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Dieser Sci-Fi-Kurzfilm wurde von einem Algorithmus geschrieben

von Cindy Michel
Der neue Stern am Sci-Fi-Trash-Himmel kommt nicht von einem Filmnerd, der jede Zeile jedes jemals gedrehten Streifens dieses Genres mitsprechen kann. Sondern von einer Künstlichen Intelligenz, die sich selbst Benjamin nennt. Sie hat das Drehbuch für den experimentellen Kurzfilm „Sunspring“ geschrieben. In der Hauptrolle: „Silicon Valley“-Star Thomas Middleditch.

Sunspring ist einer dieser wunderschön trashigen Kurzfilme ohne offensichtliche Handlung und voller völlig wirrer, dekonstruierter Dialoge, die so manchen Kritiker zu interpretativen Höhenflügen motivieren können. So wie die liegen gelassene Brille im MoMa San Francisco vor Kurzem, die für Kunst gehalten wurde. Denn der zehnminütige Film ist, wenn man so möchte, voll von möglichen Interpretationsansätzen, was die mögliche Intention des Künstlers angeht.

Wenn es denn diesen einen Künstler gäbe, der das Werk mit einer bestimmten Vision vor Augen kreiert hat. Den gibt es aber nicht. Der Autor von Sunspring hat nicht einmal Augen: Ein Algorithmus hat das Drehbuch samt Regieanweisungen geschrieben. Regie führte dann der Mensch Oscar Sharp.

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Als Filmstudent an der NYU unterhielt sich Sharp lieber mit Studenten technischer Fächer als mit anderen Filmemachern. So lernte er auch Ross Goodwin kennen, der damals seinen Master mit Schwerpunkt Natural Language Processing und Neuronale Netzwerke macht. Beide waren gerade zu besessen von der Idee, eine Maschine zu kreieren, die eigene Textstücke generieren kann. Sharp erzählte seinem Freund von einem Traum, den er hatte: ein Stück zu inszenieren, das von einem Algorithmus geschrieben wurde.

Etwas mehr als ein Jahr und viele Algorithmen später hatte Ross die Künstliche Intelligenz (KI) Jetson kreiert. Jetson würde sich später, nachdem er das Drehbuch für Sunspring geschrieben hat, selbst Benjamin nennen. Die KI ist ein sogenanntes künstliches rekurrentes neuronales Netzwerk, wie es meist zur Texterkennung genutzt wird. Um Benjamin auf seine zukünftige Aufgabe als Science-Fiction-Autor zu trainieren, fütterten ihn die Wissenschaftler mit Dutzenden von Drehbüchern aus dem Science-Fiction-Genre der vergangenen Jahrzehnte. Darunter Terminator 2, Akte X oder Krieg der Welten.

Das Ergebnis des harten Trainings: das Drehbuch zu Sunspring, komplett mit Regieanweisungen wie „Er steht in den Sternen und sitzt am Boden“. Dieses entstand für den 48-Stunden-Filmwettbewerb des Sci-Fi-London-Festivals, bei dem ein Film innerhalb von zwei Tagen gedreht werden musste.

Benjamin schrieb nicht nur das Drehbuch, sondern komponierte auch das musikalische Zwischenspiel

„Als die Schauspieler das Stück zum ersten Mal gemeinsam in verteilten Rollen gelesen hatten, konnte keiner mehr vor Lachen“, berichtet Sharp gegenüber Ars Technica. Die Jury des Festivals fand den Film wohl ähnlich amüsant und wählte ihn unter die besten zehn. Und Benjamin hat nicht nur das Drehbuch geschrieben, sondern auch das musikalische Zwischenspiel komponiert. Ein Multitalent eben.

Übrigens nicht die erste KI, die sich als Drehbuchautor versucht: Ein anderer, allerdings weniger erfolgreicher Algorithmus schrieb schon sehr skurrile Fortsetzungen für die Serie Friends. Und mit der Frage, wer eigentlich das Urheberrecht an solcher KI-generierte Kunst hat, beschäftigt sich der Jurist und Wissenschaftler Andres Guadamuz.

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