Hinweis zu Affiliate-Links: Alle Produkte werden von der Redaktion unabhängig ausgewählt. Im Falle eines Kaufs des Produkts nach Klick auf den Link erhalten wir ggf. eine Provision.

„Never Alone“ erweckt die Erzählungen von Alaskas Ureinwohnern zum Leben

von Oliver Klatt
Wenn Videospiele mit dem Vorsatz entwickelt werden, ihren Spielern etwas beizubringen, geht das oft schief. Sogenannte Serious Games, die ihre Ernsthaftigkeit schon im Namen tragen, enttäuschen nicht selten durch mittelprächtige Grafik, zu dick aufgetragene didaktische Anliegen und halbherzig umgesetzte Game-Mechanismen. Viele von ihnen machen schlichtweg keinen Spaß. „Never Alone“ ist da ganz anders.

Der Puzzle-Platformer wurde von der gemeinnützigen Organisation Cook Inlet Tribal Council in Auftrag gegeben, die sich für den Erhalt von Kultur und Lebensgrundlagen der Ureinwohner Alaskas einsetzt. Die Hauptrolle in „Never Alone“ spielt ein Mädchen namens Nuna vom Stamm der Inupiat, der heute noch knapp 4000 Mitglieder zählt und im Nordwesten Alaskas zu Hause ist. Weil ihr Dorf von einem furchtbaren Blizzard heimgesucht wird, macht sich Nuna in Begleitung eines anhänglichen Polarfuchses auf die Suche nach der Ursache des Sturms. 

Die Grafik orientiert sich an Malerei und Kunsthandwerk des Stammes.

Spielerisch setzt der Sidescroller dabei auf den Gegensatz von unerbittlicher Naturgewalt und wohlwollender Geisterwelt. Nuna und ihr Polarfuchs müssen vor Eisbären davonrennen, von Scholle zu Scholle springen, ohne abzurutschen und sich ein ums andere Mal vor tosenden Windböen in Deckung bringen, bevor diese sie ins Meer pusten. Unterstützung erhalten die beiden aus dem Reich der uralten, mündlich überlieferten Inupiat-Sagen: Immer dann, wenn die Lage aussichtslos erscheint, tauchen gutmütige Geister auf, die im Stil alaskanischer Folk Art in die Luft gezeichnet werden, und bieten ihre Hilfe an.

Entwickelt wurde „Never Alone“ von E-Line Media aus Seattle. Das Studio hat sich auf Lernspiele spezialisiert, beschäftigt aber auch Game-Designer, die schon an weniger pädagogischen Titeln wie „Tomb Raider: Legend“ und „Quake 4“ mitgewirkt haben. Anstatt sich mit Bibliotheksbesuchen und Onlinerecherchen zu begnügen, arbeiteten die Entwickler für „Never Alone“ eng mit den Einheimischen vor Ort zusammen. Bei ihren zahlreichen Besuchen in Alaska sprachen sie zum Beispiel mit Dorfältesten und Spezialisten für indigene Kultur. Die Handlung des Spiels beruht auf der alten Inupiat-Sage „Kunuuksaayuka“ und wird im Spiel von Sprachwissenschaftler und Inupiat-Lehrer James Nageakdem in seiner Muttersprache vorgetragen.

Sogar die Art, wie Schnee und Eis dargestellt werden, wurde mit den Inupiat abgesprochen.

Auch bei der Grafik orientierte man sich an Malerei und Kunsthandwerk der Inupiat. Dima Veryovka, Art Director von E-Line Media, hat sich schon während seines Studiums in St. Petersburg mit der Kunst von Alaskas Ureinwohnern beschäftigt. „Viele meiner ersten Skultpuren waren von den Techniken der Inuit inspiriert“, erinnert er sich. „Als man mir anbot, an diesem Spiel mitzuarbeiten, habe ich daher keine Sekunde gezögert.“ Die ausgiebige Recherche und der intensive Dialog mit den Menschen vor Ort seien sehr ungewöhnlich für den Entstehungsprozess eines Videospiels, sagt Veryovka. Sogar die Art, wie Schnee und Eis im Spiel dargestellt werden, wurde mit den Einheimischen abgesprochen.

Das Ziel von „Never Alone“, das im Untertitel seinen Inupiat-Namen „Kisima Inŋitchuŋa“ trägt, ist der Erhalt bedrohten Kulturguts und die Verbindung junger Inuit mit dem Wissen ihrer Vorfahren. Und die Finanzierung zukünftiger Projekte: Sollte das Konzept des Spiels aufgehen, will man bei E-Line Media weitere  sogenannte World Games entwickeln, die Spielspaß mit den Überlieferungen alter Kulturen verknüpfen — und sie so vor dem Vergessen bewahren.

„Never Alone“ ist für Windows-PC und Xbox One erhältlich. Die PS4-Version soll in Kürze folgen. 

 

GQ Empfiehlt