Dinge sind mir aber noch eher negativ aufgefallen.

Erstens: Bei so vielen neuen Figuren und dem zusätzlichen Platz für die alten, geht einer Figur der Raum ein wenig verloren — Zeki Müller. Elyas M'Barek ist in der Fortsetzung am ehesten noch der Kitt, der die ganze Story zusammenhält. Klar, alles dreht sich um ihn, aber seine Konflike lösen sich vor allem durch all die anderen um ihn herum. Das reduziert seine Figur leider zu einem Stichwortgeber. Er wird im Film sogar zweimal unfreiwillig ausgeknockt, nur damit man die anderen Charaktere handeln lassen kann. Da hätte ich mir ein bisschen mehr Ideenreichtum gewünscht.

Die Hauptfigur wird leider zum reinen Stichwortgeber degradiert.

Zweitens: Einige Situationen sind wirklich so arg konstruiert, dass es schmerzt. Ich hab eigentlich nichts gegen konstruierte Situationen, aber wenn man das macht, dann doch bitte so richtig übertrieben. Man muss nicht unbedingt eine Situation schaffen, die gerade noch so als glaubhaft durchgeht. Beispiel: Zeki Müller nimmt auf dem Hinflug Schlaftabletten, weil er Flugangst hat. Durch eine Turbulenz schiebt er sich aus Versehen eine ganze Hand voll Tabletten in den Mund. Das ist so doof inszeniert, das man merkt, wie krampfhaft der Versuch ist, die Figur zu betäuben.

Trotz solcher Drehbuch-Verhuschel-Momente gibt es auch einige ganz reizende Szenen, die definitiv im Gedächtnis bleiben werden und für die sich der Film schon mindestens gelohnt hat. Vor allem wenn Danger und Burak bekifft auf Elefanten reiten und ihre Version eines Kinderhörspiel-Titellieds singen — dann weiß man, warum so ein Film gemacht werden musste. Das mag nicht jedermanns Humor sein, aber das ist so schön auf den Punkt, wie man es sich für deutsche Komödien viel öfter wünschen würde.

Deshalb ist mein Fazit ähnlich wie beim ersten Teil: Das Setting ist originell und Autor und Regisseur Dagtekin hat seine Hausaufgaben gemacht. Er hat sich beim Schreiben am Handwerk amerikanischer Komödien-Autoren orientiert, was diesem Film gut tut. Tolle Charaktere, gute Lacher und ein paar verzeihbare Schwächen.

Ich freu mich auf Teil drei und den großen Endkampf zwischen Goethe-Gesamtschule und den Bonzen-Assis vom Schiller-Gymnasium. Aber dann bitte mit Faustkampf à la Bud Spencer und Terence Hill. Dann bin ich auch gerne wieder um sechs Uhr morgens dabei. 

Letzte Woche wünschte sich Nilz Bokelberg „Drunk History“ zurück.

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