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Eine neue Doku-Serie über Frauen und Computerspiele will über alles reden — außer Gewalt gegen Frauen

von Chris Köver
Latoya Peterson ist furchtlos. Etwas mehr als ein Jahr nach #Gamergate hat die Journalistin und Kulturkritikerin eine neue Serie für den US-Sender Fusion produziert. Thema und Titel: „Girl Gamers“. Kann schon sein, dass auch sie damit auf die Abschussliste des Mobs gerät, der Computerspiele als Revier weißer heterosexueller Männer erhalten will. Aber es könnte schlimmer kommen, findet Peterson.

„Würdest du dich als Gamer bezeichnen?,“ fragt Latoya Peterson in der ersten Episode ihrer Doku-Serie und bekommt von fünf verschiedenen Interviewpartnerinnen fünf verschiedene Antworten. Für Frauen, die Spiele spielen, entwerfen oder als Akademikerinnen erforschen, ist das offenbar kein einfaches Label. Was nicht sonderlich überrascht, wenn man bedenkt, wie das Stereotyp des Gamers aussieht: ein junger, weißer, heterosexueller Mann, mit einem Keller voller Konsolen und allen aktuellsten Releases im Regal.

Dabei sollte es doch so einfach sein, meint Peterson: Wer Computerspiele liebt, ist Gamer. Punkt. Sie selbst liebt Spiele, seit sie im Alter von sechs Jahren anfing sich nachmittags ins Schlafzimmer ihrer Eltern zu schleichen, um dort heimlich Super Mario Bros. auf dem SNES ihres Vaters zu spielen, erzählt sie in der Einführung zur Serie. Klar ist sie Gamerin, das hat sie nie in Frage gestellt.

Ein Teil des Problem, wie sie es sieht, ist mal wieder die Geschichtsschreibung: Wie in so vielen anderen Szenen und Branchen — von der IT bis zum HipHop — waren Frauen von Beginn an mit dabei. „Wenn man sich allerdings die Geschichte von Games anschaut, dann werden viele der beteiligten Frauen, ob absichtlich oder unabsichtlich, marginalisiert. Ihre Geschichten werden zu Fußnoten.“

Für ihre Serie wollte sie deswegen mit Spieleentwicklerinnen, Kritikerinnen und Spielerinnen darüber sprechen, was Spiele für sie bedeuten, was sie an Spielen lieben, welche Erinnerungen sie damit verbinden. Unter den Interviewten sind Indie-Entwicklerinnen Catt Small, Naomi Clark, Liz Ryerson oder Mary Flanagan, aber auch Game-Nerds wie Keisha Howard, eine von Petersons persönlichen Heldinnen. Diese Geschichten, sagt sie, müssten dokumentiert werden — und wenn es sonst niemand tut, dann eben von den Frauen selbst.

Ein weiterer Grund für das Projekt ist ihre eigene Erfahrung als schwarze Frau, die Spiele liebt. „‚Frau‘ ist ja eine sehr breite Kategorie und nicht alle haben die gleiche Geschichte. Ich bin eine schwarze Frau in der Szene und ich habe nicht viele Geschichten gesehen, die ‚Race‘ und Gender zusammen betrachten.“

Das einzige Thema, um das sich ihre Doku definitiv nicht drehen wird: Gamergate und die frauenfeindliche Hetze gegen Spielerinnen und Entwicklerinnen. „Ich habe den Eindruck, dass diese Geschichte auserzählt ist“, sagt Person. Als sie das Thema dem Sender vorschlug, habe eine Fusion-Redakteurin sie gefragt, warum sie und andere Frauen denn überhaupt noch Spiele spielten in so einer feindseligen Atmosphäre. Da sei ihr klargeworden, wie sehr Gamergate im Mainstream als einzige Erzählung über Frauen in der Szene wahrgenommen wird — und dass sie dagegenhalten will.

Peterson will mit ihrer Doku eine Art #AskHerMore-Aufruf für die Spielebranche starten. Dieser Hashtag des Representation Project rief Anfang 2015 dazu auf, Schauspielerinnen auf dem roten Teppich doch lieber zu ihrer Arbeit zu befragen als zu ihren Abendroben und Beziehungen. „Ich würde mir wünschen, diese Bewegung auch für Spiele zu sehen — dass Frauen auch andere Fragen gestellt werden als nur die zum Thema Belästigung. Fragt uns nach Kultur, nach Design, nach künstlerischen Einflüssen, nach Spielen, die wir lieben und hassen und alles dazwischen.“

„Frauen sind mehr als nur Opfer von Belästigung“, sagt Peterson. Erst wenn sie nicht mehr als Pappschablonen für ein bestimmtes Thema, sondern als Menschen sprechen könnten, kämen die wirklich interessanten Geschichten zum Vorschein — und nach den ersten beiden Videos der Serie ist man versucht, ihr zu glauben.

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Schaut euch hier die ersten beiden Folgen von „Girl Gamers“ an. Die nächsten Episoden erscheinen im Abstand von zwei Wochen. 

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