Hinweis zu Affiliate-Links: Alle Produkte werden von der Redaktion unabhängig ausgewählt. Im Falle eines Kaufs des Produkts nach Klick auf den Link erhalten wir ggf. eine Provision.

Fabu will spielen / Die Freiheit in Videospielen bleibt zu oft Illusion

von Fabu
Eine gängige Definition für den Begriff Freiheit lautet: Man kann sich ohne Zwang zwischen unterschiedlichen Möglichkeiten entscheiden. Viele Spiele werben damit, besonders viele eben dieser Möglichkeiten zu bieten. Wahre Entscheidungsfreiheit gaukeln sie aber oft nur mehr oder weniger glaubhaft vor. WIRED-Kolumnist Fabu stößt bei Games oft an die Grenzen seiner eigenen Vorstellungskraft.

Spielleiter: „Kaum habt ihr die Höhle betreten, bäumt sich vor euch eine dreiköpfige Vampirziege auf.“

Spieler 1: „Oh Schreck! Ich ziehe mein Schwert – und schlage dem Monster einen seiner drei Köpfe ab.“

Spielleiter: „Du holst zum Schlag aus und das Schwert rutscht dir aus der Hand. Die Klinge streift einen Eckzahn der Vampirziege. Er kracht heraus, fliegt zu Boden und bohrt sich in deinen großen Zeh.“

Spieler 2: „Ich ziehe mein Schwert und schlage Spieler 1 den Kopf ab, bevor er sich auch in eine Vampirziege verwandelt.“

Und so weiter… Der obige Dialog fand vor etlichen Jahren in geselliger Runde mit Freunden von mir statt. Wir spielten gerade eine Partie Das Schwarze Auge. Ein klassisches Tischrollenspiel, bei dem man gemeinsam eine Geschichte erzählt und mit zwanzigseitigen Würfeln prüft, ob einem eine Heldentat auch tatsächlich gelungen ist.

Mein skurriles Erlebnis mit der Vampirziege dient mir gelegentlich als Anekdote, wenn ich die Unterschiede zwischen Rollenspielen ohne und mit Computer verdeutlichen möchte – vor allem in Bezug auf die Freiheiten, die man dabei genießt. Während man bei analogen Rollenspielen eine nahezu grenzenlose Freiheit hat, wird sie einem bei Videospielen meist nur vorgetäuscht.

In der Realität halten mich etwaige Konsequenzen und meine Wertvorstellungen davon ab, Grenzen zu überschreiten. Wenn ich mich jedoch in einem Computerspiel befinde, endet meine Freiheit dort, wo der Entwickler es vorgesehen hat. Das kann beispielsweise eine unüberwindbare Mauer sein, ein Gewässer, eine unsichtbare Barriere oder eine technische Limitierung.

+++ Mehr von WIRED regelmäßig ins Postfach? Hier für den Newsletter anmelden +++ 

Während bei Rollenspielen mit Stift und Papier die Selbstentfaltung nur von der Vorstellungskraft gehemmt werden kann, sind die Grenzen im virtuellen Raum erheblich klarer definiert. Die Freiheit in Open-World-Titeln wie The Witcher 3 entpuppt sich als große Illusion, sobald man der Phantasie freien Lauf lassen will und vom Skript abweichen möchte. Beim Handstand einen Pustekuchen verzehren? Geht nicht. Selbst die Modding-Szene kann nur einen Bruchteil von dem ergänzen, wozu der menschliche Geist und die damit verbundene Kreativität fähig ist.

Beispiele für die Tricks, die nur Freiheit suggerieren, anstatt sie zu geben, bieten die Spiele von Telltale Games – zu den berühmtesten Titel gehören die Storytelling-Spiele The Walking Dead und Game of Thrones.

Darin treffen Spieler Entscheidungen über Leben und Tod unter Zeitdruck. Das fühlt sich erst einmal sehr gewichtig und weitreichend an. Doch vergleicht man die daraus entstehenden Handlungsstränge, sind die Unterschiede kaum zu erkennen.

Klar wäre es schön, wenn das anders wäre, aber zahlreiche Entscheidungen und ihre Auswirkungen abzudecken, verschlänge viele Ressourcen der Entwickler. Die müssten sie dann an anderer Stelle einsparen und das Spiel würde dort schlechter werden. Jede Freiheit der Spieler hat eben ihren Preis.

icon_cookie

Um diese Inhalte zu sehen, akzeptieren Sie bitte unsere Cookies.

Cookies verwalten

Minecraft hat in den letzten Jahren beeindruckend gezeigt, wohin es führen kann, wenn man Spielerinnen und Spielern die Gestaltung einer Welt überlässt. Lego Worlds scheint einen ähnlichen Weg einzuschlagen. Besonders spannend und auf positive Weise grenzüberschreitend könnte es werden, wenn virtuelle Welt und Realität verschmelzen. Gamer wären dann zwar noch immer nicht völlig frei, aber immerhin kann der virtuelle Käfig uns dann noch glaubhafter vorgaukeln, wir wären ihm entkommen.

Alle Kolumnen von Fabu findet ihr hier.

GQ Empfiehlt
Wie zufällig sind Casual Games wirklich?

Wie zufällig sind Casual Games wirklich?

von Johnny Haeusler