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Protest gegen Zensur: Ein Filmemacher trollt die britischen Behörden mit einem 14-Stunden-Film

von Michael Förtsch
Auf kuriose Weise will ein junger Filmemacher gegen die britische Filmklassifizierungsbehörde demonstrieren. Die Experten sollen einen Film schauen, der über 14 Stunden hinweg nichts weiter zeigt als eine Wand mit trocknender Farbe.

Das British Board of Film Classification (BBFC) existiert bereits seit 1912. Anders als in Deutschland, wo ungeprüfte Filme schlicht keine Altersfreigabe erhalten, aber verkauft werden dürfen, muss in Großbritannien jeder Film ein Siegel des BBFC bekommen. Die Basisprüfgebühr dafür beträgt 144,20 Euro — und zusätzlich 10,07 Euro pro Filmminute. Das ist eine Praxis, die vor allem unabhängige oder kontroverse Filmemacher als künstlerische Hürde, anachronistische Bürokratie und Zensur wahrnehmen.

Denn erhält ein Film kein Zertifikat oder wird ihm eine Freigabe verweigert, darf er nicht im Kino aufgeführt oder vertrieben werden. Unfreiwillige Schnitte, Kürzungen und Zusatzkosten sind die Folge. „Auf diese Weise zensieren und verbieten sie auch heute noch Filme“, sagt der junge Filmer Charlie Lyne, der gegen die Praxis nun kreativ protestieren will.

Statt mit einer Kampagne Aufmerksamkeit zu erregen, will der Independent-Filmer die Prüfer trollen: „Egal, was du ihnen vorlegst, solange du bezahlst, müssen sie es anschauen“, sagt Lyne, der sich vor allem mit Kurzdokumentationen und Beiträgen für Buzzfeed und VICE einen Namen gemacht hat. Er will einen Film einreichen, der eine Ziegelwand zeigt, auf der frische weiße Farbe trocknet.

Der 14 Stunden lange Rohschnitt in 4K-Qualität ist mit „Paint Drying“ betitelt. Wie viele Minuten er letztlich davon den Prüfern vorlegt, hängt von Spenden ab. Die Kosten für die Prüfung soll nämlich eine Kickstarter-Kampagne decken.

Mit den bereits gesammelten 7.000 Euro kann der Filmkünstler dem BBFC bereits über 11 Stunden und 40 Minuten Material vorlegen. Den Statuten der BBFC zufolge werden mindestens zwei Prüfer das Material von Anfang bis Ende auf soziale, gesellschaftliche und moralische Tauglichkeit für das Kinopublikum bewerten — dies bestätigte auch ein Sprecher.

„Ich glaube, es ist ein hübscher Akt des Protests“, sagt Charlie Lyne. „Aber ich hoffe gleichfalls, dass er die Leute dazu anregt, sich über den Status und die vermeintliche Berechtigung dieser Behörde in unserer Filmindustrie Gedanken zu machen.“

Die Kickstarter-Kampagne läuft noch bis zum 16. Dezember. Sollte ein Betrag zusammenkommen, der eine über 14 Stunden lange Fassung ermöglicht, so verspricht Lyne, werde er alles mit einer längeren Laufzeit neu filmen. Dann würde „Paint Drying“ auch definitiv ein Rekordfilm werden. Denn der bisher längste geprüfte Film ist Jacques Rivettes „Out 1“ von 1971, der eine Laufzeit von 12 Stunden und 55 Minuten hat. 

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