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Welche deutsche Partei könnte sich um gefährliche KI kümmern?

von Johnny Haeusler
Politiker, jetzt ist eure Chance, die Regulierung von Künstlicher Intelligenz voranzutreiben! Zunehmend warnen auch KI-optimistische Tech-Unternehmer vor ihren Risiken, zuletzt gar Elon Musk. Unser Kolumnist fragt sich aber: Welche Partei ist dazu überhaupt in der Lage?

Manager, die im Silicon Valley oder anderswo digitale Großprojekte leiten, Innovationen vorantreiben und mit ihren Produkten unser aller Leben mitbestimmen, gelten bisher nicht gerade als größte Fans staatlicher Regulierung. Schließlich stand ihnen diese oft genug im Weg — falls Regierungen oder Gesetze überhaupt auf dem aktuellen Stand der Entwicklung und Möglichkeiten waren. Zudem sind manche Tech-Gurus Anhänger eines Cyber-Libertarianismus, der davon ausgeht, dass digitale Technologien wie das Internet das Individuum von sämtlichen Zwängen zentraler Regierungen  befreien werden.

Umso bemerkenswerter ist es, dass seit einigen Monaten Stimmen aus eben diesen techno-orientierten Kreisen lauter werden, die eine Einmischung von Gesetzgebern fordern, wenn es um Artificial Intelligence (AI), um Künstliche Intelligenz (KI) also, geht. Die Argumentation: Selbstlernende Algorithmen, Roboter und andere Systeme, die niemand mehr kontrollieren oder beeinflussen kann, könnten zu einer Bedrohung der Arbeitswelt, des sozialen Lebens, der Menschheit gar werden, wenn wir ihre Entwicklung nicht beobachten und gegebenenfalls regulieren. No shit, Sherlock.

Elon Musk, äußerst erfolgreicher Gründer von Paypal, Tesla und dem privaten Raumfahrtunternehmen SpaceX, bezeichnete KI vor einigen Tagen als „größtes Risiko für die Zivilisation“. Musk begründet seine Haltung mit seiner Kenntnis von KI-Systemen: Die könnten zum Beispiel unreguliert Kriege starten, indem sie falsche Informationen erschaffen und verbreiten. Und dehalb fordert Musk die Einmischung der Gesetzgeber, weil ansonsten die Aktionäre einzelner Unternehmen selbige dazu anspornen würden, der Konkurrenz immer einen Schritt voraus zu sein. Unterlägen alle Unternehmen den gleichen Grundregeln, könne dies nicht passieren, so Musks Argument.

Der Unternehmer fordert das nicht alleine. Cathy O’Neil, Autorin des Buchs Weapons of Math Destruction, unterscheidet vier Grundtypen von „bösen Algorithmen“. Sie beginnt mit unbeabsichtigt „schlechten“ Systemen, die nicht aufgrund ihrer ursprünglichen Programmierung, sondern wegen ihres Trainings durch Nutzerinnen und Nutzer Fehler machen und dabei rassistische Suchergebnisse fabrizieren können, und sie endet bei absichtlich bösartigen und oft illegalen Systemen.

Auch wenn sich Cathy O’Neil um eine hoffnungsvolle Zukunftsvision bemüht, kommt sie zu ähnlichen Schlüssen wie Musk: „Am Ende wird wohl alles auf ein technologisches Wettrüsten hinauslaufen, doch es beginnt jetzt, als politischer Kampf. (…) Es ist Zeit, dass wir anfangen zu verlangen, dass Maschinen für uns arbeiten und nicht umgekehrt.“

Im Hier und Jetzt die Zukunft bauen
Egal, aus welcher Richtung sich Fachleute den diversen Themen rund um Künstliche Intelligenz nähern – in Bezug auf ihren Einfluss auf soziale Strukturen und Gerechtigkeit im Bereich der Arbeit oder hinsichtlich moralischer Fragen an die Entwickler von Robotern zum Beispiel – und selbst, wenn man die Warnungen von Elon Musk für übertrieben hält und dessen eigene Produkte, künftig selbst fahrende Autos nämlich, für das dringlichere Problem hält: Der Ruf nach Regulierung der technischen Entwicklungen und ihrer Einsatzmöglichkeiten ist immer öfter zu hören. Und zwar von denen, die es sehr genau wissen müssen.

Diese geradezu sensationelle, da bisher nicht dagewesene Tatsache sollte die Politik auf den Plan rufen. Jedoch nicht in blindem und viel zu oft leider ahnungslosem Wahn und Alleingang, sondern gemeinsam mit Akteuren und Verbänden aus der Zivilgesellschaft, Fachleuten nicht nur aus technologischen Gebieten und den Industrien, die im Hier und Jetzt unsere Zukunft bauen.

Der dunkelste Teil einer Dystopie
Und genau da beginnt dann leider auch der womöglich dunkelste Teil einer möglichen Dystopie. Denn, welchen Parteien trauen wir allein in Deutschland oder der EU ein so bedachtes und gleichzeitig weitsichtiges Vorgehen noch zu nach den Katastrophen der vergangenen Gesetzgebungen rund um digitale Technologien? Wer schafft es, für die positive Vision einer digitalen Gesellschaft einzutreten und dabei die kommenden Generationen statt nur die nächsten vier Jahre zu berücksichtigen?

Wem trauen wir als Wählerinnen und Wähler mehr zu als die reine Ausweitung von staatlichen Befugnissen hinsichtlich der Sicherheitsdienste, wer in der aktuellen Politik traut sich über Zukunftsmodelle jenseits von Minijob-Diskussionen zu sprechen und sich dabei auch mit Aktionären und Konzernen anzulegen? Unterstützung scheint es auch hochrangigen Technologie-Kreisen inzwischen zu geben, allein — mir fällt niemand ein. Ich nehme aber auf Twitter unter @WIRED_Germany oder @spreeblick gerne Vorschläge entgegen. Schließlich sind im September Wahlen.

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