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Diese Sci-Fi-Romane retten euren Sommer!

von Michael Förtsch
Das Idealbild eines Sommers: Am Badesee, in der Hängematte oder sonst einem entspannten Plätzchen ein gutes Buch lesen. Besonders geeignet: Science-Fiction-Romane. WIRED empfiehlt euch deshalb zwölf futuristische Werke, die sich lohnen. 

Der Sommer ist da. Es ist heiß, das Eis ist teuer und die Abende sind lau und lang. Sich durch das Wasser zu strampeln oder die wöchentliche Jogging-Runde zu absolvieren, muss da daher nicht unbedingt sein. Viel weniger anstrengend und trotzdem richtig lohnenswert ist es, zu einem Buch zu greifen. (Das geht übrigens auch, wenn man vom Sommer sonst nicht so viel hat, sondern abends leicht ermattet von der Arbeit nach Hause kommt.) In jedem Fall: Die Sommerlektüre muss nicht der typische Sonnen-Krimi sein oder ein „leichter“ Roman, der eh nach wenigen Wochen wieder vergessen ist. Stattdessen locken derzeit viele spannende, ungewöhnliche und intelligente Science-Fiction-Werke. Egal ob nun in gedruckter Form oder als eBook.


Über die vergangenen Monate erschienen zahlreiche Romane sowohl von renommierten Schreibern als auch von vielversprechenden Erstautoren. Darunter der Cyberpunk-Erfinder William Gibson, der mit Peripherie einen verworrenen Zukunftsthriller verfasst hat, der sich zwischen zwei parallelen Zeitsträngen aufspannt. Oder aber Charlie Jane Anders, die mit ihrem charmanten wie cleveren Debütwerk Alle Vögel unter dem Himmel eine Geschichte präsentiert, die zwar Klischees aufgreift aber dabei Technik, Magie und Liebe vereint. Aber auch einige bereits Jahrzehnte alte Klassiker wie Picknick am Wegesrand lohnen als Sommerlektüre oder sind, wie Der Report der Magd, derzeit wieder hochaktuell.

Alle Vögel unter dem Himmel


Es ist eine alles andere als gewöhnliche Science-Fiction-Geschichte, die die iO9-Redakteurin Charlie Jane Anders mit ihrem Erstlingswerk präsentiert. Die Welt scheint am Rande des Abgrunds. Milliarden Menschen sind von einer Ökokatastrophe bedroht. Ganze Kontinente versinken im Meer. Genau zu diesem Zeitpunkt treffen sich Patricia Delfine und Laurence Armstead wieder. Sie sind Freunde aus Kindertagen und beide etwas sehr besonderes. Denn sie ist eine Hexe, die mit Vögeln sprechen kann. Er ist ein Nerd, der schon während der Schulzeit eine Zeitmaschine baute. Es könnte an ihnen liegen, die Welt zu retten. Alle Vögel unter dem Himmel ist intelligent, skurril und poetisch – und zeigt, wie gut sich Gegensätze ergänzen können.

Arkwright


Nathan Arkwright ist erfolgreich in dem, was er tut. Nämlich im Schreiben von Science-Fiction-Geschichten. Viele vergleichen ihn mit Arthur C. Clarke oder Isaac Asimov. Aber das reicht ihm nicht mehr. Er will seine Geschichten in die Realität umsetzen und erdenkt 1972 einen Plan, um die Menschheit mit einem riesigen Schiff in die Weiten des Alls zu bringen. Ein Projekt, das seine Familie über Generationen beschäftigt und letztlich auf eine Reise in Richtung Gliese 667C-e führt. Mit Arkwright hat Allen M. Steele ein ambitioniertes Epos geschaffen, das sowohl auf die Historie der Science-Fiction zurückblickt als auch die Art, wie sie inspirieren und was sie bewirken kann. Dabei schweift die Erzählung gerne mal weit ab aber bleibt durchaus fesselnd.

