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Nilz on Movies / Ein Oscar für Leonardo DiCaprio könnte ihm schaden

von Nilz Bokelberg
Leonardo DiCaprio war bereits sechs mal als „Bester Hauptdarsteller“ für einen Oscar nominiert. Gewonnen hat er die Auszeichnung erst jetzt. Dabei hat WIRED-Kolumnist Nilz Bokelberg doch so schön erklärt, warum es vielleicht sogar besser wäre, er würde leer ausgehen.

Update, 29. Februar: Leonardo DiCaprio ist ein Oscar-Gewinner. Er erhielt die Auszeichnung für seine Schauspielleistung im Western "The Revenant". Nilz Bokelberg würde dazu jetzt vielleicht "schade" sagen, denn er hatte ziemlich gut begründet, warum der Oscar für DiCaprio ausbleiben sollte. Besonders Punkt 5 ist noch hochaktuell und wird erst in der Zukunft bestätigt oder widerlegt werden können. Hier der Originalartikel: 

Es ist ein Dauerthema und vermutlich der am sehnlichst erwartete Moment in der Filmgeschichte: Leonardo DiCaprio wird bei den Academy Awards berücksichtigt und bekommt einen Oscar, endlich. Im Grunde genommen soll dieser Moment auch rückwirkend für all die Jahre stehen, in denen er zwar höchste Qualität abgeliefert hat, dafür aber nicht honoriert wurde. Vielleicht einfach, weil jedes Jahr jemand anderes ein bisschen besser war — oder ist DiCaprio einfach nicht gut genug?

Dank des Westerndramas „The Revenant“ sollen diese Zweifel nun endlich zur Vergangenheit gehören. DiCaprio hat dafür mit Oscar-Abräumer Alejandro González Inñárritu gedreht, dem Regisseur, der im vergangenen Jahr mit „Birdman“ vier der Trophäen ergattert hat. Nur in der Kategorie „Bester Hauptdarsteller“ schwächelte der Film. Oh oh, wenn DiCaprio da mal nicht aufs falsche Pferd gesetzt hat? Ich glaube leider, genau das hat er. Und das sind die fünf Gründe dafür: 

Grund 1: Kein Mitleid der Academy
Dass die Academy kein Mitleid hat, stimmt nicht ganz. Aber für den Oscar, den Schauspieler bekommen, denen man in ihrer Karriere sträflichst zu wenig Preise zukommen ließ, ist DiCaprio einfach noch zu jung. Einen Oscar fürs Lebenswerk wird er also nicht bekommen. Ansonsten kann man von der Academy und deren Mitgliedern halten, was man will: zu alt, zu männlich, zu weiß — you name it. Aber einen Oscar aus Mitleid haben die noch nie vergeben. 

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Grund 2: Der Oscar-Bumerang
Es ist schon fast eine selbsterfüllende Prophezeiung, dass DiCaprio ohne Oscar nach Hause geht. Die Öffentlichkeit drängt so sehr darauf, dass man ihm einen verleiht, dass die Entscheider bei jedem seiner Filme gleich fünfmal so kritisch hinsehen und alles bemäkeln werden, was sie finden können. Von DiCaprio wird quasi ein Spiel verlangt, dass er niemals abliefern kann. Von ihm wird Übermenschliches gefordert. DiCaprios Fans hingegen sind fest davon überzeugt, dass er genau diese Brillanz in jedem Film bietet. Ein Dilemma. 

Grund 3: Zwei am Stück
Es ist selten genug, dass ein Regisseur zwei Jahre hintereinander ausgezeichnet wird. Bei einem Genie wie Alejandro González Inñárritu scheint das zwar nicht unmöglich, ist aber trotzdem äußerst unwahrscheinlich. Die Vergabe der Oscars hat immer auch eine politische Komponente, weshalb die Academy jedes Jahr versucht, etwas Besonderes zu finden und auszuzeichnen. „Birdman“ hat es ihr da relativ leicht gemacht — nicht weil er so meisterhaft war, das war er ohne Zweifel  — sondern weil er so nah an der Branche spielt. Viele der Entscheider haben sich und ihr Umfeld bestimmt in dem Film wiedererkannt — und sei es auch nur mit einem lachenden Auge. „The Revenant“ macht die Entscheidung da schon deutlich schwerer. Sein Vorteil ist zwar, dass es sich um eine uramerikanische Geschichte handelt: einen Western. Dem entgegen steht aber seine Sperrigkeit, die nicht nur künstlerisch begründet scheint. Nicht falsch verstehen: Ich würde diesem Film die Auszeichnung gönnen, befürchte aber, dass die Academy es anders sieht.

Grund 4: die Konkurrenz
Der Film „Spotlight“ über ein investigatives Rechercheteam des Boston Globe und seine Aufklärung diverser Fälle von Kindesmissbrauch in der Kirche ist heißester Anwärter darauf, der Abräumer des Abends zu werden. Und witzig: Auch hier ist Michael Keaton in der Hauptrolle. Der ist letztes Jahr als Birdman schon leer ausgegangen und könnte dafür dieses Jahr belohnt werden. Auch wenn das im Vergleich zu DiCaprio absurd scheinen mag. Aber der ist es schon gewohnt, zurückzustecken, das hat der all die Jahre mit Bravour gemacht. Der Film „Spotlight“ hat auch deswegen so viele Chancen, weil er ein Thema anspricht, dass Amerikaner noch mehr lieben als Western: Reporter, Recherche, Wahrheit finden. Das ist Stoff, aus dem Träume sind.

Grund 5: die Spannungskurve
Mal ehrlich: Wie öde wäre es, wenn DiCaprio den Preis jetzt schon bekommen würde? Wer würde die kommenden Jahre noch einschalten? Außerdem haftet dem Preis ein Fluch an: Wer ausgezeichnet wird, bekommt weniger Rollen — oder weniger gute Rollen. Regisseure nehmen dann an, dass der Ausgezeichnete nun mehr kostet und spitzfingriger auswählt. Das möchten die meisten sich sparen. Und da die Academy DiCaprio als herausragenden Schauspieler schützen will, gibt sie ihm halt einfach keinen Preis. 

So gesehen, Leo, ist doch alles gut, oder? 

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von WIRED Editorial