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Fake-News-Verbot? Lügen lassen sich nur mit Wahrheiten bekämpfen

von Johnny Haeusler
Unser Kolumnist hielt die Meldung, dass Martin Schulz ein Verbot von Fake News fordert, zunächst für: Fake News. So kompliziert ist das Ganze also geworden...

Das können nur Fake News sein! Das war mein erster Verdacht, als ich die Überschrift zum SZ-Artikel über das von Martin Schulz geforderte Verbot von ebensolchen las. Und wer liest heutzutage schon mehr als die Überschrift?

Der Begriff der Fake News ist in aller Munde, die Definition dabei jedoch nicht immer eindeutig. Einigen wir uns für diese Kolumne darauf, dass gezielt verbreitete Lügen mit propagandistischer Absicht gemeint sind. Es hat sicher niemand etwas dagegen, solche Unwahrheiten besser kenntlich zu machen oder am besten gleich die korrekte Gegendarstellung zu liefern.

Die Washington Post hat kürzlich ein hübsches Beispiel dafür geliefert, wie so etwas im digitalen Zeitalter aussehen kann. Das Chrome-Plugin RealDonaldContext sorgt dafür, dass unter den von Donald Trump verbreiteten Tweets Hinweise zu den wirklichen Tatsachen von der Washington Post erscheinen. Klar, das ist noch keine Lösung, die automatisch überall und vor allem bei Facebook funktioniert, aber sie zeigt eine Richtung auf. Denn Lügen lassen sich nur mit Wahrheiten bekämpfen.

Die naiv wirkende Forderung nach einem Verbot wirft hingegen viele Fragen auf, die etwa der SZ-Artikel nicht beantwortet. Nach welchen Maßstäben und Richtlinien sollen Fake News als solche gekennzeichnet werden? Wer haftet für die Verbreitung – die Urheber, die Plattform oder gar diejenigen Nutzerinnen und Nutzer, die die Posts durch Likes und Retweets weitertragen? Wie soll das alles technisch funktionieren? Und wie könnte die nötige Transparenz hergestellt werden?

Und so werden nun Rufe laut, die Martin Schulz Zensurversuche unterstellen. Was ich für ebenso lächerlich halte wie ein „Fake-News-Verbot“, aber darunter macht man's ja inzwischen nicht mehr. Das hätte auch Schulz wissen können und erwarten müssen.

Nach absurden und unausgegorenen Verboten zu rufen, während gleichzeitig Meldungen über einen von der Bundesregierung geschönten Armutsbericht die Runde machen – das kann nur nach hinten losgehen. Denn wer welche Lügen verbreitet, das ist leider nicht immer so eindeutig.

Was nicht davon ablenken darf, dass tatsächliche Fake News (inklusive programmierter Bots, die sie gezielt und gesteuert verbreiten) eine Herausforderung für eine demokratische Gesellschaft sind – die insgesamt aber viel komplexer ist als ein paar Facebook-Posts mit einer Falschmeldung. Und mit der wir uns auseinandersetzen müssen. Eine reine Verbotsforderung hilft dabei aber nicht weiter.

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