„Der ist so schlecht, der ist schon wieder gut!“ Wie viele unzählige Male ich diesen Satz schon gesagt habe: Manchmal nach, manchmal während und manchmal sogar schon vor dem nächsten Trashfilm. Zum Teil meinte ich das ernst. Oft wollte ich mich vielleicht aber auch nur vor mir selbst und anderen rechtfertigen. Dafür, warum ich Nächte lang mit Freunden vor der Glotze hing, um günstig (und billig) produzierte Streifen zu schauen mit miesen Schauspielern und Plot Holes größer als der Hunger der übergewichtigen Halbvampirin Bluberella in folgendem Trailer.
Liebhaber von Trashfilmen haben es wirklich nicht leicht. Versucht einmal, einem Bekannten die Story von Plan 9 From Outer Space zu erklären, ohne dabei an euch selbst zu zweifeln. Wenn dann auch noch die Mitbewohner hinter deinem Rücken zu flüstern beginnen, nachdem sie deine politisch sowas-von-inkorrekte Russ-Meyers-Filmesammlung entdeckt haben, überlegst du dir vielleicht doch auf Mainstream oder Arthouse umzusteigen.
But Behold and see: Das Happy Ending für Trashfilm-Fans scheint nahe: Die Schamesröte darf weggewischt werden, denn laut einer Studie des Max-Planck-Instituts für empirische Ästhetik in Frankfurt sehen sich vor allem „überdurchschnittlich gebildete und kulturinteressierte Menschen“ die Billigstreifen an. Des Weiteren wollte der Filmwissenschaftler Keyvan Sarkhosh wissen, warum man sich so etwas überhaupt antue.
Dieser YouTuber schneidet „Sharkanado“ auf zwei Minuten zusammen.
„Fliegende Haie, laute Schreie, Blutgespeie – das sind etwa die Ingredienzien des Überraschungs-Trash-Hits Sharknado“, erklärt Sarkhosh. Wohl weniger die Merkmale eines erfolgreichen Films. Dennoch gibt es von Sharknado mittlerweile vier Teile und etliche Fans – ein Phänomen, das Sarkhosh beeindruckt: „Auf den ersten Blick erscheint es paradox, warum sich jemand bewusst und gezielt schlecht gemachte, peinliche und oftmals sogar verstörende Filme anschauen und daran Gefallen finden sollte. Ich habe mich deshalb gefragt, warum so etwas erfolgreich sein kann, wer solchen Schund guckt und vor allem – warum?“ Um dem Phänomen empirisch auf den Grund zu gehen, hat der Wissenschaftler Trashfilm-Fans befragt. Solche, die Titel wie Titel wie Plan 9 From Outer Space, The Toxic Avenger und Sharknado einfach nur lieben.
Entscheidend sei vor allem die Haltung dieser Fans gewesen und die Perspektive, die sie beim Screening einnahmen. In erster Linie sei sie ironisch und analytisch. Die Studienteilnehmer waren sich darüber einig, dass sie meist tatsächlich „Müll“ auf der Leinwand schauten, diesen aber als positive und weiterführende Unterhaltung einstuften. Denn nicht nur in gemeinsamer Runde direkt nach dem Film tauschten sie sich aus, um etwa Plot, Sujet, Dialoge oder auch Produktionsbedingungen analytisch zu betrachten, sondern auch online in verschiedenen Foren. Dieser aktive Austausch würde wiederum den Genuss des Filmes steigern, so Sarkhosch.
„Für diese Leute bedeutet der Trashfilm eine willkommene Abwechslung zur regulären Mainstreamkost“, resümiert der Filmwissenschaftler. „Das sind kulturelle Allesfresser. Ihr Interesse für Medien und Kultur sprengt die traditionellen Grenzen von Hoch- und Popkultur.“ Die Studie erschien in der Augustausgabe (#57) des Journals Poetics.
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