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Hat WikiLeaks durch sein Türkei-Leak Millionen Frauen in Gefahr gebracht?

von Benedikt Plass-Fleßenkämper
Als die Türkei WikiLeaks nach der Veröffentlichung interner E-Mails und Dokumente der Regierungspartei AKP sperrte, beklagten viele das als Zensur. Eine türkische Journalistin erhebt hingegen schwere Vorwürfe gegen die Enthüllungsplattform.

Zeynep Tufekci erhebt schwere Vorwürfe gegen WikiLeaks: Die vergangene Woche von der Enthüllungsplattform veröffentlichten internen E-Mails und Dokumente der türkischen Regierungspartei AKP enthielten fast ausschließlich Informationen, die für das öffentliche Interesse unbedeutend seien, schreibt die Tech-Soziologin und Journalistin in einem Beitrag für die Huffington Post.

Dafür habe WikiLeaks jedoch unter anderem auf Dokumente mit Personendaten von Millionen türkischen Wählerinnen verlinkt. Diese könnten nun, eineinhalb Wochen nach dem gescheiterten Putschversuch gegen Präsident Erdogan (AKP), schlimmstenfalls für Racheaktionen politischer Gegner oder zum Identitätsdiebstahl genutzt werden, warnt Tufekci.

Vergangene Woche veröffentlichte WikiLeaks rund 300.000 E-Mails sowie 50.000 Dokumente der AKP und postete Links auf weitere in sozialen Medien. Doch was weltweit für viel Aufregung sorgte und zu temporären Netzsperren seitens der türkischen Regierung führte, ist laut der Techniksoziologin, Journalistin und Harvard-Forscherin Zeynep Tufekci vor allem eins: eine massive Datenschutzverletzung.

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Tufekci wirft der Enthüllungsplattform vor, neben offenbar größtenteils banalen und aus journalistischer Sicht irrelevanten Informationen auch Millionen personenbezogene Daten zugänglich gemacht zu haben. Die verlinkten Dokumente enthielten etwa Listen fast aller türkischen Wählerinnen, konkret seien es die Wahlverzeichnisse von 79 der 81 türkischen Provinzen.

Neben den Namen der Frauen sind darin Wohnadressen und Telefonnummern aufgeführt. Bei Personen, die sich aktiv in der AKP engagieren, ist sogar die nationale Identifikationsnummer enthalten. Allein in dem Dokument für Istanbul seien persönliche Daten von über einer Millionen Türkinnen aufgelistet, schreibt Tufekci. Gegenüber Heise Online äußert sie die Vermutung, dass die Frauen-Datenbank für Wahlkampfzwecke der AKP zusammengetragen wurde. In weiteren Dateien seien außerdem sämtliche Frauen und Männer verzeichnet, die Mitglieder der AKP sind.

Tufekci kritisiert, dass diese Daten von keinerlei öffentlichem Interesse seien, aber von politischen Gegnern für Racheaktionen oder von Kriminellen für Identitätsdiebstahl missbraucht werden könnten. „Es gibt keinen einzigen guten Grund, so viele Menschen der Gefahr von Identitätsdiebstahl, Belästigung und Schlimmerem auszusetzen“, schreibt sie.

Darüber hinaus moniert sie den Umgang westlicher Medien mit den WikiLeaks-Veröffentlichungen: Die meisten Zeitungen und Websites hätten sich in ihrer Berichterstattung lediglich auf das Leak selbst konzentriert oder die anschließenden Netzsperren beklagt, das Thema der Datenschutzverletzungen dabei aber komplett ausgespart.

WikiLeaks selbst hat die Vorwürfe indes abgestritten, Tufekci auf Twitter als „Erdogan-Apologeten“ bezeichnet – und sie bei dem Kurznachrichtendienst mittlerweile blockiert:

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Zum Vorwurf, dem türkischen Präsidenten und seiner Partei nahezustehen, schreibt Tufekci in ihrem Artikel: „Ich stehe den Zensur-Praktiken der AKP seit Langem kritisch gegenüber und werde mich auch weiterhin gegen sie aussprechen.“ 

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