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Das hier könnte Spaß machen, doch Kritiker werden völlig ausrasten: Der Augmented-Reality-Shooter „Father.IO“

von Max Biederbeck
Francesco Ferrazino mag keine Kriegsspiele, obwohl er selbst eins programmiert hat — noch dazu eins, das kaum realistischer sein könnte.

Ferrazino würde sein „Father.IO“ aber niemals mit Titeln wie „Call of Duty“ oder „Medal of Honor“ vergleichen. „Wir haben ganz bewusst auf jegliche Kriegsrhetorik verzichtet“, sagt der 36-Jährige. Es gebe kein Blut in seinem Game, keine virtuellen Leichen, keine Soldaten. Und dennoch ist schon jetzt klar: Besorgte Eltern, Lehrer und Politiker werden Ferrazinos Spiel verteufeln. Alle eben, die in Computerspielen schon immer die Ursache für gewalttätiges Verhalten bei Jugendlichen gesehen haben. Der Grund dafür ist einfach.

Wird das Real-Life zum Schlacht- oder zum Spielfeld?

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„Father.IO“ ist ein First-Person-Shooter, der durch Augmented Reality (AR) funktioniert. Die wilden Schießereien spielen sich darin nicht mehr in virtuellen Arenen ab, sondern in der Realität. Auf der Straße, in Einkaufszentren, in Schulfluren — und mit dem Handy als Feuerwaffe. Geschossen wird nicht auf digitale Gegner, sondern auf echte Menschen. Das Real Life, so würde der Kritiker behaupten, wird zum Schlachtfeld. Ferrazino sagt: „Es wird zum Spielfeld.“

Los geht der Kampf mit einer Push-Mitteilung auf dem Smartphone: „Feinde in der Nähe.“ Wenn ein Spieler von „Father.IO“ diese Worte liest, muss er sich schnellstmöglich bereit machen. Die Bedrohung durch Gegner lauert überall. Es gilt, den Spielbereich zu erobern, indem er sich gerade befindet.

Gebiete mit bewaffneten Spielern kann nur einnehmen, wer selbst bewaffnet ist.

Das geschieht in der Free-Version des Spiels, indem man ein Foto vom momentanen Aufenthaltsort schießt. Hat der Spieler ein Gebiet als „Pionier“ erschlossen, wird es auf einer virtuellen Karte für die eigene Fraktion eingenommen. Das bringt Punkte, Erfahrung und Ressourcen und erinnert an Googles AR-Strategie-Spiel „Ingress“. Alles wird aber anders, wenn sich Gegner in der Nähe befinden, die sich zur Smartphone-App einen so genannten Trigger gekauft haben. Diese Spieler sind bewaffnet, ihre Gebiete kann nur einnehmen, wer selbst bewaffnet ist.

„Der Trigger ist ein Infrarot-Aufsatz für das Smartphone“, erklärt Ferrazino. Das blinkende Spielgerät wurde absichtlich so konzipiert, dass es möglichst harmlos aussieht. „Im Grunde funktioniert es genau wie ein Laser-Tag-Spiel, das wir durch Augmented Reality ergänzen“, sagt er. Der Rest erinnert an Paintball- oder Nerf-Gun-Szenarien, nur das hier eben mit dem Handy geschossen wird.

Kritikern wird jedoch nicht gefallen, dass auf dem Bildschirm des Smartphones eben doch eine Pistole zu sehen ist. Außerdem taucht groß das Wort „Terminated“ auf, wenn der Spieler einen Gegner erwischt, zusammen mit einem HighScore. In einer älteren Version des Spiels hieß es sogar noch „Killed“. „Ich war schon immer ein Fan von Shootern und als Jugendlicher fasziniert von Multiplayer-Spielen wie wie ‚Quake‘“, sagt Ferrazino. Es gehe ihm nicht darum, echte Gewalt zu imitieren oder gar zu verherrlichen. Vielmehr solle „Father.IO“ den spielerischen Gedanken von Shootern in die echte Welt tragen.

Er muss sich trotzdem fragen lassen, ob er einen guten Zeitpunkt ausgesucht hat, um mit einem Spiel auf den Markt zu kommen, in dem auf echte Menschen geschossen wird. Gerade erst uferte die Diskussion um den Einfluss von gewalttätigen Computerspielen wieder aus. Neue Studien widersprechen sich: Die einen sehen keinen Zusammenhang zwischen virtueller und realer Gewalt, die anderen glauben, dass Jugendliche die Gewalt in den Spielen sehr wohl nachleben wollen. Exzesse wie das Game „Hatred“ heizen den eigentlich schon vor Jahren abgehakten Streit wieder an.

Es wäre schade, wenn „Father.IO“ in den Strudel dieser Diskussion hineingezogen würde, denn eigentlich sieht das Spiel nach einer Menge Spaß aus. Es benutzt absichtlich Science-Fiction-Elemente und andere Tricks, um seinen fiktiven Charakter zu betonen. „Wir brauchen keine echte Gewalt, weil unser Game sowieso schon sehr echt ist“, sagt Ferrazino. „Call of Duty“ simuliere den echten Krieg auf der Couch. „Father.IO“ hole die Spieler wieder auf die Straße. In der Beta sind das immerhin schon 55.000 Subscriber. Die ersten Trigger gibt es seit Montag im Vorverkauf, sie werden im Frühjahr verschickt. Im Vergleich zu „Call of Duty“ sind das kleine Zahlen, seit dem 13. November ist der AAA-Titel das meist verkaufte First-Person-Action-Spiel aller Zeiten. Seinen Titel kennen mittlerweile die meisten: „Advanced Warfare“. Fortschrittliche Kriegsführung. 

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