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Nicht nur Gott sieht alles: Kirchen tracken ihre Gemeinde per Gesichtserkennung

von Thorsten Schröder
Ab sofort protokolliert nicht mehr nur der liebe Gott den Kirchenbesuch. Die Software Churchix soll Gemeinden helfen, den Überblick über ihre Schäfchen zu behalten.

Facebook tut es schon lange, Google mit seinem gerade vorgestellten Fotodienst auch: An die Erfassung unserer Gesichtszüge haben uns die Großkonzerne der Web-Moderne inzwischen gewöhnt. Auch Videokameras in der Öffentlichkeit sorgen nur noch selten für Aufsehen.

Wer am Sonntagmorgen schwänzt, wird gnadenlos digital erfasst.

Jetzt allerdings soll die Technologie nicht mehr nur eingesetzt werden, um Fotos zu sortieren oder Demonstranten zu identifizieren. Ab sofort setzen auch mehrere Kirchen auf Gesichtserkennung, um den Überblick über ihre Gemeinde zu behalten. Wer brav zum Gottesdienst erscheint und wer am Sonntagmorgen schwänzt, wird gnadenlos digital erfasst. Nicht mehr nur Gott sieht auch, sondern auch Big Brother.

Über Kameras werden die Gesichter aller Kirchenmitglieder erfasst und von der Software Churchix mit einer Datenbank abgeglichen. So sollen verlorengegangene Schäfchen wieder eingefangen, und besonders eifrige Kirchengänger um Extra-Spenden gebeten werden. Gleichzeitig kann das System Alarm schlagen, wenn registrierte Kriminelle oder Personen, die auf der schwarzen Liste stehen, das Gotteshaus betreten.

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Kirchen habe man eigentlich nie als potentielle Kunden gesehen, sagte Moshe Greensphan im Interview mit IBTimes UK. Greensphan ist Chef der Software-Firma Face-Six, die Churchix entwickelt hat. Die üblichen Kunden des Unternehmens mit Sitz in Israel und Las Vegas sind sonst eher Behörden, Kasinos, Flughäfen oder Einkaufszentren, die die Sicherheit erhöhen und die Zahl ihrer Besucher festhalten wollen.

Die Gemeinden müssen aufpassen, nicht noch mehr Mitglieder zu vergraulen.

Aber Mund-zu-Mund-Propaganda habe auch in den Kirchengemeinden das Interesse wachsen und innerhalb kürzester Zeit die Anfragen aus aller Welt in die Höhe schnellen lassen. Nur vier Monate nach dem Start setzen rund 30 Kirchen das System ein, darunter Gemeinden in Indonesien, den USA, Portugal, Indien und mehreren afrikanischen Ländern. Vor allem für größere Gemeinden, erklärt sich Greensphan die neue Nische, sei es offenbar schwer, den Überblick über ihre Mitglieder zu behalten.

Allerdings müssen die Gemeinden aufpassen, dass sie sich mit der Gersichtserkennung nicht noch mehr Mitglieder vergraulen. Viele Menschen fänden die Vorstellung, von Videoüberwachung erfasst zu werden, ohnehin schon unangenehm, gibt Greensphan zu. „Sie werden also wahrscheinlich noch weniger glücklich darüber sein, dass das jetzt auch am Ort der Stille der Fall ist.“ Er raten den Kirchen deshalb, ihre Mitglieder vorab über den Einsatz von Churchix zu informieren. Bislang hätten sich aber die wenigsten Gemeinden einsichtig gezeigt. 

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