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Das SNES Classic Mini ist eine Zeitmaschine in die 90er

von David Pierce
Ab Morgen verkauft Nintendo das SNES Classic Mini. Die Retro-Konsole ist ein nostalgischer Ausflug zurück in die 90er Jahre – allerdings mit ein paar modernen Upgrades.

Allein der Name Super Nintendo löst eine Welle der Erinnerungen in mir aus: Ich sitze oben in meinem Kinderzimmer in meinem Elternhaus und spiele Donkey Kong Country mit meiner Schwester. Sie schwört noch heute, dass sie meine Hilfe nicht gebraucht hat, aber tief in ihrem Innersten weiß sie, dass ich der einzige war, der die Minen-Level meistern konnte. Wir haben das SNES einige Jahre nach seiner Veröffentlichung im Jahr 1991 bekommen und es fast ein Jahrzehnt nicht ersetzt. Warum sollten wir auch? Es hatte doch alles, was man braucht.

Für mich und Millionen anderer Menschen erschien das SNES zu einem Zeitpunkt, der unser Leben und unsere Gamingerfahrung nachhaltig prägte. Das bedeutet, dass meine Review der 100-Euro-Konsole, die ab morgen erhältlich (und wahrscheinlich sofort vergriffen) sein wird, hoffnungslos voreingenommen ist. Eine moderne Konsole ist sie nämlich ganz und gar nicht und versucht sie auch ganz und gar nicht zu sein. Stattdessen gibt sich das SNES Classic Mini der Nostalgie voll hin. Es ist gewissermaßen eine Zeitmaschine, die den traumatisierenden Moment ungeschehen machen kann, als die Eltern die Konsole irgendwann ungefragt ausrangierten.


Über das Wochenende steckte ich bis zu den Knien in Street Fighter II, Star Fox, Super Mario World und all den anderen der 21 Spiele auf dem SNES Classic. Einige der Spiele haben sich überraschend gut gehalten, andere zeigen deutlich, wie weit sich die Technik seitdem entwickelt hat.

Überhaupt ist die Konsole ein ziemlich eigenwilliges Ding. Sie ist eine getreue Nachbildung des Originals, einige einfach Mordernisierungen hätte Nintendo aber ruhig vornehmen können. Ich habe dementsprechen einige kleine Kritikpunkte, aber dafür auch Donkey Kong Country. Also kann ich mich nicht wirklich beschweren.

Das SNES Classic sieht fast genau so aus wie das SNES, ist aber kleiner. Die zwei mitgelieferten Controller nehmen fast mehr Platz ein als die Konsole. Aus dem grauen Klotz der 90er ist nur ein Taschenbuch großes Klötzchen geworden. Sonst ist sie identisch: dieselbe graue Farbe, dieselben farbigen Buttons an den Controllern, dieselbe Auswurftaste für das Cartridge, in das wir so gerne reingepustet haben.


Die Controller-Anschlüsse sind nicht echt und nur Design-Element.

Aber Halt. Spielmodule gibt es mit dem SNES Classic nicht mehr, alle Spiele befinden sich schon auf dem Gerät. Warum gibt es also noch eine Eject-Taste? Tatsächlich nur als Attrappe. Auch die Controller-Anschlüsse sind nicht echt und nur Design-Element. Will man die beiden mitgelieferten Controller einstöpseln, findet man den Anschluss hinter einer kleinen Klappe.

Um das Gefühl der alten Konsole wieder aufleben zu lassen, orientieren sich viele Design-Elemente des Classic peinlich genau an der Ästhetik der 90er Jahre. Das ist im Großen und Ganzen schon die richtige Entscheidung. Trotzdem hat Nintendo der Konsole ein paar clevere Updates verpasst. So lässt sie sich via HDMI mit dem Fernseher verbinden und bekommt den Strom über ein Micro-USB-Kabel – somit kann man sie auch über den Laptop anschließen. Tatsächlich gibt es gerade so viele Neuerung, dass ich wünschte, Nintendo hätte noch ein paar mehr hinzugefügt.

Das Controller-Kabel zum Beispiel, ist zwar zum Glück etwas länger als das des NES Classic, aber mit 137 Zentimetern etwas kürzer als das des originalen Super Nintendo. Statt die Controller aber gleich kabellos zu machen, zwingen sie den Spieler dazu, wie damals im Schneidersitz vor dem Fernseher zu sitzen. Auch wenn Kopfschmerzen in Kauf genommen werden müsse, sobald man so nah vor einem 65-Zoll 4K-Fernseher sitzt. Den Controllern fehlt außerdem eine Art Home Button. Stattdessen muss man wirklich jedes Mal den Reset-Knopf an der Konsole drücken, wenn man ein Spiel wechseln will. Ich kann mir nicht vorstellen, dass diese Änderungen mein Spielerlebnis weniger nostalgisch oder angenehm gemacht hätte. Ich habe Kirby’s Dream Course vermisst, nicht die Kabel an den Controllern.

