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Haben Google und Facebook geholfen, Stimmung gegen Flüchtlinge zu machen?

von Michael Förtsch
Während der US-Wahl ging es wohl dreckiger zu als bislang gedacht. Facebook und Google sollen dabei laut US-Medienberichten 
mit einer rechtskonservativen Lobby-Organisation zusammengearbeitet haben. Die wiederum habe mit absurden Videos und Werbeanzeigen gezielt Angst vor Geflüchteten geschürt.

Gegen Ende der US-Präsidentschaftswahl gingen bizarre Videos durchs Netz. Im Stil typischer Tourismuswerbespots fordern sie zu Besuchen von surrealen Kalifat-Versionen Deutschlands und Frankreichs auf. Sie zeigen die Mona Lisa mit Burka, den Eiffelturm mit Halb-Mond-Spitze und ein Oktoberfest, auf dem Alkohol und Schweinebraten verboten sind. Dazu wehen über dem Schloss Neuschwanstein die Fahnen der Terrormiliz Islamischer Staat und Sprecher behaupten: „Unseren tapferen Jihadisten“ sei es durch die europäische Flüchtlingspolitik gelungen, den Kontinent zu unterwandern und zu konvertieren. Hinter den Videos steht Medienberichten zufolge die rechtskonservative Lobby-Organisation Secure America Now. Wie Bloomberg berichtet, sollen Google und Facebook eng mit ihr zusammengearbeitet haben.

Secure America Now warb in der Vergangenheit unter anderem schon mit Bildern von getöteten Journalisten für Grenzsicherheit und finanzierte eine Reise von Ted Cruz in die Ukraine. Für mehrere Millionen US-Dollar soll die republikanische Lobby-Gruppe Werbekapazitäten bei Facebook und Google eingekauft haben. Dabei hätten Secure America Now und das texanische Unternehmen Harris Media, das die Videos produzierte, sich immer wieder mit Vertretern und Werbeexperten der Tech-Unternehmen getroffen und beraten – sogar in den eigenen Büros. Es seien Strategien ausgearbeitet worden, um gezielt Wähler in den Swing-States Nevada, Florida und North Carolina anzusprechen, in denen die Wahlentscheidung besonders knapp auszufallen drohte, schreibt Bloomberg. Nicht nur mit den bizarren Videos, sondern auch mit Anzeigen, die demokratische Politiker mit Terroristen in Verbindung brachten.

Facebook soll die Angstkampagne von Secure America Now demnach auch genutzt haben, um neue Werbeformate zu testen. Unter anderem einen vertikalen Videoeinspieler, der für die Videoanzeige Are we Safe? genutzt worden sei. Bloomberg beruft sich bei seinem Bericht auf interne Dokumente und ehemalige Mitarbeiter der Agentur Harris Media, die durch ihre provokant-aggressiven Werbetaktiken bekannt wurde. „Sie sollten Angst in die Herzen der Menschen stoßen“, zitiert Bloomberg einen Ex-Angestellten. Tatsächlich soll die Kampagne sehr erfolgreich gewesen sein. Mehrere Millionen Mal seien die Videos abgespielt und unzählige Male geteilt worden.

Durch Google wurden letztlich jedoch verschiedene Anzeigen und auch die umstrittenen Videos wieder offline genommen. „Wenn wir auf Anzeigen stoßen, die gegen unsere Richtlinien verstoßen, werden diese sofort abgelehnt und nicht mehr gezeigt“, hatte Google zwischenzeitlich als Reaktion auf den Bloomberg-Bericht verlauten lassen. Untersagt sind unter anderem Werbebotschaften, die Gewalt gegen und Diskriminierung von Menschengruppen auf Grundlage der ethnischen Zugehörigkeit, des Alters, der Nationalität und des Geschlechts propagieren.

Das Unternehmen Harris Media, das auch für die rechtspopulistische Ukip-Partei aus Großbritannien arbeitete, war ebenso von der Alternative für Deutschland für den Bundestagswahlkampf angeheuert worden. Dafür wurden sogar zwei Mitarbeiter der Werbefirma in die Geschäftsstelle der rechten Partei abgestellt, um die Social-Media-Kampagnen zu betreuen. Bereits im September berichtete Bloomberg, dass Facebook den Harris-Media-Mitarbeiter Joshua Canter im Berliner Büro empfangen und hinsichtlich der passenden Werbemittel für den AfD-Wahlkampf beraten habe.

Google wiederum hatte ein Treffen mit der AfD im Vorlauf der Wahlen abgelehnt. Ebenso behauptete die AfD im September, Google würde den Internet-Wahlkampf der Partei sabotieren. Denn Anzeigen wurden mehrfach beanstandet. Unter anderem lehnte das Werbeteam von Google und YouTube einige Anzeigen ab, die auf eine Website führen sollten, die Angela Merkel für den Tod mehrerer Anschlagsopfer verantwortlich macht. Als Begründungen wurden angeführt, dass sowohl die Anzeigen als auch die Website selbst, „gefährliche und herabwürdigende Inhalte“ darstelle oder Nutzer in die Irre führe. Den Vorwurf von „politischer Voreingenommenheit“ ließ Google nicht gelten und verwies darauf, dass lediglich die eigenen „Richtlinien konsequent“ befolgt werden.

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