Hinweis zu Affiliate-Links: Alle Produkte werden von der Redaktion unabhängig ausgewählt. Im Falle eines Kaufs des Produkts nach Klick auf den Link erhalten wir ggf. eine Provision.

Facebook News-Abstimmung ist naiv!

von Michael Förtsch
Bald sollen bei Facebook die Nutzer entscheiden, welche Nachrichtenquellen glaubwürdig sind. Das ist naiv und brandgefährlich, kommentiert unser Autor Michael Förtsch.

Die vergangenen Jahre waren von Fake News geprägt. Der Begriff bezeichnete ursprünglich hanebüchene Falschmeldungen, die etwa bei den US-Präsidentschaftswahlen, während der Flüchtlingskrise und vor den Bundestagswahlen zirkulierten. Vor allem durch Donald Trump ist die Bezeichnung Fake News aber auch zum Kampfbegriff geworden, um gegen unliebsame Berichterstattung und Kritik zu keilen. Gerade jetzt ist es daher umso wichtiger, beurteilen und einschätzen zu können, was im Netz vertrauenswürdige Fakten präsentiert – und was nur Schwindel, Irreführung und Unfug darstellt. Facebook will dafür nun die eigenen Nutzer – zunächst in den USA und später weltweit – einspannen.

Mark Zuckerberg selbst hat in einem Post angekündigt, dass Facebook sicher gehen möchte, dass „glaubwürdige, informative und lokale“ Nachrichten priorisiert werden. „Als Teil unserer laufenden Qualitätsüberprüfungen werden wir die Leute nun fragen, ob sie eine Nachrichtenquelle kennen und wenn ja, ob sie ihr vertrauen“, schreibt der Facebook-Gründer. Die Masse soll so mitentscheiden, welche Quellen wir auf Facebook sehen und wie oft. Bereits jetzt habe ein „diverser und repräsentativer Querschnitt“ der Nutzer an einer Art Probelauf teilgenommen.

Der Argumentation von Facebook ist simpel: Es gebe Medien, denen nur von ihrem engen Leser- und Zuschauerkreis vertraut wird. Andere Publikationen hingegen würden von einem Gros der Gesellschaft als sichere Quelle akzeptiert – sogar von jenen, die diese Quellen gar nicht selbst konsumieren. Das klingt erst einmal nachvollziehbar und logisch. Beim Blick darauf, welche Nachrichten auf Facebook besonders erfolgreich laufen und auf die politische Zusammensetzung der User, die auf Facebook besonders aktiv sind, sollten Zweifel aufkommen.

Facebook ist kein Abbild der realen Gesellschaft. Eben insbesondere nicht, wenn es um die wirklich aktiven Nutzer geht. Natürlich, angenommen genug Menschen beteiligen sich an der Umfrage, werden große Medienmarken wie CNN, BBC und in Deutschland ARD, Die Zeit, Süddeutsche und Spiegel ohne große Probleme als glaubwürdig eingestuft werden. Aber gleiches könnte ebenso für Medien wie Breitbart, Russia Today und andere ideologisch gefärbte Quellen gelten. Nicht, weil sie in der breiten Öffentlichkeit akzeptiert wären, sondern weil ihre Anhänger auch jene sind, die sich oft und besonders rege auf Facebook umtun. Man lernt schon im ersten Semester Statistik, wann eine Umfrage repräsentativ ist und wann nicht. Gerade bei einfachen Netzumfragen ist besondere Vorsicht geboten . Jetzt überlässt Facebook aber die Meinungsfreiheit auf seiner Plattform genau solch einer Umfrage.

Ebenso könnten kleine und ambitionierte Publikationen wie Schmalbart oder Krautreporter im Umfrageprozess untergehen. Nicht weil sie nicht glaubwürdig oder informativ wären, sondern weil sie nicht in den Aufmerksamkeitskreis der Masse der Facebook-Nutzer eindringen – und daher für diese nicht als präsent erscheinen.

Das Soziale Netzwerk verwechselt in seiner neuen Rolle als geradezu fanatischer Gatekeeper „laut sein“ mit „richtig sein“ und es verwechselt den Bekanntheits mit dem Qualitätsgrad von Medien. Meinungsfreiheit funktioniert außerdem nur, wenn jeder mitmachen, egal ob eine Masse an Menschen das jetzt gefällt oder nicht.

Der Blick auf Nachrichten wird sich verengen. Diversität wird erstickt und neue Medien (jedweder politischer Färbung) werden aussperrt. Die Fremdbestimmung, der Facebook-User ausgesetzt sind, müsste jetzt auch dem Blindesten offensichtlich werden.

GQ Empfiehlt