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Ab heute scannt die Polizei in Berlin Gesichter – ein Überblick

von WIRED Editorial
Heute startet das umstrittene Projekt zur Gesichtserkennung von Bundespolizei, Bundesinnenministerium und Bundeskriminalamt in Berlin. Am Südkreuz filmen drei Kameras rund 300 Freiwillige, die den Bahnhof regelmäßig nutzen. Die Polizei will testen, wie gut sie Kriminelle per Videoüberwachung aus der Menschenmenge herausfiltern können. Datenschützer sehen das kritisch. 

Warum wird überwacht und von wem?
Die biometrische Gesichtserkennung soll laut Bundespolizei Personen „von denen eine Gefahr ausgeht bzw. ausgehen könnte, erkennen und melden“. Betritt jemand den Bahnhof, könnte die Polizei von der Gesichtserkennungs-Software gewarnt werden und gezielt Maßnahmen ergreifen, so das Argument. Letztendlich soll die Technik auch zur Terrorismusbekämpfung eingesetzt werden. „Mögliche Gefährder könnten vor einem geplanten Anschlag festgestellt und dieser verhindert werden“, so die Bundespolizei. Der Test findet in Zusammenarbeit mit dem Bundesinnenministerium, dem Bundeskriminalamt und der Bahn statt.

Werden alle, die durch den Bahnhof laufen überwacht?
Nein, nur knapp 300 Personen werden von den Kameras erkannt. Diese konnten sich Mitte Juni freiwillig melden. Die Polizei suchte nach Personen, die den Bahnhof mehrmals täglich nutzen. Läuft jemand während der sechsmonatigen Testphase besonders häufig durchs Bild, wird diese Person mit Technik-Gadgets belohnt. Wer den gekennzeichneten Testbereich im Bahnhof an mindestens 25 unterschiedlichen Tagen innerhalb der sechs Monate durchläuft, erhält einen Amazon-Gutschein in Höhe von 25 Euro. Für die drei Tester, die an mindestens 30 unterschiedlichen Tagen am häufigsten den Testbereich genutzt haben, winken als „Hauptpreise” eine Apple Watch Series 2, ein Fitbit Surge und eine GoPro Hero Session. Diese Kommerzialisierung der erhöhten Einschränkung von Privatsphäre stieß in vielen Medien  und auch bei Datenschützern auf Kritik. 

Wie funktioniert die Gesichtserkennung?
Die Kameras erfassen in der Westhalle des Bahnhofs einen markierten Bereich. Von den Freiwilligen wurden jeweils im Vorfeld zwei Fotos gemacht und die biometrischen Daten ihres Gesichts erfasst. Diese sind in einer Datenbank hinterlegt. Die Testpersonen tragen einen Transponder. Laufen sie durchs Bild, werden die Videos mit den Fotos abgeglichen. Die Behörden wollen so testen, ob die Kameras und Computer die Menschen zuverlässig erkennen, auch wenn sie zum Beispiel einen Hut oder eine Sonnenbrille tragen.  

Was sagen Datenschützer zu dem Projekt?
Die Datenschützer von Bund und Ländern erklärten Ende März, sie hielten den Einsatz biometrischer Gesichtserkennungssoftware in Überwachungskameras für rechtswidrig. Die Berliner Datenschutzbeauftragte Maja Smoltczyk sieht in dem Projekt eine Einschränkung sich in der Öffentlichkeit anonym zu bewegen. „Die Möglichkeiten, sich solcher Überwachung zu entziehen oder diese gar zu kontrollieren, sind kaum vorhanden”, heißt es in ihrer Stellungnahme.  Die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff findet den Test zwar akzeptabel, hat aber „grundsätzliche Bedenken” gegen die Technologie: „Sollten derartige Systeme einmal in Echtbetrieb gehen, wäre dies ein erheblicher Grundrechtseingriff”, sagte Voßhoff der dpa. Auf der Webseite der Bundespolizei heißt es, dass die Daten der Testpersonen bis spätestens August 2018 gelöscht werden sollen. 

Was passiert nach der Testphase?
Nach Abschluss der sechsomantigen Testphase, soll ein Verhaltensscanner getestet werden. Dieser soll gefährliche Situationen oder Objekte, wie zum Beispiel herrenlos herumstehende Taschen, erkennen. Obwohl es in deutschen Bahnhöfen immer mehr Überwachungskameras gibt, ist eine flächendeckende Einführung  der Gesichtserkennung allerdings unwahrscheinlich, da die Gesetztesgrundlage fehlt. 

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