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Medienkompetenz? Wir brauchen eine eigene Facebook-Kompetenz!

von Johnny Haeusler
Unser Kolumnist Johnny Haeusler hat sich die Schritte zur Umsetzung der DSGVO bei Facebook angeschaut. Und er glaubt, dass es mittlerweile neben der generellen Medienkompetenz eine eigene Facebook-Kompetenz braucht – mit besonderem Augenmerk auf die Gestaltung von Interfaces.

Die neue Datenschutzgrundverordnung (DSGVO, international GDPR) kommt: Sie gilt ab dem 25. Mai 2018. Auf Grundlage des neuen Gesetzes, aber natürlich auch durch die jüngsten Debatten rund um den generellen Umgang mit den Daten der Nutzerinnen, wird auch Facebook einige Änderungen einführen, darüber informieren und Möglichkeiten für neue Einstellungen anbieten.

Für Facebook und andere Anbieter, deren Geschäftsmodell auf der umfangreichen Auswertung der Daten ihrer Kundinnen basiert, ergibt sich dabei ein Dilemma. Denn einerseits muss und will man gesetzkonform arbeiten, andererseits aber auch möglichst viele freiwillige Einwilligungen erreichen. Denn alles andere bedeutet unter Umständen massive Umsatzeinbußen.

So wird eben viel getrickst, zum Beispiel in Sachen Jugendschutz. Weiterhin bleibt Facebook offiziell erst ab 13 Jahren nutzbar, überprüft wird die Altersangabe bei der Registrierung jedoch laut TechCrunch nach wie vor nicht. Und auch die neue Einwilligung eines Elternteils für bestimmte Funktionen für allen Facebook-Nutzerinnen unter 16 Jahren ist ein Witz: Anzugeben ist einzig die E-Mail-Adresse einer Person, die dann die sensibleren Datenschutzeinstellungen für Minderjährige mit einem Klick bestätigen kann. Das Ganze ist also eher ein Grundkurs in Sachen Medienkompetenz, den auch 10-Jährige ganz alleine erfolgreich abschließen können, als ein tatsächlicher Schutz.

Den Rest der vereinfachten Datenfreigabe zugunsten Facebooks erledigen dann die Designerinnen. Menschen also, welche die Website oder App gestalten und somit auch das Layout von Einstellungsmenüs, die Benutzerinnenführung und das Interface. Denn auch die Gestaltung entscheidet, ob wir unüberlegt klicken, was wir lesen und was wir versehentlich übersehen.

Früher sprach man vom Kleingedruckten, heute ist die Sache wesentlich komplexer – ich hatte das Thema neulich schon einmal angesprochen.

Im TechCrunch-Artikel gibt es zum Design der neuen Abfragen und Einstellungen bei Facebook einige spannende Beispiele mit Screenshots. (Diese können für Europa natürlich noch etwas anders aussehen. Bisher zeigt mein Account sie nicht an – warten wir es ab.)

Feststellen kann man aber nicht erst seit heute: Die Rolle von Produktdesignerinnen wird im digitalen Zeitalter wichtiger, ihnen kommt eine Macht zu, die durchaus mit der von Programmiererinnen vergleichbar ist. Nicht ohne Grund wird die bewusst irreführende Gestaltung von Interfaces, Menüs und anderen Interaktionspunkten manchmal auch „Dark Design“ genannt.

Über dieses „dunkle Design“ hat auch der User Experience Designer Flavio Lamenza in einem Blogbeitrag geschrieben. Ihn ärgert der verharmlosende und geradezu spannend klingende Begriff. Er schlägt vor, diese Herangehensweise lieber als „Asshole Design“ zu bezeichnen – also zu Deutsch: Arschloch Design.

In seinem lesenswerten Artikel zeigt Lamenza Beispiele für „Asshole Design“: Die reichen von weißer Schrift auf weißem Grund wenn Nutzerinnen sich Abmelden wollen bis zu ins Design integrierte Schmuztflecken – wer versucht, den vermeintlichen Fleck vom Display zu wischen, wird zum Klick überlistet.

Ganz so dreist werden Facebook und andere große Akteure im Datenzirkus wohl nicht vorgehen. Doch die Beispiele zeigen, wie weitreichend der Begriff Medienkompetenz gefasst werden muss, wenn wir ihn ernst nehmen wollen – nicht nur bei Jugendlichen. So wie es aussieht, brauchen wir mittlerweile ja eigene Facebook-Kompetenz. Dazu gehören die Grundlagen des Programmierens zu lernen, die Fähigkeit, Fake-News zu erkennen und die Aufmerksamkeit, Datenschutzhinweise genau zu lesen und verstehen. Das alles sind wichtige Bausteine beim bewussten Umgang mit den digitalen Medien.

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Bye Bye, eBay. Hello, Facebook Marketplace!

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von Johnny Haeusler