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Lehrer als digitale Einzelkämpfer: Das Schulsystem muss aufholen!

von Max Biederbeck
Ein neuer Report kritisiert den Stand der Digitalbildung in Deutschland. Schullehrer würden alleine gelassen, heißt es darin. Sowohl der Unterricht als auch die Lehrerausbildung müssten neu definiert werden.

Es scheitert zumindest nicht am Wunschdenken. Knapp 70 Prozent der deutschen Lehrer und Schulleiter finden, dass digitale Medien ihre Schulen attraktiver machen. Zu dem Ergebnis kommt der neue Monitor Digitale Bildung, den die Bertelsmann Stiftung veröffentlicht hat.

Große Computerräume, Whiteboards an den Wänden, Lehrer mit Social-Media-Auftritt – das sieht doch eigentlich ganz gut aus für alle Beteiligten. Im Grunde – so plante es zumindest die Digitale Agenda 2017 der Bundesregierung – müssten alle recht zufrieden sein: Eltern, Lehrer, Schüler, Politiker. Die Realität sieht anders aus, das Thema Digitale Bildung in Deutschland bleibt ein Flaschenhals.

„Was, das soll ich auch noch beibringen?“, fragen da die Lehrer. „Was, das soll mein Kind auch noch lernen?“, fragen die Eltern. „Was, das sollen wir auch noch organisieren?“, fragen die Kultusminister. Einzig die Schüler dürften fragen: „Wie, hier gibt es noch immer kein WLAN?“

Grund dafür, das sagen Bildungsexperten immer wieder gegenüber WIRED, ist der Mangel an System und Infrastruktur. Es gibt noch immer keinen Plan dafür, wie genau ein digitaler Standard für deutsche Schulen aussehen könnte. Durch den Bildungsföderalismus setzen sich Ideen und Pläne nur schwer durch. Auch der neue Report der Bertelsmann Stiftung bestätigt: „Die meisten Schulen haben weder ein Konzept für den Einsatz digitaler Lernmittel noch reflektieren sie den digitalen Wandel als Bestandteil ihrer systematischen Schul- und Unterrichtsentwicklung.“

Und dann passiert etwas, was so nicht passieren sollte. Die Aufgabe bleibt an den Lehrern hängen, zumindest in deren Selbsteinschätzung. „Die Befragten sehen überwiegend sich selbst oder ihre Kollegen als Initiatoren des digitalen Wandels in Schulen“, heißt es im Monitor Digitale Bildung.

Das führt aber zu besagtem Flaschenhals und Überlastung. Nur 15 Prozent dieser Lehrer sind „versierte Nutzer“ von Social Media und Co. Fast alle von ihnen bemängeln fehlenden IT-Support an ihrer Schule. Viele der Einrichtungen bieten noch gar keinen Internetzugang für Schüler und Pädagogen an. Rund 30 Prozent der Berufsschulen in Deutschland sind etwa noch immer offline

Dementsprechend bleiben Chancen ungenutzt, noch immer wird das „Digitale“ weniger als Erleichterung, viel mehr aber als zusätzliche Bürde wahrgenommen. „Nur wenige erkennen (und nutzen) das volle didaktisch-methodische Potenzial von Digitalisierung im Unterricht – zum Beispiel mit Blick auf Inklusion, individuelle Förderung oder Ganztagsgestaltung“, heißt es im Report. Statt intelligenter Stundenplanausrichtung auf die Bedürfnisse einzelner, bleibt es bei Front-Unterricht und vielleicht einmal einer Computer-AG und Besuch vom Experten.

Die Monitorautoren fordern deshalb mehr digitale Medien bereits in der Ausbildung der Lehrer. Es brauche außerdem „finanzielle Mittel für systematische Unterrichtsentwicklung im Team“ statt Einzelkämpfertum. Ohne eine bessere Vernetzung von Schulen, Lehrern und Kultusministerien hilft aber auch das nicht. Auch nicht ohne einen technischen Mindeststandard und geprüftes Lehrmaterial, die den Schulen eine gemeinsame Grundlage geben können.

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