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Ditto will das neue Reddit sein — ohne Trolle, Revengeporn und Hass

von Chris Köver
Reddit mag vieles sein, vielleicht sogar die selbsterklärte „Front Page of the Internet“. Nur eines ist die Plattform garantiert nicht: ein Hort höflicher Umgangsformen. Eine kleine, aber laute Nutzergruppe hat Hass gegen Schwarze, Frauen, Übergewichtige und eigentlich alle Menschen, die von einer imaginären Norm abweichen, zum Standard erklärt. Dass Reddit kaum Interesse zeigt, dies zu ändern, ärgert viele NutzerInnen. der Softwareentwickler Michael DeBerry hat deswegen kurzerhand eine Alternative programmiert.

Und der Herr gab den Nutzern des Internet Reddit, eine soziale Nachrichtenseite, auf der jeder fast alles posten und diskutieren kann, was ihm beliebt. Und die Nutzer frohlockten und nahmen dieses Angebot an, um dort fortan ihre Interessen und Leidenschaften miteinander zu teilen — darunter geklaute Nacktbilder von Jennifer Lawrence, Kinderpornografie und Verständnisbekundungen für den Mann, der angeklagt ist, in Charleston 13 Menschen erschossen zu haben.

In den USA, wo Reddit seinen Firmensitz hat, ist all das völlig legal. „Amerikanisches Recht schützt die Möglichkeit des Einzelnen alle möglichen Sichtweisen zum Ausdruck zu bringen, auch solche, die Verbrechen und Gewalt unterstützen“, erklärte Eugene Volokh, Rechtsprofessor und Autor des Washington-Post-Blogs The Volokh Conspiracy, zuletzt der BBC. Das bedeute aber nicht, dass eine private Firma wie Reddit dieses Recht nicht einschränken könne. „Reddit könnte sagen, wir wollen nicht, dass unsere Kanäle dazu verwendet werden, solche Information zu verbreiten“, sagte Volokh.

Dass Reddit diese Einschränkungen lange Zeit gar nicht und seit Kurzem nur sehr zögerlich vornimmt, ärgert viele NutzerInnen. Im Juni dieses Jahres hatte sich die Firma dazu durchgerungen fünf Subreddits zu sperren, die der Erniedrigung Schwarzer oder übergewichtiger Menschen gewidmet waren. Viel zu spät, meinten viele KritikerInnen.

Auftritt Michael DeBerry. DeBerry ist Softwareentwickler in den USA, in den vergangenen Jahren hat er immer wieder mit unterschiedlichen Nutzernamen auf Reddit diskutiert und gepostet, vor allem zu IT-Themen. Seine Erfahrung als Schwarzer Amerikaner mit der Plattform umschreibt er sehr höflich als „nicht immer angenehm“. Rassistische, homophobe und frauenfeindliche Hassrede gehöre dort mittlerweile zum normalen Umgangston — und Reddit mache immer wieder deutlich, dass es kein Interesse daran habe, diese Themen und Kommentare von der Seite zu verbannen.

Mit seinem Ärger ist Michael DeBerry nicht allein. Nur kann Michael DeBerry eben programmieren. Wenn Reddit also seinen Bedürfnissen nicht genüge, dann müsse er eben eine neue, bessere Plattform bauen, findet er. Eine News- und Diskussionsseite mit Hausregeln, die diese Art von Verhalten nicht dulden. Ein Ort, wo man Rüpel, Hater und Arschlöcher einfach rauswerfen kann.

Seit Anfang des Monats ist ditto.today online, zunächst in einer eingeschränkten Test-Version. Minimalistisch und aufgeräumt sieht die Seite aus, nichts solle sich zwischen die NutzerInnen und die Inhalte stellen, schreibt DeBerry im Onlinemagazin Model View Culture.

Wir tolerieren keine Belästigung. Jeder, der dagegen verstößt, kann aus diesen Räumen entfernt werden.

Ditto-Verhaltenskodex

Das einzige, was an Ditto ausgesprochen ausladend ist, sind die Nutzungsbedingungen. Darin enthalten: ein Verhaltenskodex, den DeBerry von der Webseite geekfeminism.org übernommen hat. „Ditto Today will eine belästigungsfreie Erfahrung für alle zur Verfügung stellen,“ heißt es darin. „Wir tolerieren keine Form der Belästigung unserer Teilnehmer. Jeder, der gegen diesen Kodex verstößt, kann aus diesen Räumen entfernt werden.“ Als Belästigung gelten dabei konkrete Gewaltandrohung, Stalking oder die Einschüchterung anderer Teilnehmer, aber auch „simulierter physischer Kontakt“ (auf der Textebene ausgedrückt als „*hug*“ or “*backrub*“). Und natürlich jegliche Hasskommentare gegen Menschen, die anders leben, lieben oder aussehen.

Wer gegen diese Regeln verstößt, wird erst einmal verwarnt und bekommt transparent erklärt, worin das Problem besteht. „Einige Menschen haben keine ausreichende Erziehung genossen, was akzeptables Verhalten angeht. Wir wollen den Tätern eine zweite Chance geben“, schreibt DeBerry dazu. Wer danach weiterhin Regeln missachtet, dessen Account wird gesperrt. Außerdem können Nutzer andere blocken, von denen sie nicht kontaktiert werden wollen und Übergriffe und Beleidigungen direkt an die Moderatoren melden. So etwas wie die Antithese zu Reddit also, wo NutzerInnen oft auf sich allein gestellt sind, und Moderatoren die „Redefreiheit“ jener verteidigen, die beleidigendes Material posten.

Wie auf Reddit sollen Teilnehmer selbst moderieren — nur eben mit einer radikal anderen Grundhaltung.

Um die Regeln durchzusetzen, will DeBerry auf starke Moderation setzen. Eine ziemliche Herausforderung, wenn man bedenkt, dass Ditto bislang nur einen einzigen ehrenamtlichen Mitarbeiter hat: ihn selbst. Sein Plan: Wie auf Reddit sollen einzelne Gruppen von Teilnehmern selbst moderiert werden — nur eben mit einer radikal anderen Grundhaltung.

Wie genau das funktionieren soll, weiß DeBerry noch nicht so genau. Ohnehin scheint er nicht der große Planer zu sein. Erst mal die Seite aufsetzen, Feedback einholen, Moderationstools und weitere Funktionen einbauen. Alles Weitere wird sich dann schon ergeben, findet er. Oder auch nicht. „Wenn niemand die Plattform braucht, wird sie sich womöglich auch nicht durchsetzen. Ich wollte nur ein Angebot schaffen“, sagt der Entwickler. Zumindest aus den ersten Twitter-Reaktionen zu schließen, ist DeBerry aber nicht der einzige, der sich nach einer Reddit-Alternative ohne Hass sehnt.

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Hier lest ihr, wie Reddit mit einer eigenen Nachrichtenseite Buzzfeed und Co. den Kampf ansagt. 

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