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Overwatch könnte Videospiel-Filme retten

von Dominik Schönleben
Adaptionen von Videospielen gehören mitunter zu den schlechtesten Filmen Hollywoods – man denke nur an den düsteren Super-Mario-Spielfilm von 1993. Das Entwicklerstudio Blizzard ist aber dabei, diesen Markt für Videospielverfilmungen umzukrempeln. Das Mittel der Wahl: kurze Animationsfilme für den neuen Spielehit Overwatch und ein eigenes Filmstudio.

Videospiele und Filme sind grundverschieden: Ersteres lädt zum Mitmachen ein, zweiteres lässt zu, dass man sich berieseln lässt. Und doch kommen sich beide Medien heute so nah wie nie zuvor. Wenn es um die erzählte Geschichte geht, so sagt Jeff Chamberlain Animations-Chef beim Spieleentwickler Blizzard, sei die wichtigste Frage immer gleich: Welche Bedürfnisse hat der Hauptcharakter, was will er? „Daraus entwickelt man eine externe Gefahr, die ein Held konfrontieren muss, um sein Ziel zu erreichen“, erklärt Chamberlain gegenüber WIRED.

Blizzard ist ein Veteran im Erzählen von aufwändigen Geschichten, hat unter anderem mit Diablo und der Warcraft-Reihe eine riesige Fantasy-Welt nach der anderen erschaffen. Chamberlin sagt, er orientiere sich bei der Entwicklung von Spiel-Charakteren an der traditionellen Dramatheorie von Aristoteles. Der formulierte bereits vor 2000 Jahren die These, dass Geschichten mit nachvollziehbaren Charakteren und in drei Akten erzählt werden sollten. Ideal für Games.

Und eben fürs Kino. Deswegen hat sich Blizzard auch immer an der großen Leindwand orientiert und an den Kassenschlagern Hollywoods. Die Klassiker Starcraft oder Diablo wurden etwa von Videosequenzen begleitet, die sich anfühlten, als seien sie Ausschnitte aus einem 90-minütigen Animationsfilm.

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Man würde denken, solche erfolgreichen Spiele seien die perfekte Vorlage für ebenso erfolgreiche Hollywood-Produktionen. Die bisherige Erfolgsquote solcher Projekte sagt aber etwas anderes: „Die Mehrheit der Videospielverfilmungen waren keine Erfolge“, sagt James Waugh, Story Director bei Blizzard. Er ist hauptverantwortlich dafür, dass etwa Comics oder Filme zu einem Game-Titel sich auch so anfühlen wie das Spiel selbst. 

Waugh war auch maßgeblich am ersten Kino-Streifen beteiligt, den Blizzard gerade realisiert hat: Warcraft. Der Film entstand in Zusammenarbeit mit dem Hollywood-Studio Legendary, das Projekt wurde bereits 2006 initiert. Ein erster Schritt – beim nächsten Mal will Blizzard es ganz alleine machen. Deshalb gründete der Spieleentwickler im November 2015 das eigene Filmstudio Activision Blizzards Studios

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Der Warcraft-Film ist für Waugh der beste bisher gedrehte Videospiel-Film. Er repräsentiert einen Paradigmenwechsel für ihn: „Hollywood hat das Medium-Spiele in der Vergangenheit nicht verstanden, es nicht auf die Art respektiert, wie wir es tun“, sagt er. Blizzard müsse deshalb jetzt seine Filme eben selbst in die Hand nehmen, um es besser zu machen. Waugh ist überzeugt, sein Unternehmen sei durch seine bisherigen Erfahrungen mit Animationsfilmen für diese Entwicklung gut aufgestellt.

Und in der Tat, Blizzard demonstriert bereits seine Fähigkeiten bereits bei seiner neusten Game-Marke, dem Taktik-Shooter Overwatch. Ein Spiel, das jetzt, knapp einen Monat nach seiner Veröffentlichung, 10 Millionen Spieler für sich begeistern kann. Einer der Gründe dafür scheint zu sein: Die faszinierende Welt des Spiels und seine Charaktere ziehen die Spieler rein. Und das obwohl der Shooter selbst überhaupt keine geschichtliche Handlung hat: „Wir sehen das Spiel als ganzheitliches Erlebnis. Overwatch ist primär ein Spiel und seine Geschichte ist kaum wahrnehmbar“, sagt auch Story Director Waugh.

