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Her mit dem vorinstallierten Ad-Blocker in Chrome!

von Michael Förtsch
Der Kampf um Werbung und Werbe-Blocker könnte sich verschärfen. Denn Google will wohl seinen Browser Chrome von vornherein mit einem Ad-Blocker ausstatten. Der soll allerdings nur so genannte „Bad Ads“ filtern, die die Nutzer nerven. Ein guter Schritt, der jedoch einen bitteren Beigeschmack hätte, kommentiert unser Autor.

Sich in der ewigen Diskussion klar für oder gegen Ad-Blocker zu positionieren, das ist weder möglich noch sonderlich zielführend. Denn Werbung im Web ist weder gut noch schlecht. Ebenso sind die Bemühungen, Werbung gezielt aus dem Browser zu halten, kein böswilliger Angriff auf Medienkonzerne noch deren Werbekunden. Die Wahrheit liegt irgendwo in der Mitte.

Genau das zeigt auch die Meldung, Google wolle in Zukunft seinen Chrome-Browser mit einem Werbe-Blocker ausliefern. Auf den ersten Blick wirkt das wie ein Widerspruch, schließlich verdienen ausgerechnet Google und sein Mutterunternehmen Alphabet Milliarden mit Werbung im Netz. Natürlich soll Chrome daher nicht pauschal alle Werbeanzeigen ausfiltern.

Der Ad-Blocker in Chrome soll hingegen, so das Wallstreet Journal, lediglich sogenannte „Bad Ads“ aufhalten, die Google mit seinem AdSense-Programm selbstverständlich nicht anbietet. Also aufdringliche Werbeformen, die Nutzern eine deutlich schlechtere Erfahrung bescheren. Dazu gehören Video- und Flash-Banner, die automatisch mit aktiviertem Ton abgespielt werden, Pop-ups, die sich über Texte legen, Werbe-Blöcke, die fest am oberen oder unteren Browser-Rand mitscrollen oder auch Anzeigen, die sich erst nach einem Countdown wegklicken lassen. Das sind Werbeformate, die von der Industrievereinigung Coalition for Better Ads, zu der nebst Google auch der Bundesverband Digitale Wirtschaft und Reuters gehören, als jenseits der „Akzeptanzschwelle der Konsumenten“ und damit als „schlecht“ definiert wurden. Diese ausschalten? Ein grundsätzlich begrüßenswerter Schritt.

Tatsächlich ist für viele die Nutzung von Ad-Blockern eher Notwehr und Selbstschutz als eine Totalverweigerung gegenüber Werbeanzeigen. Denn immer mehr Websites erschrecken seit Jahren mit abrupt losdudelnder Musik, lenken mit wild blinkenden Bannern vom eigentlichen Inhalt ab oder sorgen mit etlichen Megabyte großen Videos dafür, dass Websites unterwegs kaum noch nutzbar sind.

Ebenso ist Online-Werbung nicht ungefährlich. Nicht wenige Werbenetzwerke und eigentlich vertrauenswürdige Websites wurden durch Duldung von bestimmten Werbeformaten zu Viren- und Trojaner-Schleudern. Sollte Google seine Pläne wahrmachen, wäre das ein unüberhörbarer und überfälliger Warnschuss. Einer allerdings, der nicht ohne Beigeschmack käme.

Denn fraglich ist, wie der Chrome Ad-Blocker funktionieren soll und was damit vielleicht alles ungerechtfertigt mitgefiltert würde. Werden gezielt Werbenetzwerke geblockt, die für geächtete Formate berüchtigt sind? Werden Flash- und Video-Anzeigen pauschal gestoppt? Oder werden Websites komplett bereinigt, nur weil sie auch, aber nicht nur auf grenzwertige Werbeanzeigen setzen? Wird pauschal gefiltert, wird Willkür herrschen? Wird Google alleine auf die Bad-Ad-Definition der Coalition for Better Ads setzen oder zusätzlich auch eigene Richtlinien festlegen? Kollateralschäden sind jedenfalls unvermeidbar. Sicher ist: Kommt der Chrome Ad-Blocker, wären Googles eigene Werbeanzeigen unbeeinträchtigt.

Wer absolut sicher sein will, das seine Anzeigen sichtbar bleiben, müsste zumindest kurzfristig auf AdSense umsatteln. Andere Werbenetzwerke wären gezwungen, sich umzustellen, ihre Formate zu prüfen und zu überdenken oder einfach aufzugeben. Damit würde Google der Konkurrenz schaden und die eigene Marktmacht stärken. Ebenfalls würde ein fest integrierter Werbefilter in Chrome auch andere Werbe-Blocker überflüssig machen. Kleine Startups und freie Entwickler, die sich mit derartigen Projekten ihren Lebensunterhalt sichern, könnten darunter leiden. Gleichsam würde aber auch grenzwertigen Geschäftsmodellen wie jenem hinter Adblock Plus die Grundlage entzogen.

Sollte Google seine Pläne umsetzen, würde das für eine Menge Kontroversen und Unruhe sorgen. Schließlich hat der Chrome-Browser einen Marktanteil zwischen 45 und gut 50 Prozent. Es könnte daraus letztlich aber durchaus ein Web hervorgehen, dessen Werbeanzeigen die Nutzer nicht mehr belästigen und anbrüllen. Solcherart verträgliche Werbeanzeigen würden dann aber auch gesehen und akzeptiert werden und ein pauschales Ausfiltern auf Nutzerseite weniger notwendig machen. Das wäre gut für alle. Bislang bleibt aber unklar, ob Google ernst macht oder ob es lediglich bei einem Gedankenspiel bleibt.

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