Jedes Mal, wenn man das SNES Classic anschaltet, erscheint nach etwa fünf Sekunden das Auswahlmenü mit den 21 Titeln. Diese lassen sich beliebig sortieren: nach den zuletzt gespielten Spielen, nach Publisher, nach Anzahl der möglichen Spieler und ganz simpel alphabetisch. Der 16-Bit-Look des Menüs ist mit den Retro-Games perfekt abgestimmt und auch die Vorschaubilder bringen jahrzehntealte Erinnerungen wieder zurück.


Das SNES war die erste Konsole, die Level-Design und Rennspiel-Mechanik perfektioniert hat.

Das Gameplay an sich hat sich nicht geändert. Jedes Spiel funktionierte im Test einwandfrei. Sie sind alle in 16-Bit und herrlich verpixelt. Da man so nah vor dem Fernseher sitzen muss, wird dieser Efefkt noch einmal verstärkt. Das ist aber egal. Jedes Spiel ist genau so, wie man es in der Erinnerung hat. Das ist bemerkenswert, da so viele der NES-Spiele wegen der Grafik oder veraltetem Gameplay nicht so gut gealtert sind. Das SNES war die erste Konsole, die das Level-Design und die Rennspiel-Mechaniken perfektioniert hat und verstand, wie ein guter Straßenkampf zu verlaufen hat. Deswegen – schlechte Grafik hin oder her – machen die Spiele noch heute eine gute Figur.

Eins der Spiele ist sogar brandneu: Star Fox 2 ist ein Echtzeit-Weltraum-Shooter, der sich ein bisschen anfühlt, als würde man sich im Film Ender’s Game befinden. Es ist ein faszinierendes und merkwürdiges Spiel. Ich würde es jederzeit gegen NBA Jam oder Mortal Kombat 2 eintauschen und viele Menschen vermissen bestimmt auch Chrono Trigger. Aber im Großen und Ganzen bieten diese 21 Spiele eine exzellente Auswahl. Man kann hunderte Stunden damit verbringen, sie durchzuspielen. Und selbst die Handvoll von Lieblingsspielen rechtfertigen den Preis allemal.

Ganz oben im Homescreen lassen sich ein paar Einstellungen vornehmen, wie das Spiel aussehen soll. Man kann einen Rahmen wählen, Laser hinzufügen oder es so aussehen lassen, als würde man auf einem riesigen Nintendo DS spielen. Im 4:3-Modus sieht es am ehesten wie das Original aus, während Pixel Perfect das Bild etwas verengt, dafür aber auch glättet. Ein anderer Filter simuliert das 90er-Jahre-Flimmern der Röhrenfernseher und verwischt das Bild etwas. Das klingt zwar erst einmal negativ, macht bei der alten Grafik das Spielen aber angenehmer – vor allem bei so schnellen Bewegungen wie bei F-Zero. Ich habe meist im 4:3-Modus gespielt, der Röhrenfilter erwies sich allerdings auch als nützlich.


Nintendos interessantestes Update ist die Speicherfunktion, die schon vom NES Classic vom letzten Jahr bekannt ist. Man kann pro Spiel vier Spielstände beim Wechsel des Spiels in eins der vier Slots speichern. Der Vorgang ist ein bisschen kompliziert, aber man findet sich recht schnell zurecht. Wenn man erst einmal ein paar Spielstände gespeichert hat, nutzt das SNES Classic sie als Bildschirmschoner. So kann man Mario entweder dabei zusehen, wie er durch das letzte Level springt oder selbst überehmen und die letzten fünf Minuten eines besonders schweren Abschnitts wiederholen. Ich bin in Donkey Kongs Unterwassel-Level wirklich oft gestorben und konnte es mit der Zurückspulfunktion einfach nochmal versuchen.

All das wird hinter dem wahren Verkaufsargument zur Nebensache: Nintendo bietet mit dem SNES Classic die Chance, einige der besten Spiele noch einmal in der ursprünglichen Form zu spielen. Für wen der Gedanke an das Super Nintendo gleichbedeutend mit wohliger Kindheitserinnerung ist, der wird das Gerät lieben. Wessen Gaming-Erinnerungen erst mit der Playstation 2 begannen, wird vom SNES Classic nicht beeindruckt sein. Wenn man es schafft, eine der raren Konsolen in die Finger zu bekommen, sollte man das also auch tun. Und wer in den Minen-Leveln von Doneky Kong feststeckt, soll einfach mich rufen. Ich hab es noch voll drauf.

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Dieser Artikel erschien zuerst bei WIRED.com
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