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Neues vom Admin / Nicht alle müssen Coden können – aber die richtigen Fragen stellen!

von Armin Hempel
Sollten wir alle das Coden lernen? Nein, natürlich nicht. Aber was kann uns dann gegen den täglichen Wahnsinn am Computer helfen? Admin Armin findet: Wir sollten lernen, die richtigen Fragen zu stellen. Und zwar nicht nur dann, wenn die Arbeit mal wieder zum Haare raufen ist.

Die Fahrrad-Metapher ist eigentlich gar nicht so schlecht. Steve Jobs' berühmter Ausspruch „A computer is the equivalent of a bicycle for our minds“ trifft es recht genau. Klar muss nicht jeder wissen, wie man ein Fahrrad baut oder wie seine Übersetzung funktioniert, um damit fahren zu können. Aber ein bisschen Gleichgewichtssinn und Umsicht, ein wenig Muskelkraft und die Kenntnis der grundlegenden Verkehrsregeln sind überaus hilfreich, um das Fahrrad unfallfrei und zielführend benutzen zu können. Bei Computern ist das ähnlich: Ohne logisches Denken, ohne Medien- und Technologiekompetenz und vor allem ohne die richtigen Fragen ist die Interaktion mit ihnen häufig sehr frustrierend.

So bietet sich mir mindestens einmal pro Woche ein Anblick, der zeigt, dass der alltägliche Umgang mit Computern nicht unbedingt so läuft, wie die Software-Hersteller und auch wir Admins es gern hätten. Wenn Kunden ihre Assistenten vorm Rechner schuften lassen, um hunderte von Bilddateien aufs gleiche Format zuzuschneiden und per Hand umzubenennen. Wenn zu Rechnungspositionen, die sich bereits in einer Tabellenkalkulation befinden, die Mehrwertsteuer addiert wird — leider nicht automatisch, sondern mit dem Taschenrechner, der neben der Tastatur liegt. Wenn Mailings ohne Serienbrief-Funktion rausgeschickt werden, weil sich das „für weniger als 1000 Empfänger nicht lohnt“.

Karl Klammer war trotz allem ein Schritt in die richtige Richtung.

Die Interaktion mit der Maschine entpuppt sich häufig genug als Arbeitszeitvernichter, obwohl sie das eigentlich nicht sollte. Dabei sind es genau diese unkreativen und frustrierenden Tätigkeiten, die Computer schon jetzt besser beherrschen als wir es jemals könnten: zählen, berechnen, sortieren, und das Ganze nochmal von vorn!

Für derlei Probleme sind mehrere Lösungen denkbar: Klar könnten wir uns alle endlich der Produktionsmittel bemächtigen, nach mehrjährigen Schulungen und Kursen zu ProgrammiererInnen werden und unsere Software selbst schreiben. Nur: Was für ein heilloses Chaos das anrichten würde! Nicht nur, dass sich unser Denken und damit auch unsere Gesellschaft verändern würde, wie Johnny Haeusler gestern angemerkt hat. Unsere Programme wären natürlich auch von unterschiedlicher Qualität, voller Sicherheitslücken, inkompatibel und häufig schlecht dokumentiert — eigentlich genauso wie jetzt auch, nur noch viel schlimmer. Deswegen fällt das wohl flach.

Computer sind nicht nur Lesegeräte für Facebook, sie können uns wirklich dabei helfen, früher Feierabend zu machen.

Eine andere Lösung wären bessere User-Interfaces und die Weiterentwicklung von Künstlicher Intelligenz. Sie könnten dazu beitragen, uns bei stupiden Tätigkeiten zumindest einen kleinen Schubs in die richtige Richtung zu geben. Seit Jahren wünsche ich mir eine intelligente, systemweite Assistenz-Software, die es erkennt und mich immer darauf aufmerksam macht, sobald ich eine Tätigkeit ausführe, die leicht zu automatisieren wäre. Karl Klammer, der wohl meistgehasste persönliche Assistent in Microsofts Office-Suite, war trotz seiner schier grenzenlosen Nervigkeit ein Schritt in die richtige Richtung. Nur dass es nicht heißen sollte „Anscheinend möchten Sie einen Brief schreiben. Brauchen Sie Hilfe?“, sondern „Offenbar führen Sie seit mehr als einer Minute eine Aufgabe aus, die kinderleicht zu automatisieren wäre. Darf ich mal kurz?“

Im Moment alles noch Zukunftsmusik. Helfen wird uns vorerst nur eines: Bis die Künstliche Intelligenz eines Tages so weit ist, muss die natürliche Intelligenz herhalten. Um mit den Maschinen wieder glücklich werden zu können, müssen wir selbst die nötigen Schritte gehen. So sollten wenigstens die unter uns, die tagtäglich mit Computern arbeiten, zwar nicht das Coden selbst, aber doch einige der Grundvoraussetzungen des Programmierens erlernen: analytisches Denken, Problemorientiertheit und Logik. Es muss ja nicht gleich eine neue Sprache sein. Die richtigen Fragen an die eigene Arbeitsweise würden schon viel bewirken. Mir hilft es, mich immer wieder zu fragen: Muss das so sein? Geht das nicht auch einfacher oder schneller? Bin ich allein mit dem Problem oder kann vielleicht eine kurze Suchanfrage helfen? Kann ich die Aufgabe zerlegen, um sie in Einzelteilen leichter bearbeiten zu können?

Niemand muss programmieren lernen — außer denen, die es wollen, natürlich. Was würde es uns auch bringen? Die geringe Chance darauf, das nächste große Ding zu entwickeln? Wenn stattdessen möglichst viele von uns verstehen würden, wie ein Computer und wie Technologien grundsätzlich funktionieren, was wir mit Algorithmen anstellen können, und was nicht, dann sind wir schon ein gutes Stück weiter. Technologie-Unterricht in Schulen könnte kommenden Generationen wenigstens vermitteln, dass der Rechner eben nicht nur ein weiteres Lesegerät für Facebook und Twitter ist, sondern dass er uns wirklich dabei helfen kann, früher Feierabend zu machen. Und dass er — auch, wenn es häufig den Anschein erweckt — keine eigene Seele besitzt, sondern dass das Einzige, was einen Einfluss auf seine Arbeit hat, seine Programmierung und unsere Eingaben sind.

Wenn wir so weit sind, dann würde zumindest vorerst niemand mehr auf die Idee kommen, eine Computer-Hexe zu beauftragen, die für 200 Dollar pro Stunde Viren vertreibt. Ein Schritt in die richtige Richtung.

In der vorherigen Folge freute sich Admin Armin: Endlich wird Java beerdigt

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