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Die Stadt Witten will Flüchtlingen mit einer App bei der Integration helfen

von Marius Münstermann
Die Firma CityGuide hat für die Stadt Witten eine App entwickelt, mit der Flüchtlinge wichtige Informationen und Freizeitangebote erhalten oder sich den Weg zu Behörden zeigen lassen können. Wir haben mit Matthias Kant, CEO von CityGuide, über das Konzept gesprochen.

WIRED: Ursprünglich haben Sie für die Stadt Witten eine App entwickelt, die Touristen Wegbeschreibungen und Bewertungen für Restaurants oder Hotels bietet. Wie kam es dazu, die Idee auf Flüchtlinge auszuweiten?
Mathias Kant: Die Initiative kam von Astrid Raith, der Beauftragten für e-Government der Stadt Witten. Nachdem wir die Witten-App entwickelt hatten, kam der Vorschlag, neben Kategorien wie Gastronomie oder Souvenirs auch den Punkt „soziales Engagement“ aufzuführen.

WIRED: Ursprünglich haben Sie für die Stadt Witten eine App entwickelt, die Touristen Wegbeschreibungen und Bewertungen für Restaurants oder Hotels bietet. Wie kam es dazu, die Idee auf Flüchtlinge auszuweiten?
Mathias Kant: Die Initiative kam von Astrid Raith, der Beauftragten für e-Government der Stadt Witten. Nachdem wir die Witten-App entwickelt hatten, kam der Vorschlag, neben Kategorien wie Gastronomie oder Souvenirs auch den Punkt „soziales Engagement“ aufzuführen.

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WIRED: Welche Anforderungen stellte die Stadt an Ihre App?
Kant: Die Stadt hat uns gesagt, welches Informationsangebot ihr wichtig ist, etwa eine Übersicht über die wichtigsten Behörden für Flüchtlinge oder Freizeitangebote. Außerdem sollte das Angebot auf Englisch, Französisch und Arabisch verfügbar sein. Letztlich konnten wir das alles recht leicht umsetzen, weil die Informationsangebote für Flüchtlinge sich technisch gesehen nicht grundlegend von denen für Touristen unterscheiden. Beide wollen zu bestimmten Orten, beide wollen bestimmte Informationen ablesen. Da unterscheiden sich lediglich die Interessen: Will ich ins Museum oder zur Ausländerbehörde?

WIRED: Und wie kommen die Menschen an den entsprechenden Ort?
Kant: Die Nutzer können den Zielort direkt über die App anwählen. Zur Navigation nutzen wir das GPS-Routing von Google. Von Vorteil ist hierbei, dass es in Witten ein sehr gut ausgebautes, öffentliches WLAN-Netz gibt.

WIRED: Dennoch sind die Menschen auf ein internetfähiges Handy angewiesen, um den Dienst nutzen zu können. Haben Sie erhoben, wie viele Flüchtlinge ein Smartphone besitzen?
Kant: Genaue Zahlen haben wir nicht. Sie würden das Haus doch auch nicht mehr ohne Ihr Smartphone verlassen. Warum sollten andere Menschen dieses wichtige Kommunikationsmittel also zurücklassen? Tatsächlich kommen Flüchtlinge oftmals mit sehr wenig Hab und Gut, aber ein Smartphone haben doch viele. Das hat uns auch die Stadtverwaltung bestätigt. Einen Monat nach dem Start der App Ende Dezember nutzten bereits über 100 Flüchtlinge die App. Insgesamt leben in Witten rund 1000 Flüchtlinge.

WIRED: Die Stadt Witten ermuntert ihre Bürger schon seit Längerem, sich für Flüchtlinge zu engagieren. Zugespitzt könnte man annehmen, dass Ihre App die menschliche Hilfsbereitschaft ersetzt.
Kant: Die App ist nur ein Zusatzangebot. Den Flüchtlingen zu helfen und ihnen Fragen zu beantworten, ist ja bloß ein Teil des Ganzen. Dass sich Menschen tatsächlich engagieren — in einer Schule oder bei Kleiderspenden — lässt sich dadurch natürlich nicht ersetzen. Ich denke, hier ist es ist wie im Leben aller Menschen: Einerseits surft man mit dem Smartphone und trotzdem redet man noch immer noch mit echten Menschen. Tatsächlich passiert ja auch genau das in Witten: Privatpersonen, sogenannte Integrationslotsen, bieten an, einzelne Familien bei Behördengängen oder Artzbesuchen zu betreuen. Studierende organisieren Fußballspiele und Buffets. Bisher wurde all das über den Help Kiosk koordiniert, eine zentrale Anlaufstelle der Volkshochschule. Jetzt kann man all diese Angebote eben auch online stellen und über die App anschauen.

WIRED: Das gesellschaftliche Klima für Flüchtlinge in Deutschland ist ja nicht allerorten so freundlich und hilfsbereit, Stichwort Pegida. Hat die Stadtverwaltung deshalb gezögert oder haben Sie Anfeindungen erlebt?
Kant: Nein. Unsere App auch für Flüchtlinge nützlich zu gestalten, war ein ausdrücklicher Wunsch der Stadt Witten. Das haben wir umgesetzt und heißen es auch gut. Die Investitionen für ein entsprechendes Zusatz-App-Feature würden wir im Übrigen auch für andere Städte übernehmen, ohne weitere Kosten.

WIRED: Politiker in Aachen, Köln und München haben angeregt, die Idee zu übernehmen. Haben Sie schon Anfragen aus anderen Städten?
Kant: Bislang gab es keine konkreten Anfragen. Wir würden uns aber freuen, dass auch andernorts kurzfristig zu realisieren. Von der Anfrage der Stadt, die Witten-App um Funktionen für Flüchtlinge zu erweitern, bis zum ersten Entwurf hat es keine 24 Stunden gedauert. 

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