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So wurde die bislang spektakulärste Schlacht in „Game of Thrones“ gedreht

von Chris Köver
Wer die Schlacht um Hardhome in der vergangenen „Game of Thrones“-Staffel gesehen hat, wird sie so schnell nicht vergessen. Hinter den spektakulären Aufnahmen der Episode stand Fabian Wagner, seit der vierten Staffel Director of Photography und festes Mitglied der Crew. In Berlin erzählt er, wie die Kampfszene entstanden ist und warum „Game of Thrones“ auch sonst völlig anders funktioniert als die meisten TV-Serien.

Fabian Wagner mag die Bücher von George R.R. Martin nicht besonders. Das ist aber nicht weiter schlimm, denn die Skripte, die das Autorenduo David Benioff und D.B. Weiss für die Serienversion von „Game of Thrones“ verfasst, schätzt er dafür umso mehr.

Seit der vierten Staffel ist Wagner einer von insgesamt fünf sogenannten Directors of Photography, die an der Show mitarbeiten. Mit dem deutschen Begriff Kameramann ist das nur unzureichend übersetzt. Wagner und seine Kollegen (darunter mit Anette Haellmigk auch eine Frau) sind eher Co-Regisseure. Sie wählen nicht nur Linsen und Beleuchtung, sondern sind für die gesamte Bildgestaltung verantwortlich. Gemeinsam mit dem jeweiligen Regisseur reisen sie zwischen den unterschiedlichen Drehschauplätzen jeder Folge hin und her und koordinieren zwei komplette Dreh-Teams, Wolf und Dragon genannt. Nur so lässt sich der straffe Zeitplan von „Game of Thrones“ überhaupt einhalten.

Wie tief Wagner und seine Kollegen wirklich involviert sind, versteht man erst, wenn es um die Sets geht. „Wir sind eigentlich von Anfang an in die Gestaltung mit eingebunden,“ erzählt Wagner auf einer Veranstaltung am Rande der Berlinale. „Es geht nicht nur um den Look, sondern auch um Flexibilität.“ Wo werden die Fenster positioniert, um die Szene gut auszuleuchten? Ist genug Platz, um das Equipment zu bewegen? Game of Thrones ist auch hier eine Ausnahmesituation, weil die Show über genug Budget verfügt, um all ihre Sets selbst zu bauen. Statt mit einem existierenden Gebäude und seinen Einschränkungen arbeiten zu müssen, kann die Crew also jedes Detail selbst bestimmen — etwa, dass ein Fenster lieber einen Meter weiter links sitzen sollte.

Die Cinematographen und Regisseure von Game of Thrones arbeiten jeweils als Zweierteams zusammen. Wie lange ein Dreh dauert, hänge dabei ganz von der Folge ab, erklärt Wagner. Große Kampfszenen brauchen mehr Zeit als ein Spaziergang im Schlossgarten. Weil die meisten Folgen an so vielen verschiedenen Schauplätzen spielen, liege zwischen den Drehtagen manchmal eine längere Pause. Erst wird ein paar Tage lang in King's Landing, also Kroatien gefilmt, dann für die kälteren Gefilde wieder in Nordirland.

Und für „Hardhome“, die wohl spektakulärste Folge der fünften Staffel, galt ohnehin eine ganz andere Größenordnungen. 16 Drehtage habe allein die Schlussszene in Anspruch genommen, sagt Wagner — eine epische Schlacht gegen die Untoten, die „Game of Thrones“ mehrere Emmys und Fabian Wagner eine Nominierung für den ASC Award eingebracht hat.

„Für so eine Szene geht es vor allem darum, den Tag zu organisieren“, erklärt Wagner. „Wir haben im November auf einem Set außerhalb von Belfast gedreht und hatten nur zehn Stunden Tageslicht.“ Um die Zeit optimal auszunutzen, standen der Director of Photography und sein Team jeden Morgen ab fünf Uhr am Set. Sobald die Sonne aufging, fingen sie zu drehen an, manchmal simultan mit vier verschiedenen Kameras. Als wäre die Szene, für die 50 Stuntmenschen durchgehend gebucht waren, nicht schon aufwendig genug.

Wagner betont, wie viel auf den Bildern nicht am Computer entstanden sei, sondern tatsächlich gebaut und dann gefilmt wurde. „Alles, was man in dieser Szene sieht, war wirklich da: Das gesamte Set, der Schnee und der Wind,“ sagt er. Selbst der Riese Wun Wun, der an einer Stelle unter einem Hausdach hervor bricht, richtete dabei echte Zerstörung an. „Für diese Szenen bauen wir das ganze Set im Maßstab nach,“ sagt Wagner. Ian Whyte, der Schauspieler und Stuntman, der Wun Wun spielt, bricht also tatsächlich durch das Dach — nur geht es ihm eben nur bis zur Hüfte.

Vier Kameras über zwei Wochen — das ist auch bei „Game of Thrones“ eher die Ausnahme. Die meisten Szenen würden mit zwei Kameras gefilmt, erzählen Wagner und sein Kollege Jonathan Freeman, manchmal auch mit drei, wenn der Regisseur das wolle. Bei solchen Mengen an Material könnte man nie mit Film arbeiten. Nicht nur die Kosten wären zu hoch, auch würde es zu viel Zeit in der Postproduktion kosten. Die Cinematographen der Show arbeiten deswegen ausschließlich digital.

Fünf verschiedene Regisseure, jeweils mit ihrem eigenen Director of Photography, arbeiten an einer Staffel. Wie erschafft man in so einer Situation trotzdem eine einheitliche Bildsprache? Erst mal durch einen Dämpfer für das eigene Ego, sagt Wagner: „Klar, jeder von uns hat natürlich seine eigene Herangehensweise. Aber erst mal geht es darum, der Show zu dienen und einen einheitlichen Look zu schaffen.“ Die fünf Cinematographen sprechen viel miteinander, außerdem kann jeder über ein digitales System auf Screenshots aus den Aufnahmen der anderen zurückgreifen. Wer also in der großen Königshalle in King's Landing eine Szene dreht, kann sich vorher als Referenz anschauen, wie dieser Raum für die vorangegangenen Folgen in Szene gesetzt wurde.

Die Produzenten mischten sich eher selten ein. Nur eine Bitte hatten sie laut Freeman im Vorfeld zur fünften Staffel: Bitte weniger mit Kerzenlicht arbeiten. Offenbar ist das Beleuchtungsbudget doch nicht endlos. 

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