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So verhalten sich die deutschen Parteien auf Facebook

von Dirk Peitz
WIRED Germany hat zusammen mit der Digitalmarketing-Plattform Online Marketing Rockstars und dem Social-Media-Analytics-Anbieter quintly die Aktivitäten deutscher Parteien auf Facebook untersucht.

Die Ergebnisse zeigen: Die AfD ist sozialmedial die erfolgreichste deutsche WIRED Germany hat zusammen mit der Digitalmarketingplattform Online Marketing Rockstars und dem Social-Media-Analytics-Anbieter quintly die Aktivitäten deutscher Parteien auf Facebook untersucht. Die Ergebnisse zeigen: Die AfD ist sozialmedial die erfolgreichste deutsche Partei – steckt in diese Strategie aber auch am meisten Energie und Geld. Überhaupt haben Parteien, die eher polarisieren, besonders viel Zuspruch auf Facebook – dazu gehört die CSU ebenso wie Die Linke. Das Erlahmen des „Schulz-Zug“ wiederum lässt sich auch auf Facebook beobachten – und eine sozialmediale Überraschung erlebt, wer sich mal die Facebook-Follower von Angela Merkel genauer anschaut. Diese und weitere Zahlen und Analysen zum beginnenden Bundestagswahlkampf auf digitaler Ebene gibt es in der neuen Ausgabe von WIRED Germany – ab 26. Mai am Kiosk.

Facebook hat rund 28 Millionen Mitglieder in Deutschland und ist damit das mit Abstand wichtigste soziale Medium (Twitter hat nur knapp eine Million deutsche Nutzer, inklusive Bots). Gemessen an der Gesamtnutzerzahl ist der Anteil derjenigen, die einer Partei-Fanpage auf Facebook folgen, relativ gering. Die AfD hat mit aktuell 321.000 Followern die meisten, gefolgt von der Linken mit 186.000 und der CSU mit 166.000. Bei der sozialmedialen Gefolgschaft führen also Parteien, deren Positionen und Personal polarisieren. Oder, so ein geläufiger Verdacht zumindest gegenüber der AfD, den eine Recherche der FAZ im Februar bestätigen konnte: Die Follower- und Interaktionszahlen könnten aufgebläht sein durch Bot-gesteuerte Fake-Profile – das lässt sich aber auf Facebook nicht so leicht nachweisen wie auf Twitter.

Die AfD ist im Jahr 2017 bislang auch die erfolgreichste Partei auf Facebook, wenn es um die Menge der Interaktionen geht. Die FDP hat zwar von Anfang Januar bis Ende April noch etwas mehr gepostet als die AfD als zweitaktivste deutsche Partei auf Facebook (301 FDP-Posts zu 270 AfD-Posts), doch die Liberalen haben mit ihren Posts erheblich weniger Reaktionen ausgelöst als die Rechten. Auch bei dieser Statistik muss man bedenken: Interaktionen könnten auf Facebook auch durch Fake-Profile erfolgen, es gibt also etwa bei den Zahlen der AfD den Vorbehalt, dass nicht alle Shares und Likes von realen Menschen getätigt worden sein müssen.

Schaut man sich an, was die Parteien so auf Facebook posten, könnte man meinen, sie seien fast wie wir normalen Privatnutzer – sie teilen zum Beispiel sehr gern Fotos. Doch es gibt durchaus Unterschiede im Detail: Die Linke etwa scheint so etwas wie eine Video-Strategie zu haben, gut die Hälfte ihrer Posts besteht aus Bewegtbildern. Da sie jedoch mit 126 Posts insgesamt die wenigsten von allen Parteien abgesetzt hat, sind es überschaubar viele Videos.

Von den deutschen Parteien, die realistische Chancen haben, am 24. September in den Bundestag einzuziehen, haben nach Analyse von quintly in den ersten fünf Monaten des Jahres 2017 drei Sponsored Posts auf Facebook abgesetzt – die AfD, die Linke und die FDP haben also für Reichweite und Sichtbarkeit auf der Plattform bezahlt. Die AfD führt auch diese Aufstellung an, sie hat auf beinahe ein Fünftel ihrer Posts Geld gepackt. Dass sich bei den Unionsparteien, der SPD und den Grünen bislang nur organic posts finden, muss aber nicht heißen, dass nicht auch diese Parteien dieses Mittel im weiteren Laufe des Wahlkampfes benutzen werden.

