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Der neue Iron Man ist schwarz, weiblich und hyperintelligent

von Cindy Michel
Einer der wohl männlichsten aller Marvel-Helden wird zur Frau: Iron Man. Nach 53 Jahren gibt der vor Testosteron und Charme nur so strotzende Tony Stark seinen Anzug ab – an ein 15-jähriges afroamerikanisches Mädchen namens Riri Williams.

Die Neue im Marvel-Universum heißt Riri Williams, ist 15 Jahre alt, Afroamerikanerin und die neue Iron Man (an dem Namen muss sie wohl noch arbeiten). Während andere in ihrem Alter mit typischen Coming-of-Age-Erscheinungen wie Pickeln, der ersten Lieben oder Schweißflecken unter den Armen – auch die gelten in der Pubertät durchaus als Superschurken – zu kämpfen haben, hat Riri ganz andere Probleme.

Basierend auf den Erfahrungen, die man als Marvel-Leserin macht, werden sich diese wohl eher um das große ganze Universum drehen statt nur um den Kosmos der High School. Irgendwie aber auch absehbar, wenn man mit 15 Jahren schon am MIT studiert und in seiner Studentenbude am ersten eigenen und vor allem funktionstüchtigen Iron-Man-Anzug bastelt.

Lesern der Comicreihe Invincible Iron Man dürfte das junge Genie bereits bekannt sein, in der Ausgabe vom März wird Tony Stark alias Iron Man zum ersten Mal auf sie aufmerksam. „Tony steht in seinem Labor und führt Selbstgespräche“, erklärt Marvel-Autor Brian Michael Bendis im Interview mit dem Magazin TIME. „Dabei erfährt der Leser, dass er von einer jungen MIT-Studentin weiß, die einen seiner alten Anzüge komplett eigenständig nachgebaut hat.“ Bendis, der die neue Reihe mit Riri Williams als Protagonistin texten wird, verrät weiter, dass Iron Man gerade eine ziemlich miese Zeit durchmacht.

Denn Tony Stark erfährt, wer seine leiblichen Eltern sind, sein bester Freund ist gestorben und seine Firma steht kurz vor dem Aus. Deswegen sieht er Riri, die mit einem angepassten Modell seines alten Anzugs durch die Lüfte fliegt, als willkommene Ablenkung und sucht sie. Bei seinen Recherchen fällt Iron Man auf, wie intelligent das Mädchen ist – laut Bendis ist ihr Gehirn sogar noch größer als das von Stark. Wie und ob Tony Stark in einem Stück „in einem Stück“ überlebt, ist noch nicht bekannt.

Sehr wohl aber, dass die erste Comic-Superheldin schon im Februar 1940 gegen das Böse kämpft, nämlich Fantomah – Mystery Woman of the Jungle. Die mächtige Heldin aus der Feder des Künstlers Hank Fletcher verteidigt ihren Dschungel mit magischen Kräften. 1947 debütierte dann Black Canary in den Flash-Comics. Während sie anfangs noch allein mit ihren Martial-Arts-Kentnissen den Bösewichten in den Allerwertesten tritt, geben ihr die Autoren später die Superkraft Sonarschrei. Ein markerschütternder Laut, der an „Sonic Boom“ und „Hadouken“ aus Streetfighter erinnert.

Auch wenn schon Ende der 1940er Jahre erste Protagonistinnen auf der Bildfläche erschienen, fehlte von Gleichberechtigung noch jede Spur. Mit dem wachsenden Feminismus und den antirassistischen Bewegungen änderte sich aber auch die Comicwelt. Superhelden müssen schon lange nicht mehr weiß sein. Ähnlich wie bei der neuen Iron Man wählten die Autoren als Spider-Man-Erbe den jungen Miles Morales, er hat hispanische und afroamerikanische Wurzeln.

Ein Bekenntnis zur gelebten und gezeichneten Diversität machte Marvel auch, als der Verlag im Februar 2014 Ms. Marvel aka Kamala Khan, eine amerikanische Muslima mit Superkräften, ihre eigene Comicbuchreihe gab, getextet von der zum Islam konvertierten Autorin G. Willow Wilson.

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Ebenso hat LGBT das Comicuniversum erreicht, Sexualität und sexuelle Orientierung von Superhelden und -heldinnen werden immer fluenter. Ice Man und Batwoman hatten längst ihr Coming-Out, Batgirl hängt am liebsten mit ihren Transgender-Freunden rum, Wonder Woman hat die Zeremonie bei einer lesbischen Trauung abgehalten und Ende vergangenen Jahres ist das Kickstarterprojekt Strippling Warriors erschienen, ein Comicbuch dessen männlicher Protagonist ein Mormone ist, der auf Männer steht.

„Dass Iron Man ein dunkelhäutiges Mädchen wird, finde ich großartig“, sagt die Netzaktivistin, Feministin und re:publica-Speakerin Jillian York von Deep Lab im Gespräch mit WIRED. „Seit Ms. Marvel habe ich großen Respekt vor dem Verlag. Die neue Iron Man scheint eine Weiterführung der bereits begonnen Arbeit zu sein. Ich denke, es geht Marvel darum, mit der seit Jahrzehnten in ihren Comics präsenten weißen Vorherrschaft aufzuräumen.“ Während es im Netz Kritik an der Dekonstruktion von Iron Man gibt und manche Twitterer die Figur Riri Williams lieber als eigenständige sähen, scheint das York nicht zu stören: „Das ist doch das Wunderbare an Fiktion: Figuren können sich verändern, sich wandeln. Einfach so.“

Die französische Filmwissenschaftlerin Fanny-Wan Kenobi – Schwerpunktgebiet Marvel-Verfilmungen – würde Riri hingegen lieber als unbekannte Superheldin sehen:

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Ähnlich wie York sieht es die Berliner Sprach- und Kulturwissenschaftlerin Anna Groß, die mit ihrem feministischen Musiklabel Springstoff für Gleichberechtigung und gegen Rassismus eintritt: „Das ist doch eine großartige Idee. Die Superhelden haben sich immer verändert, weiterentwickelt, neues erfunden. Warum eine neue Figur kreieren, wenn es auch so weitergehen kann?“

Wie zu erwarten war gehen die Meinungen in den sozialen Netzwerken zum Genderwechsel von Iron Man weit auseinander. Während einige es begrüßen, dass Marvel auf mehr Diversität setzt, können andere Marvels Entscheidung anscheinend nicht nachvollziehen:

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Egal wie negativ manche Social-Media-User der neuen Iron Man gegenüber eingestellt sein mögen, was Marvel mit diesem Schachzug aber auf jeden Fall schafft: „Es zerpflückt gängige Klischees“, sagt Anna Groß. Es gehe hier auch nicht um „Gender Masking“, weil Riri Williams dem Foto nach zu urteilen eindeutig nicht als Mann maskiert werde, sondern als Superheldin. Marvel verspricht in einer offiziellen Pressemitteilung, dass „die Neue“ das Marvel-Universum im Sturm erobern werde.

Aber muss sie dazu nicht den Namen ändern, „die Iron Man“ klingt irgendwie seltsam, oder? „Finde ich nicht“, widerspricht Groß: „Man kann das ja auch mit ‚Mensch‘ übersetzen, dann passt es wieder.“ 

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