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„Shelter 2“ ist ein wunderschönes Spiel über das Leben als Luchs

von Daniel Ziegener
2013 veröffentlichten das schwedische Studio Might & Delight mit „Shelter“ ein in jeder Hinsicht bemerkenswertes Spiel. Es legte den Fokus auf eine unberührte Natur ohne Menschen, Magie oder Science Fiction und erzählt die Geschichte von ungewöhnlichen Helden: einer Dachs-Mutter und ihrer Jungen. Nun wird die Geschichte mit „Shelter 2“ fortgesetzt — mit einer Luchsfamilie in den Hauptrollen.

Obwohl es vielleicht nach einem wenig interessanten Ansatz für ein Videospiel klingt, die Suche nach einem neuen Zuhause führte in „Shelter“ durch eine ebenso schöne wie gefährliche Wildnis und vorbei an unzähligen Gefahren. Das Spiel schuf so ein mitreißenderes Erlebnis als so manch aufwändig produziertes, cineastisches Abenteuer. Im vergangenen Jahr stellten die Entwickler sich der Herausforderung, die Geschichte fortzusetzen. „Wir hatten das Gefühl, dass wir es wirklich schaffen können“, sagt Produzent Joel Danielsson. Aber nur unter einer Bedingung: „Shelter 2“ müsse ein Game sein, „das der Serie als Ganzes wirklich etwas hinzufügen kann“.

Die Wildnis ist unerbittlich, die Aufzucht der Jungen ein ständiger Überlebenskampf.

Eine Serie einzigartiger Spiele schaffen — das ist etwas, das die meisten Fortsetzungen versuchen und die wenigsten schaffen. „Shelter 2“ gelingt es. Statt wie im ersten Teil einer linearen Geschichte zu folgen zeichnet Might & Delight diesmal eine offene Welt voller Wälder, Berge und Flüsse. Wieder muss ein Muttertier seine vier Jungen aufziehen und ihr Überleben sichern, diesmal sind es jedoch Luchse und keine Dachse mehr. Dieser Aufstieg in der Nahrungskette verändert das Spielgefühl grundsätzlich. Statt nach Äpfeln zu suchen und gelegentlich kleinere Tiere zu fangen, wird nun im Sprint Jagd auf Hasen und Rehe gemacht. Trotzdem ist die Wildnis unerbittlich. Über den harten Winter findet man nur wenig Beute, um die hungrigen Kleinen zu ernähren, auch die Angriffe eines Rudels Wölfe bedrohen das Leben der ganzen Familie. Die Aufzucht der Jungen ist ein ständiger Überlebenskampf zwischen dem Zwang, auf die Jagd zu gehen und dem Bedürfnis, die Kleinen in Sicherheit zu bringen.

 

„Die Spieler haben mehr Kontrolle darüber, wohin sie gehen und was sie sehen“ erklärt Danielsson die Vorteile der größeren Spielwelt. Und doch ist diese nur scheinbar frei zugänglich. Die Aufzucht der Jungen dauert nur etwa zwei Stunden, was kaum genug Zeit ist, um alle Winkel zu erkunden. Denn die kleinen Luchse bleiben schnell erschöpft und hilflos zurück. Es ist die Verantwortung gegenüber den Kindern, die die Freiheit der Mutter einschränkt.

Das Design von „Shelter 2“ ist geprägt vom Spiel mit solchen vermeintlichen Widersprüchen. Die schlichten Formen der Landschaft erinnern an ein von Menschen geschaffenes Papierdiorama, obwohl sie eine prähistorische Tundra lange vor der Ankunft des Menschen darstellen sollen. Dieser Stil lässt die Spielwelt, die sich klar erkennbar an der Realität orientiert, vertraut wirken und schafft doch gleichzeitig eine traumhafte, romantisierte Version dieser Wirklichkeit.

Mit der „Shelter“-Reihe greifen die schwedischen Entwickler Themen auf, die in Spielen nur selten stattfinden: Mutterschaft und Verantwortung, außerdem der Kreislauf des Lebens in einer unberührten Wildnis, in der der Mensch keine Rolle spielt. Die Gewalt, die unter den Tieren stattfindet, ist kein Selbstzweck oder dient der Unterhaltung, sie ist ein selbstverständlicher Teil des Lebens.

Das Spiel ist nachdenklich, melancholisch und wunderschön.

Might & Delights Spiele sind aber vor allem eine atmosphärisch dichte Erfahrung. Texteinblendungen und Erklärungen sind auf ein Minimum reduziert, ein klassisches Missionsziel fehlt. Die wenigen Stunden, die der Ausflug in die Wildnis dauert, erfordern die volle Aufmerksamkeit des Spielers, nicht durch klassische Belohnungsmechanismen, sondern durch eine einzig- und eigenartige Atmosphäre. Eingelullt vom dezent eingesetzten Post-Rock-Soundtrack entsteht ein introspektiver, fast meditativer Spielfluss.

Wie schon sein Vorgänger ist „Shelter 2“ ein Spiel, das kaum Worte benötigt um seine Geschichte zu erzählen. Das Entwicklerteam hat es trotzdem geschafft, mit der Fortsetzung etwas Neues zu sagen. „Shelter 2“ ist nachdenklich, melancholisch und wunderschön. 

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