Hinweis zu Affiliate-Links: Alle Produkte werden von der Redaktion unabhängig ausgewählt. Im Falle eines Kaufs des Produkts nach Klick auf den Link erhalten wir ggf. eine Provision.

Warum das neue Gesetz zum E-Perso problematisch ist [UPDATE]

von Benedikt Plass-Fleßenkämper
Seit der Einführung des neuen Personalausweises vor sieben Jahren entscheiden Bürger freiwillig, ob sie die Option des elektronischen Identitätsnachweises zur Online-Identifizierung nutzen wollen. Jetzt will die Regierung gesetzlich zur Teilnahme an dem Programm verpflichten – und Geheimdiensten freien Zugriff auf Personalausweisdaten verschaffen.

Update 19. Mai 2017: Mit den Stimmen der Großen Koalition gegen die Stimmen der Grünen und der Linkspartei hat der Bundestag die Änderung des Personalausweisgesetzes beschlossen. Künftig wird die ID-Karte mit einer einsatzbereiten Onlinefunktion ausgegeben und Zugriffsrechte der Sicherheitsbehörden auf die Foto wurden erweitert.

Seit 2010 wird der deutsche Personalausweis im Kartenformat ausgegeben. Mit der Plastikvariante führte die Bundesregierung auch den elektronischen Identitätsnachweis ein, die sogenannte eID. Nach einmaliger Zustimmung des Ausweisinhabers konnten die Daten digital ausgelesen werden und ermöglichten so eine unmittelbare Verifizierung der eigenen Identität bei teilnehmenden Online-Diensten.

Die Resonanz auf den Service fiel dürftig aus, gerade einmal ein Drittel aller Inhaber des neuen Personalausweises aktivierten bis Ende 2016 diese Funktion. Die Einsatzmöglichkeiten für das Verfahren waren beschränkt und im Zeitalter der Datenlecks erscheint die digitale Speicherung von biometrischen Ausweisdaten wenig verlockend. Doch statt das Projekt des elektronischen Identitätsnachweises für gescheitert zu erklären, sollen die Bürger nun quasi zu ihrem Glück gezwungen werden.

icon_cookie

Um diese Inhalte zu sehen, akzeptieren Sie bitte unsere Cookies.

Cookies verwalten

Bundesinnenminister Thomas de Maizière brachte ein neues Gesetz auf den Weg, das zur Aktivierung der eID verpflichtet. Auf diese Weise sollte sowohl die Nutzung als auch der Ausbau der Anwendungsmöglichkeiten für das Verfahren angekurbelt werden.

icon_cookie

Um diese Inhalte zu sehen, akzeptieren Sie bitte unsere Cookies.

Cookies verwalten

Datenschützer sehen das kritisch. Der Chaos Computer Club (CCC) warnte schon früh vor der Nutzung des eID-Verfahrens, das nur im Zusammenhang mit Kartenlesegeräten funktioniert, die teilweise erhebliche Sicherheitslücken aufweisen. Den Versuch, Bürgern die Funktion aufzuzwingen, bezeichnet der Hacker-Verein als Wiederbelebung eines „teuren und aus guten Gründen nie benutzten toten Pferdes“.

Den zurückhaltenden Einsatz des eID-Verfahrens sieht der CCC vor allem in schlechter Aufklärung über die Risiken und dem daraus resultierenden, mangelnden Vertrauen der Bürger sowie dem fehlendem Nutzen begründet. Zahlreiche Alternativen privater Anbieter böten bereits ähnliche und sogar bessere Verfahren zur Online-Identifizierung. Ferner sei das eID-Verfahren in der Smartphone-Ära kaum praxistauglich, eine mobile Version gibt es nicht.

Eine erzwungene Aktivierung der Funktion würde am Desinteresse der Bürger demnach nichts ändern, glaubt der CCC. Besonders kritisch sehen die Datenschützer die digitale Speicherung der biometrischen Daten im Zusammenhang mit einer weiteren Gesetzesänderung, die sämtlichen Geheimdiensten ab dem Jahr 2021 den freien Zugriff auf Ausweisdaten ermöglichen soll.

Die Abfrage der Daten inklusive Passbild erfolgt dann nicht mehr über die Meldeämter, sondern vollständig in Eigenregie der Geheimdienste. Das könnte nach Ansicht von Netzaktivisten die Grundlage für ein umfassendes Überwachungssystem bilden. Das Anlegen einer bundesweiten biometrischen Datenbank ist zwar auch nach dem neuen Gesetz explizit ausgeschlossen, der unbeaufsichtigte Zugriff der Geheimdienste und die freie Nutzung der abgefragten Daten machen es laut Experten jedoch schwer nachvollziehbar, was hinter den Kulissen tatsächlich mit den gesammelten Informationen passiert.

Jürgen Müller, Mitarbeiter der Bundesdatenschutzbeauftragten Andrea Voßhoff, gibt zudem zu bedenken, dass das neue Gesetzt das Recht auf informelle Selbstbestimmung untergrabe. Die nahezu unbeschränkte Freigabe der Daten für Geheimdienste bezeichnet er als „nicht notwendig“ und „nicht überzeugend begründet“. 

GQ Empfiehlt