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Größer, lauter, mehr Zähne: „Jurassic World“ ist „Jurassic Park“ mal Tausend

von Nilz Bokelberg
Zweiundzwanzig Jahre ist es her, dass der „Jurassic Park“ seine Pforten öffnete und den Menschen die Möglichkeit gab, echte Dinosaurier hautnah zu erleben (ein bisschen zu hautnah, wie wir wissen). Seitdem hat der Park in Filmform mehr Evolutionsstufen durchgemacht als der Quastenflosser und präsentiert sich ab sofort als: „Jurassic World“.

Eine ganze Insel voller urzeitlicher Erlebnisse. Mit großem Hotelkomplex, Erlebnisshows und Merchandise-Terror an jeder Ecke. Aber es läuft nicht mehr so gut und aus wirtschaftlichen Gründen beschließen die Betreiber, der Natur ein klein wenig ins Handwerk zu pfuschen — um noch spektakulärere Dinosaurier zeigen zu können.

Never change a winning story.

Und wer jetzt nicht ahnt, was passiert, wenn jemand in einem Hollywoodfilm der Natur „ein klein wenig“ ins Handwerk pfuscht, der hat vermutlich noch nie einen solchen Film gesehen. Wie gut, dass Hauptheld Owen, Militärirgendwas, gerade auf der Insel weilt, weil er versucht, Velociraptoren abzurichten. Er ist eine Art Dinosaurier-Flüsterer. Zusammen mit Insel-Managerin Claire versucht er im — natürlich — ausbrechenden Chaos, deren Neffen zu finden und zu retten. Während die Dinosaurier, alte und neuerschaffene, völlig ausflippen.

So weit, so erwartbar. Never change a winning story, heisst es ja vermutlich und so hat Hollywood 22 Jahre nach dem ersten Jurassic-Film die Dinosaurier wieder für sich entdeckt. Und sich gar nicht mal so sehr den Kopf zerbrochen, denn „Jurassic World“ ist im Grunde genommen „Jurassic Park“, nur eben mal Tausend. Gleich zu Beginn stellt die Managerin Claire im Film fest: „Nobody's impressed by a dinosaur anymore. Consumers want them bigger, louder. More teeth.“ Und gibt damit auch gleich — zwinker, zwinker — die Marschrichtung für den Film vor.

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Ich würde mal vermuten, das ist genau das, was man von einem „Jurassic Park“-Reboot erwartet. Und mit Chris Pratt in der Hauptrolle hat man einen Schauspieler verpflichtet, der spätestens bei „Guardians of the Galaxy“ bewiesen hat, so einen kumpeligen Down-to-Earth-Guy perfekt verkörpern zu können. Also wie gemacht für die Dinosaurierforschung. Dazu wird das ganze auch noch von Steven Spielberg selbst produziert. Viel konnte da eigentlich nicht mehr schiefgehen.

Naja, anscheinend doch. Die Chemie zwischen den Hauptfiguren zum Beispiel geht überhaupt nicht auf, die nerven einfach nur. Und zwar so sehr, dass ich mir als Zuschauer gewünscht hab, dass sie bitte niemals zusammen kommen. Das muss man auch erstmal hinkriegen (es gibt diese Fälle, „Auf der Jagd nach dem Juwel vom Nil“ hatte ein ähnliches Problem, nur dass sie es da gerade noch so hinbekommen haben). Pratts Owen ist leider so humorlos geschrieben, dass man alle vier (!) Autoren des Drehbuchs nur noch schütteln will, damit sie sich endlich ein bisschen locker machen.

Allzu erwartbares Greenbox-Rumgehüpfe.

Und dann die Effekte. Nun ja, das war sicher alles teuer und so, aber es sieht halt billo aus. Nicht falsch verstehen: „Jurassic Park“ hat seinerzeit vor allem die digitale Tricktechnik revolutioniert, da war es nur logisch, dass auch der neueste Teil sich mit vollen Händen an CGI bedient. Aber während der Originalfilm eben computergenerierte Bilder und reale Animatronics verband, um die perfekte Illusion zu erschaffen, vor allem eine auch für den Zuschauer physisch spürbare (nicht umsonst setzt auch J.J. Abrams im neuen Star Wars auf diese Mischung), ist „Jurassic World“ leider ein allzu erwartbares Greenbox-Rumgehüpfe geworden. Einfach alles ist animiert — und deswegen fühlt sich nichts mehr echt an.

Ich habe das Gefühl, man wollte mit diesem Film krampfhaft alles richtig machen, wodurch man richtig viel falsch gemacht hat. Das kommt davon, wenn man Marketing Abteilungen Filme schreiben lässt (was offensichtlich auch dazu führt, dass der Film mit grotesk viel Product-Placement zugeballert ist).

Klar, „Jurassic World“ macht Spaß. Er ist eine Achterbahnfahrt, die man sich mit Freunden vor dem Ausgehen ansieht. Aber obwohl er größer und breiter und dicker geworden ist als seine Vorgänger , ist es halt mehr „Wilde Maus“ als „Monsterlooping”. Ich freu mich derweil einfach auf „Jurassic Universe“, oder was immer da noch kommen soll. Richtig machen kann man es ja dann wieder. 

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