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Europa und Internetkonzerne verpflichten sich zum gemeinsamen Kampf gegen Online-Hass

von Max Biederbeck
Es ist der erste Versuch gemeinsamer Regeln für Europa und die Tech-Konzerne: Die EU-Kommission hat heute zusammen mit Facebook, Twitter, YouTube und Microsoft einen Verhaltenskodex vorgestellt. Darin verpflichten sich die Unternehmen zum Kampf gegen Hassrede und Gewaltinhalte in ihren Netzwerken. Sinnvolle Zusammenarbeit oder Verlagerung des Problems?

Der Kodex spricht von „öffentlicher Verpflichtung“ der Unternehmen. Sie sollen in Zukunft die „Mehrheit aller zuverlässigen Löschanfragen in Bezug auf illegale Hassrede“ prüfen – in weniger als 24 Stunden.

Außerdem sollen Behörden einfacher mit Firmenvertretern in Kontakt treten können. Die Unterzeichner versuchen damit, einzelstaatliche Praktiken besser miteinander zu vernetzen und ein gemeinsames Vorgehen zu ermöglichen. Auch die User selbst sollen besser für das Thema Gewalt in sozialen Netzwerken sensibilisert werden.

„Die vergangenen Terror-Anschläge haben uns daran erinnert, wie dringend wir das Thema Hassrede ansprechen müssen“, erklärte Justizkommissarin Vĕra Jourová gegenüber dem Guardian. Die Sozialen Medien seien unglücklicherweise ein Haupt-Tool für terroristische und rassistische Gruppen geworden, um junge Menschen für Gewalt und Hass empfänglich zu machen.

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Im Kodex heißt es weiter, das Recht auf freie Meinungsäußerung bleibe dennoch unangetastet. Dazu gehörten auch Informationen und Ideen, die anstößig, schockierend oder verstörend für die Öffentlichkeit sind. Einstimmig gaben die großen Firmen an, Hassrede und Gewalt hätten keinen Platz in ihren Netzwerken.

Der Versuch der Zusammenarbeit zwischen Politik und Internetunternehmen klingt gut, es bleiben aber Probleme. Die Definition von Hassrede ist ungenau: Der Kodex bezeichnet sie als „öffentliches Verhalten, das zur Gewalt und Hass gegen bestimmte Personengruppen oder deren Mitglieder aufruft und sich durch Referenzen auf deren Rasse, Hautfarbe, Religion, nationalen oder ethnischen Hintergründen definiert.“

Es bleibt unklar, was das im Einzelfall einer Beleidigung bedeutet und welche Schwelle ein Kommentar überschreiten muss, um geahndet zu werden. Sie ist der Willkür der Prüfer unterworfen. Wie etwa mit der Belästigung von Frauen oder Transgender umgegangen wird, findet im Kodex keine Erwähnung.

Das Dokument ist rechtlich außerdem nicht bindend. Es greift zwar viele Punkte auf, die bereits im EU-Recht vorkommen, die Umsetzung dieses Rechts bleibt aber Sache der Unternehmen. Nutzern fehlt die juristische Handhabe, um sich gegen die Löschung (oder Nicht-Löschung) von Inhalten zu wehren. Auch, wie die Strafverfolgung von illegalen Inhalten in Zukunft aussehen wird, wird nicht geklärt.

Kritiker befürchten, dass der Rechtsstaat in Abkommen wie dem Verhaltenskodex zunehmend verwischt und die Verantwortung an private Unternehmen ausgelagert wird. Die indes sind mit der Flut an Informationen selbst oft überfordert

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