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Ramsay muss sterben, damit Game of Thrones leben kann

von Dominik Schönleben
Ramsay Bolton ist der ärgerlichste und gleichzeitig langweiligste Bösewicht, den sich Game of Thrones bisher geleistet hat. Die vierte Folge der sechsten Staffel hat es erneut klar gemacht: Damit die Serie zu alter Größe zurückkehren kann, muss sie ihn endlich loswerden, kommentiert Dominik Schönleben.

Spätestens seit Staffel drei von Game of Thrones ist klar: Ramsay Bolton ist ein Psychopath. Er quält Theon Graufreund (Greyjoy) in den Wahnsinn, hetzt seine Frauen mit Bluthunden zu Tode und vergewaltigt Sansa Stark. Kurzum: Nach dem Tod des verzogenen Kind-Königs Joffrey Baratheon ist Ramsay zum ultimativen Bösewicht von Game of Thrones mutiert. Und er steht damit symptomatisch dafür, wie die Serie jetzt, da sie keine Buchvorlage mehr hat, immer schlechter wird.

Ramsay Bolton muss sterben – aber nicht, weil die Zuschauer sich den Triumph des Guten über das Böse wünschen. Sondern eher, weil Game of Thrones erst dann wieder das werden kann, was es einmal war: eine Gratwanderung zwischen Hass und Zuneigung zu den Charakteren, ein Balanceakt zwischen ihrer Hingabe und dem ihnen innewohnenden Wahnsinn. Anstatt die Welt in Schwarz und Weiß zu teilen, kann die Serie sie dann wieder in schmutzigem Grau zeichnen.

!!! ACHTUNG, SPOILER: Der Artikel vermischt ab hier Buchwissen mit Serienwissen und wilden Spekulationen. Wir haben euch hiermit gewarnt! Auch wenn ihr Episode vier der sechsten GoT-Staffel Das Buch des Fremden, gesehen habt, erfahrt ihr vielleicht Dinge, die Zuschauern der Serie noch nicht bekannt sind !!!

In der zweiten Folge der sechsten Staffel gibt es eine zentrale Szene, die Ramsays skrupellose Mordlust unterstreichen soll: Nachdem er seinen Vater ermordet hat, um ihn zu beerben, schickt er dessen Frau und ihr neugeborenes Kind in den Hundezwinger. Dort sieht er mit an, wie beide von den Tieren zerfleischt werden. Die Nachricht an den Zuschauer ist klar: Ramsay ist so abgrundtief böse, dass er sogar Freude darin findet, Säuglinge zu töten.

Dann, knapp zwei Folgen später, in Das Buch des Fremden (The Book of a Stranger) wird der Zuschauer erneut erinnert, falls er vergessen haben sollte: Ja, Ramsey ist wirklich böse. Die den Starks treu ergebene Wildlingsfrau Osha (ja, schon wieder eine Frau) stirbt durch seine Hand, nachdem sie vergeblich versucht hat, ihn zu verführen und zu erstechen.

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Diese für die Story völlig unnötige Szene zeigt, wie sehr sich Game of Thrones verändert hat, seit die Serie keine Bücher mehr zur Vorlage hat, die die Storyline vorgeben. GoT ist so geworden wie so viele anderen Shows im TV: auf ärgerliche Weise berechenbar.

Oshas Tod war in dem Moment absehbar, als sie den Raum betrat. Das Messer, mit dem Ramsey Bolton seinen Apfel schälte, und auf dem die Kamera einen Moment zu lange ruhte, wurde zur sprichwörtlichen Chekhov’s Gun. Eine prominent eingeführte Waffe, die schlussendlich zum Einsatz kommen muss.

Während andere Antagonisten in Game of Thrones stets etwas hatten, mit dem man sich identifizieren konnte, wurde Ramsay jeglicher Menschlichkeit beraubt. Er ist kein real wirkende Person mehr, sondern nur noch die Manifestation des Schlechten. Joffrey war ähnlich, aber der Kindkönig war im Gegensatz zu Ramsay noch beeinflussbar, konnte ausgespielt werden. Das öffnete Tür und Tor für die Interessen der anderen. Immer war es ein Spiel zwischen der Grausamkeit des kleinen Lennisters und den Begehrlichkeiten seines Umfelds. Ramsay hingegen tötet alle, die versuchen, ihn zu beeinflussen. Sogar seinen Vater.

Jaime Lennister stieß in der ersten Folge der Serie Bran Stark aus dem Fenster und wurde so gleich als Bösewicht gebrandmarkt. Erst später lernte man seine Beweggründe kennen, sah die Welt durch seine Augen. Es offenbarte sich sein Dilemma: Jaime war kaum eine andere Handlungsmöglichkeit geblieben, um sein eigenes Leben und das seiner Schwester zu retten. So wurde er menschlich und fühlte sich real an – mancher Zuschauer verzieh ihm sogar den versuchten Mord.

Ähnlich verhielt es sich mit seinem Vater Tywin Lennister, der das Erbe seiner Familie retten wollte und dafür Grausames tat. Und sogar mit Alliser Thorne, der das Mord-Komplott gegen Jon Schnee (Jon Snow) plante, weil er glaubte, damit das Königreich vor den Wildlingen retten zu können. Machtgier scheint eher zweitranging gewesen zu sein, wenn man seinen letzten Worten am Galgen Glauben schenkt.

Selbst die schlimmen Taten dieser Charaktere erscheinen im Kontext irgendwie nachvollziehbar – wenn auch falsch. Bei Ramsay Bolton ist es anders. Er ist nach wie vor und wird scheinbar auch bis zuletzt ein comichafter Erzbösewicht bleiben. Dass er im Zentrum der aktuellen GoT-Staffel Staffel steht, ist ein Problem für die ganze Erzählung der Serie. Statt Spannung aufzubauen, ist sie langweilig geworden.

Der Tod von Ramsay Bolton ist das einzig logische Ende seiner Storyline. Oder anders ausgedrückt: Ramsay muss sterben, damit Game of Thrones leben kann.

Bleibt nur die Frage: Wer wird ihn töten? Jon Snow und Sansa Stark? Das liegt zumindest nach der vierten Folge nahe. Sie könnten die Rachephantasien des Zuschauers auf ideale Weise wahr werden lassen. Ramsays Vater tötete einst während der Roten Hochzeit (Red Wedding) Sansas Bruder Robb Stark, indem er ihm einen Dolch in den Hals rammte. Und jetzt schlagen die Starks eben zurück.

Bleibt zu hoffen, dass das schnell passiert und wir uns bald wieder dem spannenderen Teilen der Serie widmen können – wenn Ramsay Bolton endlich abgefrühstückt ist.

Letzte Woche behandelten wir die Szene am Turm der Freude und stellten fest: Jetzt ist klar, wer Jon Snow wirklich ist

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