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Trump wird zur Gefahr für die Daten der EU-Bürger

von Max Biederbeck
Donald Trump attackiert mit einer neuen Entscheidung den Datenschutz für US-Bürger. Doch Aktivisten und Politikern in Europa ist klar: Längst geht es auch um die Privatsphäre in der EU.

Der Slogan prangt vor rund tausend Besuchern: „The internet is our world“ steht da, das Internet ist unsere Welt. Es ist der Beginn der RightsCon-Konferenz in Brüssel. Drei Tage, an denen es auch darum geht, wem die Daten gehören, die wir im Internet hinterlassen. Und welchen Gefahren unser Online-Ich ausgesetzt ist – vor allem seit Donald Trump US-Präsident ist. Am Dienstag hat die Regierung in Washington wie zur Bestätigung dieser Angst den Datenschutz ihrer Bürger heftig angegriffen. Hier in Brüssel fragen sich die Bürgerrechtler und Datenschützer deshalb gerade, ob „unsere Welt“ bald in Scherben liegt.

Nach dem Senat hat auch das Repräsentantenhaus ein Verbot der Telekom-Aufsicht FCC gekippt, das noch unter Obama verabschiedet worden war. Unterschreibt Donald Trump diese Entscheidung – und das wird er – beseitigt er damit eine Grundfeste des US-amerikanischen Datenschutzes. Internetprovider wie Verizon oder AT&T können dann ohne Zustimmung ihrer Kunden private Daten sammeln und verkaufen. Dazu gehören die Browser-History, heruntergeladene Apps, Ortsdaten und Sozialversicherungsnummern. Auch müssen sich die Unternehmen in Zukunft weniger stark gegen Hacker-Angriffe wappnen, was die Daten ihrer User zusätzlich gefährdet

Das betrifft nun erst einmal nur Bürger der USA. Schon Ende Januar sorgte aber ein Erlass von Trump für Aufregung, der auch ganz direkt die EU angeht. Darin nimmt der Präsident gezielt Nicht-US-Bürger vom Datenschutz aus. Das erzeugte so viel politische Panik, dass EU-Justiz-Kommissarin Vera Jourova Trump am Dienstag offen davor warnte, die bestehenden Datenschutzabkommen mit der EU außer Kraft zu setzen. Diese Abmachungen, der sogenannte Privacy Shield, sollen die Privatsphäre von EU-Bürgern auf US-Servern schützen.

Eine Kette von Entscheidungen, die das Ende des Datenschutzes bedeuten könnten

Ebendieser Schutz scheint Donald Trump allerdings völlig egal zu sein. Seine beiden jüngsten Entscheidungen zum Thema Datenschutz ergeben ein Bild der Deregulierung – und eines Kurses, der die private Informationen der Bürger zum politischen und wirtschaftlichen Gut macht. Auf der RightsCon in Brüssel sorgt das für Gesprächsstoff: Werden bald wieder persönliche Informationen von Bürgern Deutschlands, Frankreichs oder Spaniens in die USA abfließen und dort willkürlich an Staat und Unternehmen weitergegeben?

„Der Privacy Shield steht auf sehr wackeligem Boden, weil seine Grundlagen unter Beschuss stehen“, sagte Greg Njeim. Er leitet das Projekt Freedom, Security and Technology des unabhängigen Think Tanks Centre for Democracy and Technology in Washington. Wie viele andere Experten auf der RightsCon ist er davon überzeugt, dass Trumps neue Maßnahmen nur der Anfang einer ganzen Kette von Entscheidungen sind, die das Ende des Datenschutzes bedeuten könnten.

Der Grünen-Europaabgeordnete Jan Philipp Albrecht bringt es auf den Punkt. „Wenn sich herausstellt, dass Daten entgegen den Zusagen weitergegeben werden, dann muss die EU-Kommission Privacy Shield sofort zurücknehmen – und verhindern, dass die Daten weiter in die USA fließen.“ Nur dann könnten nationale Behörden mit Hilfe der neuen EU-Datenschutzverordnung diejenigen Unternehmen verklagen, die Daten ohne Zustimmung ihrer User weiterleiten. Dabei geht es um eine Strafe von bis zu fünf Prozent ihres Jahresumsatzes. Das wären etwa bei Google rund 66 Milliarden Dollar.

Die Datenschutzverordnung müsste also zum Sicherheitsnetz für die Bürger werden, deren Online-Privatsphäre Trump nicht interessieren. Dass der Präsident einlenkt, so wird in vielen Gesprächen in Brüssel deutlich, ist unwahrscheinlich. „Es geht ihm darum, Jobs zu sichern und etwa die Telekommunikationsanbieter bieten eine ganze Menge davon“, sagt Mitchell Baker, die Vorsitzende der Mozilla Foundation.

Auch der Bürgerrechtsanwalt Christophe Bernard-Glanz, der sich in Brüssel mit Datenschutzfragen beschäftigt, sieht eine düstere Zukunft: „Ich frage mich, wie die EU garantieren will, dass keine Daten mehr in die USA abfließen.“ Die Kommission gebe es nicht zu, aber es sei klar, dass sich längst zu viele Unternehmen auf den Privacy Shield verlassen, um das Abkommen einfach so wieder zurücknehmen zu können.

„Was es wirklich braucht, sind Reformen im US-Recht zur Überwachung von Providern und Internet-Unternehmen im eigenen Land“, sagt Greg Njeim. Einen Hoffnungschimmer sieht er aber: Über die Fragen des Datenschutzes werde es in den kommenden Jahren in den USA durchaus einen Kampf geben.

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