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Wo bleibt die DIY-Szene beim Thema Sonnenenergie?

von Johnny Haeusler
Wie baut man sich selbst eine Solaranlage zur Eigenversorgung? Bei seiner Suche nach einer Antwort scheiterte WIRED-Kolumnist Johnny Haeusler grandios. Seitdem fragt er: Wo ist die DIY-Szene, wenn man sie braucht?

Ob ich mich mit Solaranlagen auskenne, fragte neulich ein Freund. Mit Strom- und Heißwasserversorgung im eigenen Haus, mit Fördermöglichkeiten, Ansprechpartnern, mit den Anforderungen, der Technik, den Batterien… mit allem eben.

Die meisten meiner echten Freunde und Bekannten sind erstaunlich ignorant, was moderne Technik anbelangt und interessieren sich auch selten dafür (vielleicht sind sie auch deswegen Freunde und Bekannte, man möchte schließlich nicht den ganzen Abend über Email-Server-Konfigurationen plaudern). Weil ich alle paar Monate ein neues Smartphone in der Hand halte, gelte ich hingegen in technischen Bereichen als Experte. Da kann ich dann auch nichts anderes mehr tun, als auf die eingangs erwähnte Frage mit einem klaren „Nö“ zu antworten.

Ehrlich, ich habe keinerlei Ahnung von Solarenergie. Ich weiß natürlich, dass man mit Sonnenkollektoren, falls man diese noch so nennt, Energie erzeugen kann, die man wiederum in Batterien speichern muss, um nachts noch Strom zu haben. Zwischendrin braucht es noch irgendwelche Umwandler wegen AC/DC, und falls man selbst Solarenergie erzeugt, kann man einen Teil davon ins öffentliche Stromnetz speisen und bekommt dafür etwas Geld.

Wie das aber alles genau abläuft, wieviel es in etwa kostet, welche Technologie die derzeit führende und sicherste ist (auch was die Investitionen angeht), wer einen am besten berät – das alles weiß ich nicht.

Die übliche Google-Suche half kaum. Wie in immer mehr Bereichen findet man zunächst nur seitenweise SEO-optimierte Vergleichsportale, die zwar immerhin manchmal ein wenig Information bereithalten, meistens aber eher auf das Sammeln von Adressen Interessierter ausgelegt sind.

Das Internet ist doch sonst so schlau und will alles selber machen! Wieso nicht in diesem Bereich?

So sind auch Antworten auf die aus meiner Sicht wichtigsten Fragen schwer zu finden: Wie baut man eine Solaranlage zur reinen Eigenversorgung selbst? Wie kann ich dafür sorgen, dass ich weitestgehend unabhängig bin und bei entsprechendem handwerklichen Geschick vielleicht auch einiges an Kosten spare? Gibt es dafür überhaupt Möglichkeiten, oder ist das ganze Solarsystem eine staatlich regulierte Angelegenheit, bei der strenge Regeln zu befolgen sind? Das Internet ist doch sonst so schlau und will alles selber machen! Wieso nicht in diesem Bereich? Um fair zu bleiben: Man findet natürlich einige Artikel und YouTube-Videos. Nicht wenige davon zeigen aber eher Installationsbetriebe bei ihrer Arbeit. Das ist auch ganz lustig, entspricht aber nicht ganz der DIY-Haltung, die ich suchte.

Die fand ich erst in diesem Artikel von Niko Dunk. Der in San Francisco lebende Software-Entwickler suchte nach einer Lösung, um vorerst nur sein Schlafzimmer allein mit Solarenergie zu versorgen und dabei seinen Vermieter nicht durch unerlaubtes Anbringen von Solar-Panels zu verärgern. Und er erreichte sein Ziel, indem er alle nötigen Komponenten bei Amazon bestellte.

Mit über 200 Dollar Kosten rechnet sich das kleine Projekt wohl noch nicht wirklich, dennoch habe ich durch den Artikel und die darunter stehenden Kommentare, Ergänzungen und Anmerkungen mehr über den ganzen Spaß gelernt als bei einer einstündigen Recherche im deutschsprachigen Internet und stieß dabei auch auf das ähnliche, aber etwas umfangreichere Projekt von Nick.

Nick und seine Frau leben in einem RV, einem „Recreational Vehicle“, also einem größeren Wohnmobil. Und da Nick mal als gelernter Elektriker gearbeitet hat und die völlige Unabhängigkeit liebt, hat er das Dach seines RV mit Solarpanels vollgepackt und alles weitere ebenfalls selbst zusammengeschraubt. Für insgesamt etwa 3000 Dollar erzeugt Nick nun seinen eigenen Strom für alle Bedürfnisse, also inklusive Kühlschrank und was man sonst so braucht.

Nötig sind eigene, kleine Projekte und Initiativen nach dem Vorbild der Open-Source-Bewegung

Wie kostensparend, umweltfreundlich, sinnvoll und sicher solche Selbstbauten sind, bleibt auch nach der Lektüre der Beispielartikel fraglich, doch immerhin plant Niko Dunk ein Kickstarter-Projekt, um sein kleines Solar-Set auf dem Markt anbieten zu können.

Und genau das braucht es meiner Meinung nach für die „Solarszene“: Eigene, kleine Projekte und Initiativen nach dem Vorbild der Open-Source-Bewegung, damit wir alle mehr erfahren über mögliche Energieversorgung durch die Sonne. Und um das Ganze über die reinen Vergleichsplattform- und Förderdschungel-Seiten hinaus wirklich in Gang zu bringen.

Vielleicht gibt es das auch alles schon und ich habe mich beim Suchen blöd angestellt. Falls es also unter den Leserinnen und Lesern Tipps gibt, freue ich mich über Hinweise per Twitter oder Mail. Damit ich meinen Ruf als Experte nicht verliere! 

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