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Der Kniff ist einfach: Blizzard erzählt die Story von Overwatch außerhalb des Spiels. In animierten Kurzfilmen und Comics beschreiben Waugh, Chamberlain und ihre Kollegen eine dystopische Zukunft, in der Superhelden in den Untergrund abtauchen mussten, weil die Regierung sie verboten hat. Eine Welt, in der intelligente Maschinen Menschenrechte für sich beanspruchen und Menschen sich deshalb Frage stellen müssen, ob Rassismus auch für Roboter gelten kann. Komplexe Themen, die als Hintergrund für einen simplen Shooter dienen. Film und Spiel in einem und doch getrennt.

Dieser Ansatz ist in der Videospielbranche ungewöhnlich. Anstatt einen Film auf ein Spiel draufzusetzen, entstand das narrative Gerüst von Overwatch als Hin und Her zwischen der Games- und der Animationsabteilung: „In gewisser Weise haben wir diese Welt zusammen gebaut“, sagt Story Director Waugh. Es sei wichtig, dass man sich auf Overwatch auch dann einlassen könne, wenn man überhaupt kein Interesse am eigentlich Spiel hat.

Wenn VFX-Designer Chamberlain an die Entwicklung von Overwatch zurückdenkt, dann erinnert er sich noch gut an den Moment, als er sich die Frage stellte: „Wie würde in unserer Welt ein Museum aussehen?“ Der erste cineastische Trailer von Overwatch sollte dort spielen. Als die verantwortlichen Gamedesigner zu ihm sagten: „Da haben wir noch nichts“, musste Chamberlain ihnen eben seinen eigenen Vorschlag unterbreiten. Der Beginn besagten Wechselspiels zwischen zwei völlig unterschiedlich denkenden Abteilungen.

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Bisher entstanden Filme zu Videospielen jedoch nie nach diesem kooperativen Ansatz, gingen nie Hand in Hand mit der Entwicklung eines Spiels. Was dabei schief gehen kann, demonstrieren die Adaptionen anderer Spieleentwickler: Angefangen beim unpassenderweise düsteren Super-Mario-Bros.-Film von 1993, über die Uwe-Boll-Adaption von Far Cry mit Till Schweiger, bis zu den recht aktuellen Resident-Evil-Verfilmungen. Viele Games hatten nach ihrem Ausflug nach Hollywood nur noch wenig mit dem Original zu tun.

Solch ein Unglück passierte Blizzard bisher noch nicht – der Warcraft-Film war vielleicht kein Meisterwerk, doch auch weit von einem Desaster entfernt. Deswegen will Blizzard es in Zukunft alleine machen. „Wir waren schon immer sehr aggressiv, wenn es um Partnerschaften ging. Wir legen Wert darauf, zu beeinflussen, was aus unseren Marken wird“, sagt Chamberlain. Das neue Filmstudio Activision Blizzard sei ein zentraler Schritt, um sicherzustellen, dass die Kontrolle über zukünftige Kino-Projekte weiterhin bei den Spieleentwicklern liegt, die sich auch wirklich mit der Marke auskennen.

Noch beeinflusst das neue Filmstudio die Arbeit von Chamberlain und Waugh nicht, doch das könnte sich ändern: „Wir sind begeistert davon, dass unsere Marken bald durch Filme einem größeren Publikum zugänglich gemacht werden könnten – aber noch ist es dafür zu früh“, sagt Waugh. Man überlege aber bereits, wie es weitergehen könne.

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„Kurzfilme werden weiterhin Teil der Overwatch-Experience sein“, sagt Chamberlain. Es sollen weitere folgen, doch nicht nur für den Shooter. Auch zukünftige Spiele und bereits etablierte Marken würden ab jetzt auf diese Weise begleitet. Für World of Warcraft sei etwa bereits eine Serie namens Harbinger in Arbeit, die sich stark an dem orientiert, was Chamberlains Team bereits für Overwatch umgesetzt hat.

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