Betrachtet man die persönlichen Facebook-Fanpages der Kanzlerkandidaten von Union und SPD, fallen gleich mehrere Dinge auf: Angela Merkel hat zunächst mal mit rund 2,4 Millionen Fans einen erheblichen Vorsprung auf Martin Schulz, dem lediglich 312.000 Nutzer auf Facebook folgen. Vergleicht man diese Zahlen deutscher Politiker aber mit denen des amtierenden und des ehemaligen US-Präsidenten, wirken sie winzig: Barack Obama hat aktuell noch 52,5 Millionen Follower, Donald Trump immerhin 23,3 Millionen.

Fast noch bemerkenswerter aber ist, wie viele der Follower des jeweiligen Politikers laut Facebook-API in dessen Heimatland leben. Dass Obama eine relativ internationale Gefolgschaft besitzt, überrascht nicht so sehr, er war in den vergangenen acht Jahren wohl der weltweit bekannteste Staatschef; dass nur 30,1 Prozent seiner Facebook-Follower in den USA wohnen, scheint nachvollziehbar. Bei Trump (52,3 Prozent) und Schulz (53,8 Prozent) leben je knapp mehr als die Hälfte der Follower im jeweiligen Heimatland des Politikers, das scheinen auch recht erwartbare Zahlen zu sein. Bei Bundeskanzlerin Merkel hingegen ist das anders: Lediglich 24 Prozent ihrer Follower kommen aus Deutschland. Das ist erstens ein erstaunlich kleiner Anteil, zweitens ist die Zusammensetzung ihrer Gefolgschaft ebenso erstaunlich: Außer in Deutschland hat Merkel die meisten Follower im Irak (rund 213.000) und in Ägypten (rund 94.000); erst danach folgen die USA mit knapp 85.000 Fans.

Ihre Partei hat auf Nachfrage von WIRED Germany dafür diese Erklärung parat: Die CDU habe „zu keinem Zeitpunkt den Kauf von Followern beauftragt oder veranlasst“, verweist ansonsten auf das hohe Ansehen der Kanzlerin im Ausland und auf die International Page Suggestions von Facebook, die Nutzern vorschlagen, Merkel zu liken. Es gibt auch andere mögliche Erklärungen, doch die wären reine Spekulation. 

Der fast schon berüchtigte „Schulz-Zug“ und dessen abnehmendes Tempo lassen sich gut an der Menge der Facebook-Fans nachvollziehen, welche die Partei-Fanpage der SPD in den ersten fünf Monaten des Jahres hinzugewonnen hat. Die absoluten Spitzen findet man an den Tagen und um die Tage herum, als Schulz zunächst vom Parteivorstand für den Posten des Kanzlerkandidaten nominiert wurde und dann Mitte März vom Parteitag dazu gewählt wurde. Danach flacht die Kurve ab, die SPD bekommt kaum an einem Tag mal mehr als 200 Fans dazu, verliert andererseits aber auch keine.

Analysiert man statt der Social-Media-Profile der Parteien und ihrer Kandidaten die Aufrufe der Partei-Homepages in den vergangenen zwölf Monaten, liegt erneut die AfD an der Spitze. Sie ist, wie es der ehemalige SPD-Wahlkämpfer Matthias Richel gegenüber WIRED Germany formuliert, „die erste erfolgreiche Internetpartei“ in Deutschland. Wichtig ist bei dieser Aufstellung: Diese Traffic-Zahlen zeigen lediglich die Aufrufe von Nutzern mit deutscher IP-Adresse, spiegeln also – soweit man das objektiv feststellen kann – tatsächliches Interesse von deutschen Wählern wider. Mögliche Manipulationsversuche aus dem Ausland müssten schon mit IP-Verschleierung durchgeführt worden sein.

Diese Analyse entstand in Zusammenarbeit mit Online Marketing Rockstars und quintly.

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