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Digital ist besser / Johnny Haeusler ist gelangweilt von Musik-Streaming-Diensten

von Johnny Haeusler
Ich habe aufgehört, Musik im Stream zu hören. Versteht mich nicht falsch, ich finde Streaming-Dienste klasse, meine Söhne hören ihre Musik auf Spotify, viel mehr noch auf YouTube, und ich kann den Reiz der Vollverfügbarkeit fast aller Musik der Welt natürlich nachvollziehen. Streaming-Dienste sind schon prima. Aber sie langweilen mich. Sie machen mir keinen Spaß. Sie fühlen sich an wie ein Musiksupermarkt.

Das hängt auch damit zusammen, dass ich immer noch nicht weiß, wie viel Geld aus meiner monatlichen Abo-Zahlung oder von den Millionen, die von Spotify als Vorschüsse an die Labels geflossen sind, denn nun wirklich bei den von mir bevorzugten Urhebern und Interpreten landet. Dem Vernehmen nach sind es pro Play ein paar Mikrocent und viele Künstlerinnen und Künstler klagen darüber.

Noch viel wichtiger sind mir aber die weichen Faktoren, was sicher damit zusammenhängt, dass ich mit Plattenläden, endlosen Musikdebatten und Vinyl aufgewachsen bin. Ich habe deshalb vor einem knappen Jahr wieder angefangen, entweder Downloads oder Vinyl zu kaufen. Denn ich will entscheiden können, wem ich mein Geld gebe, obwohl natürlich auch beim Kauf eines Vinyl-Albums oder eines Downloads der größere Anteil beim Label und Vertrieb bleibt. Und es passiert sogar, dass ich einen Download kaufe und so begeistert bin, dass ich bei Gelegenheit noch die Vinyl-Version dazu kaufe.

Ich habe meine Musik immer dabei. Old School.

Klar, ich bin erwachsen. Und ich bin zwar nicht reich, verdiene aber zumindest genug, dass ich mir das Ausgeben von 20 bis 50 Euro im Monat für Musik leisten kann. Und ich weiß, dass das ein Luxus ist. Ich erwarte auch nicht, dass Teenager oder andere es mir gleich tun. Aber ich persönlich genieße die Entscheidung, welche Alben ich mir diesmal leisten möchte. Ich nutze YouTube für den Überblick und das „Einarbeiten“ in das Werk der Bands oder Künstlerinnen und Künstler, und wenn mich etwas begeistert, dann geht es zur Download-Kasse oder zum Vinyl-Händler. (Wen es interessiert: Zuletzt ging mein Budget an Wild Smiles, Blur, Faith No More, Tocotronic, Kendrick Lamar, The Skints, Benjamin Booker, Benjamin Clementine und die Sleaford Mods.)

Das umständliche Offline-Speichern von Songs für unterwegs, das ich in der Vergangenheit gerne mal vergessen habe oder das nach einem Gerätewechsel nicht richtig funktioniert hat, ist mir schnuppe. Ich habe meine Musik immer dabei. Old School. Wie auf den MP3-Playern früher, wisst ihr noch? Und die Wahllosigkeit von Playlists auf den Startseiten der Streaming-Services, die nach Sportarten oder Stimmungen sortiert sind, die kann mich mal. Ich höre Musik nach Künstlern, nicht nach Fitness-Mood.

Ich höre Musik nach Künstlern, nicht nach Fitness-Mood.

Wer Fahrstuhlmusik will, der bekommt sie eben, wer einfach nur berieselt werden will, dem sind die Absender der Songs vermutlich egal. Und das ist auch völlig in Ordnung, es gibt eben verschiedene Typen beim Musikhören. Und vermutlich sind die zehn Euro, die zahlende Spotify-Kunden im Monat ausgeben, ein Vielfaches dessen, was sie vorher im Schnitt in Musik investiert haben. Insofern bin ich froh über diese Entwicklungen. Sie sind nur im Moment nichts für mich. Ich habe den Spaß am gezielten Musikkauf wiederentdeckt.

In der letzten Folge „Digital ist besser“ erklärte Johnny Haeusler, warum er es awesome findet, immer un überall arbeiten zu können. Noch mehr zum Thema „Zukunft der Arbeit“ findet ihr hier

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