Six Wakes


Im Grunde ist Six Wakes ein Agatha-Christie-Roman. Allerdings im Weltraum und mit dem Dreh, dass hier kein Detektiv den Mörder sucht, sondern die Mordopfer selbst ihn finden müssen. Denn auf dem Raumschiff Dormire werden alle Besatzungsmitglieder umgebracht. Daraufhin werden deren Klone aktiviert, die dann auf die toten Körper ihrer genetischen Vorbilder stoßen. Dabei wird die Geschichte von Autorin Mur Lafferty aus Sicht aller Klone erzählt, die nicht nur einmal wieder ins Leben zurückgeholt werden. Dazu sind die Motive und Motivation komplexer als in einem typischen Murder-Mystery-Abenteuer. Das ist spannend, klaustrophobisch und gäbe sicher auch einen fantastischen Science-Fiction-Film ab.

Der Report der Magd


Mit Der Report der Magd hat die Autorin Margaret Atwood im Jahre 1985 eine der bedrückendsten Dystopien der Moderne umrissen. Sie beschreibt, wie sich die Vereinigten Staaten nach einer Nuklearkatastrophe und einem Staatsstreich in einen christlich-fundamentalistischen Gottesstaat transformierten. Dabei folgt die Handlung der jungen Dienerin Desfred, die, wie viele Frauen, durch ein Kasten- und Klassensystem dazu gezwungen wird, das Kind eines Fremden auszutragen. Denn durch die nukleare Verseuchung gibt es nur noch wenige fruchtbare Frauen. Aktuell strahlt der Streaming-Service Hulu mit The Handmaid's Tale eine grandios inszenierte Serienumsetzung des Kultbuchs aus.

Infomocracy


In Malka Olders Infomocracy sind Nationen ein Relikt alter Tage. Stattdessen hat der Medien- und Technologiekonzern Information die Welt in ein Geflecht aus Tausenden von Mikro-Demokratien überführt. Kriege sind obsolet. Aber eine Utopie ist das nicht. Wenn eine Partei die meisten Bezirke für sich gewinnt, kann sie die ganze Erde beherrschen. Hinter den Parteien stehen sowohl mächtige Konzerne, ultra-rechte und linke Gruppen aber auch lokale Vereine. Doch wie Ken, Kampagnenorganisator der Transparenzpartei Policy1st, und die Datenanalystin Mishima feststellen, scheint jemand die kommende Wahl unterlaufen zu wollen. Infomocracy ist eine scharfsinnige Parabel auf den Wahlwahnsinn der letzten Jahre und ein erschreckend glaubhafter Polit-Thriller im Science-Fiction-Gewand.

Armada


Mit Ready Player One hat Ernest Cline vor sieben Jahren eine Hommage an die Games- und Popkultur verfasst, die 2018 durch Steven Spielberg auf die Leinwand gebracht wird. Auch in Armada geht es wieder um Videospiele. Denn hier wird der junge Zack Lightman plötzlich von einer geheimen Militäreinheit rekrutiert. Die hat Spieler auf der ganzen Welt mit dem Shoot-em-up Armada heimlich für den Kampf gegen Aliens trainiert. Wie Ernest Cline selbst zugibt, ist sein letzter Roman sowohl vom 80er-Klassiker Starfight inspiriert als auch mancher Urban Legend. Dennoch ist Armada überaus unterhaltsam und amüsant – insbesondere, wenn man ein Faible für Games hat.

Peripherie


Vor über 30 Jahren erschien mit Neuromancer der Prototyp des Cyberpunk-Romans. Das bislang letzte Werk von dessen Autor, William Gibson, erschien Ende 2016 und ist ebenso lesenswert. Die junge Gamerin Flynn springt darin im Nebenjob ihres Bruders ein, der bei einer ominösen Firma eine Art hochentwickelte Virtual-Reality-Welt überwacht. Dabei wird sie Zeugin eines Mordes. Doch der war keine Simulation, sondern echt. Plötzlich wird Flynn vom PR-Berater Wilf Netherton kontaktiert: Das Opfer war seine Kundin. Sie lebte, wie auch er, 70 Jahre in der Zukunft – auf einer Zeitlinie, die parallel zu Flynns verläuft. Peripherie ist komplex und erschlägt anfangs mit einem eigensinnigen Vokabular. Aber das Einlesen lohnt. Denn die Geschichte ist packend und reflektiert mahnend viele aktuelle Entwicklungen in Sachen Technik, Gesellschaft und Politik.


