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Google will den IS „ins Dark Web abdrängen“

von Timo Brücken
Die Online-Propaganda-Maschine des sogenannten Islamischen Staats (IS) ist nur zu besiegen, wenn man sie aus der öffentlichen Wahrnehmung heraus ins Dark Web drängt. Das glaubt zumindest ein Google-Vertreter. Dabei fordern Politiker und Behörden seit Langem das genaue Gegenteil.

Jared Cohen, Chef von Google Ideas, glaubt, dass es nur eine Möglichkeit gibt, von der Terrorgruppe IS „digitales Territorium zurückzuerobern“: Mitglieder müssen fürchten, geschnappt zu werden, wenn sie sich online öffentlich für Ziele der Organisation einsetzen. „Terrorgruppen wie der IS operieren im Dark Web, egal ob wir das wollen oder nicht“, sagte Cohen bei einem Vortrag über „digitale Aufstandsbekämpfung“ beim britischen Thinktank Chatham House. „Neu ist hingegen, dass sie auch in dem Teil des Internets, den wir alle nutzen, agieren können, ohne zurückgedrängt zu werden. Ein Erfolg wäre also, den IS ins Dark Web verbannen“.

Den IS online quasi in den Schatten zu zwingen, würde bedeuten, dass seine Propaganda sich nicht mehr so leicht verbreiten könne, sagte Cohen. Er sähe es am liebsten, dass IS-Accounts in sozialen Netzwerken schneller gelöscht würden als sie erstellt werden könnten, damit Menschen nur noch schwer mit IS-Recruitern in Kontakt kommen könnten.

Der IS ist in meinen Augen keine technisch versierte Organisation.

Jared Cohen, Chef von Google Ideas

Mit dem Vormarsch des IS im Irak und in Syrien wurde Social Media neben traditionellen Offline-Methoden immer wichtiger für die Verbreitung von Botschaften und Anwerbung neuer Mitglieder. Eine Analyse der Online-Aktivitäten der Terrorgruppe zeigte schon 2014, dass sie regelmäßig Hashtags kapert, Bots in sozialen Netzwerken einsetzt und grausame Videos auf Twitter, Facebook und YouTube postet.

Cohen — der die Google-Abteilung leitet, die Tools baut, die gegen Unterdrückung helfen sollen — sagte, die „Echokammer“ aus Horden IS-naher Fake-Accounts dürfe nicht vernachlässigt werden. „In Wahrheit hat das, was der IS mit Technologie tut, viel mit dem zu tun, was man als Spam oder Scam aus dem eigenen E-Mail-Postfach kennt.“ Deswegen lautet Cohens Fazit: „Der IS ist in meinen Augen keine technisch versierte Organisation.“

Den Ermittlungsbehörden dürfte der Vorschlag eher nicht gefallen.

Als mögliche Taktik schlug Yasmin Green von Google Ideas vor, denjenigen, die als Konsumenten von IS-Propaganda identifiziert wurden, gezielte Werbung zu zeigen. Diese sei in der Lage, potenzielle Sympathisanten „abzulenken, aufzurütteln und ihnen vielleicht ein anderes Produkt zu verkaufen.“

Eine Verbannung ins Dark Web würde die Propaganda des IS aber wohl nicht nur aus der öffentlichen Wahrnehmung, sondern auch aus dem Sichtfeld der Behörden verschwinden lassen. FBI-Chef James Comey und andere laufen seit Langem gegen zu starke Verschlüsselung zum Beispiel bei Messengern an, mit dem Argument, Terroristen könnten sich so dem Zugriff von Polizei und Geheimdiensten entziehen. Googles Vorschlag dürften den Ermittlern also eher nicht gefallen. Der Privacy-Pionier David Chaum hat hingegen vor Kurzem ein System vorgeschlagen, dass beide Seiten glücklich machen soll: schneller und effektiver als etwa die Anonymisierungssoftware TOR — doch in Notfällen können sich Ermittlungsbehörden Zugang zu bestimmten Daten verschaffen. 

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