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Warum für Paul McCartney Liebe auch mal fünf Sekunden dauern kann

von Michael Rundle
Erst dachte er: albern. Dann komponierte er doch ein bisschen herum, und schließlich schuf Paul McCartney die ersten Emojis mit Soundtrack. WIRED UK hat mit ihm über 5 Sekunden Liebe gesprochen und gefragt, warum sich einer, der sich selbst beim Thema Technik als "Dinosaurier" bezeichnet, immer wieder gerade in solche Projekte stürzt.

Paul McCartney hat ein Lieblings-Emoji. Und es ist nicht das japanische, das seinem Gesicht nachempfunden ist. Im Gespräch mit WIRED sagte er: „Ich mag das mit der Sonnenbrille.“ (Nahe dran?) „Wenn man sich bei einer Email oder einer SMS nicht ganz sicher ist, ob sie vielleicht zu ernst wirkt: lächelndes Gesicht dazu.“

Nun ist McCartney selbst tief in die Welt der Emojis eingedrungen und hat zusammen mit Microsoft und Skype zehn 5-Sekünder komponiert und aufgenommen, die eine Art hörbares Emoticon sein sollen. Microsoft spricht von „Moji“, die jedes eine Emotion nun auch in Klangform ausdrücken. In Skype-Unterhaltungen kann man bereits seit September 2015 Mojis einstreuen, nun angereichert mit McCartneys akustischer Deko.

Der Musiker sagt, er habe zunächst gezögert, habe das Konzept dann aber in der Praxis sehr überzeugend gefunden. „Ich musste natürlich erst mal überlegen, ob ich bei so einer eigentlich albernen Aktion mitmachen wollte“, so McCartney. „Dann habe ich die Herausforderung angenommen.“ In seinem Hog Hill Mill Studio in Sussex setzte er sich an einen Moog Synthesizer und versuchte, bestimmte Emotionen mit bestimmten Klängen zu verknüpfen, „die ja alle nur 5 Sekunden dauern durften“.

Dann kamen noch Gitarre, Keyboard, Schlagzeug und seine eigene Stimme hinzu. „Ich habe mich komplett reinvertieft“, erzählt McCartney. „Es hat mich gepackt.“

Die Mojis selbst kann man zunächst nur schlecht einordnen, wenn man sie außerhalb des Kontexts hört. „In Love“ klingt da ein bisschen nach einer amerikanischen Soap-Opera aus den 90ern, „Miss You“ wie ein klassischer Song der Beatles. „Solo and Loving“ hat einen funkigen basslastigen Riff, „Flirting“ setzt akustische Gitarrenklänge auf das elektronische Sound-Bett.

Im Skype-Chat wirken sie dann allerdings passend, weil die Erwartungshaltung dem entspricht, was dort stattfindet: Unterhaltung. Die Mojis mit Musik sollen Teil des Lebens sein, keine Einzelstücke. McCartney sagt denn auch im Gespräch mit WIRED, er habe das Projekt „nicht allzu ernst genommen. Es soll ja alles einfach Spaß machen“.

Zugegeben, McCartney ist gut darin, Sachen auszuprobieren. Es gibt nicht mehr viele „erste Male“ für ihn, nicht mal die aktuellen Emojis mit Musik gehörten dazu: Seit 2013 schon gibt es in Japan digitale „Aufkleber“ mit McCartneys Gesicht und einigen von ihm gesprochenen Sätzen. Sie können für den LINE Messenger verwendet werden. „Ich habe gehört, dass elf Millionen Menschen die Sticker nutzen“, sagt McCartney. "Gefällt ihnen wohl."

Der Musiker ist generell geübt darin, Technologie und Musik zusammen zu denken und in seiner Arbeit zu verknüpfen. Kürzlich hat er eines seiner Konzerte mit Hilfe von 360-Grad-Virtual-Reality-Technik nacherlebbar gemacht. Und er hat für das Videospiel „Destiny“ Musik aufgenommen. Aber im Gespräch mit WIRED sagt McCartney auch, dass es ihm nicht nur darum geht, Neues auszuprobieren. Er sehe solche Projekte als Ausgangspunkt für weitere Experimente und als Inspiration für seine Kreativität.

Er suche sich Projekte danach aus, ob sie ihn begeisterten. „Manchmal muss ich die Idee erst ein bisschen wirken lassen und damit herumspielen“, aber wenn er dann „problematisch“ mit „herausfordernd“ ersetze und Begeisterung spüre, funktioniere es. Auch wenn er sich selbst als „Dinosaurier“ bezeichnen würde, wenn es um seinen Umgang mit Technik gehe.

Kritiker des Skype-Projekts – von denen wird es einige geben, wie für alles, was McCartney seit 1963 gemacht hat – werden sagen, dass McCartney etwas Überflüssiges kreiert hat: Haben nicht schon die Beatles an sich mit ihren Songs den perfekten Ausdruck für Emotionen wie Liebe, Lust und Verlangen geschaffen?! 

Das Ganze sei halt die Herausforderung gewesen, die ihm noch mal gefallen habe, so McCartney. Emotionen musikalisch auszudrücken, sei komplexer als viele denken. Und es sei früher einfacher gewesen, "als wir Musik gemacht haben, um Geld zu verdienen, um ein Auto, eine Gitarre, ein Haus zu kaufen und die Welt zu sehen". Das alles habe er erreicht, sodass es nun darum gehe herauszufinden, was einem wirklich Spaß mache. Er fühle sich dabei manchmal wie ein Computer, der Daten lade, sagt der Musiker. "Irgendwann ist dieser Computer dann so weit, dass man ausdrucken kann. Die ersten Ausdrucke sind dabei oft sehr gut." Er arbeite oft hart, "aber ich tue es, weil ich es liebe". 

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