Picknick am Wegesrand


Bereits 1971 hatten die beiden russischen Autoren Arkadi und Boris Strugazki ihren so einflussreichen Roman veröffentlicht. In dem erforscht der Schatzgräber Roderic Schuchart eine der mysteriöse Zonen, wie sie eines Tages überall auf der Welt auftauchten. Dort finden sich scheinbar außerirdische Artefakte wie auch Anomalien, die so unerklärlich wie tödlich sind. Schuchart hofft, bei seinen Wanderungen, auf eine goldene Kugel zu stoßen, die einem angeblich jeden Wunsch erfüllt. Picknick am Wegesrand war die Inspiration für den gerade erst aufwändig restaurierten Klassiker Stalker von Andrei Tarkovksy und den gefeierten Rollenspiel-Shooter STALKER, der dieses Jahr sein zehnjähriges Jubiläum feiert.

Peking falten


Es ist schlicht kein Platz für noch mehr Menschen in Peking. Daher realisierte die chinesische Regierung einen irrsinnigen Plan. Die Stadt wurde in schwenkbare Zonen mit faltbaren Gebäuden unterteilt, die wie auf einem Riesenrad rotieren. Jede Zone darf jeweils für einige Stunden ans Sonnenlicht. Die anderen lagern währenddessen im Untergrund. Gesellschaftlich sind die Habitate harsch voneinander getrennt. Doch dann soll der Müllmann Lao Dao eines Tages einen Brief zustellen, der ihn aus seiner eigenen Zone hinausführt. Die nur 84 Seiten dünne Novelle von Jingfang Hao ist surreal, einfangend und schnell gelesen. Der chinesischen Autorin brachte Peking falten 2016 den renommierten Sci-Fi-Award Huge für die beste Novelle ein.

Venus siegt


In der Zukunft bekommt der Sozialismus eine zweite Chance. Denn in den schwebenden Städten auf der Venus hat sich mit Hilfe von Robotern und Künstlichen Intelligenzen eine moderne Arbeiter-und-Bauern-Gesellschaft etabliert. Allerdings ist die Bundwerk getaufte Utopie nur eine Illusion. Das Verhältnis zwischen Menschen und digitalen Systemen wird immer angespannter. Missverständnisse, Intrigen und Ungerechtigkeiten treten zu Tage. Mittendrin ist dabei Nick Helander, der eigentlich nur als kleines Rad im Regime fungiert. Venus siegt vom deutschen Autor Dietmar Dath ist fordernder Lesestoff, mitreißend und spielt, ohne den Zeigefinger zu heben, mit Referenzen auf die Sowjet- und DDR-Geschichte.

United States of Japan


Seit mittlerweile 35 Jahren herrscht Japan über einen Teil der einstigen Vereinigten Staaten. Die meisten Amerikaner verehren ganz selbstverständlich den Kaiser als ihr Oberhaupt. Dennoch sind die Behörden besorgt. Ein Videospiel macht die Runde, in dem die Alliierten den lange beendeten Krieg gewinnen, nicht die Achsenmächte. Beniko Ishimura, ein loyaler aber unsicherer Mitarbeiter der Zensurbehörde, soll herausfinden wer dahintersteckt. Peter Tieryas' United States of Japan gleicht einer Neuinterpretation von Philip K. Dicks Das Orakel vom Berge. Dabei ist es zwar kurzweiliger Lesestoff, der aber mit einigen unerwarteten Twists und, ja, wenn auch nur nebenbei, mit japanischen Riesenrobotern aufwarten kann.

Der lange Weg zu einem kleinen zornigen Planeten


Die junge Rosemary Harper braucht einen Job. Also heuert sie auf der Wayfarer an, einem klapprigen Kahn, der Wurmlöcher durch das All bohrt. Denn irgendwo müssen die ja herkommen. Dabei hängt sie mit einer bunten Crew zusammen, die sowohl an Friends als auch Firefly denken lässt – nur dass einige Protagonisten hier Reptilien und Künstliche Intelligenzen sind. Rosemary findet das witzig aber nicht sonderlich aufregend. Jedenfalls bis die Wayfarer einen Tunnel ins Gebiet einer echt fiesen Spezies freilegen soll. Becky Chambers Der lange Weg zu einem kleinen zornigen Planeten ist erfrischend, herzig und eine amüsant-optimistische Weltraum-Oper.


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