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Das Internet in den Grenzen von 2016: Wie unser Leben in Günther Oettingers Netz der Zukunft aussieht

von Johnny Haeusler
Es ist der Sommer 2016. Wehmütig starre ich auf mein Smartphone. „Es tut uns leid“, steht dort, „leider können wir diesen YouTube-Link in ihrem Tarif auf diesem Endgerät nicht anzeigen. Möchten Sie das Upgrade Streaming Media Extra für eine Woche (14,90 Euro) hinzubuchen und den Link anzeigen lassen?“ Das hatte es zwei Jahre zuvor nicht gegeben. Damals, 2014, bevor Günther Oettinger EU-Internet-Kommissar wurde.

Besonders kostengünstig war die Teilnahme am weltweiten Kommunikationsnetz zu dieser Zeit auch nicht, zwei DSL-Flatrates (zu Hause und im Büro) und vier mobile Datentarife bezahlte ich Monat für Monat – für jedes Familienmitglied einen. Doch immerhin konnten wir so gut wie unbegrenzt auf das gesamte Internet zugreifen.


Wir hätten wissen können, dass es Oettinger nicht um den Schutz unserer Privatsphäre geht.

Damit war schlagartig Schluss, als Oettinger im Jahr 2015 das Leistungsschutzrecht auf EU-Ebene gehoben, die Daten europäischer Unternehmen für wertvoller als die anderer erklärte und die Netzneutralität in Europa damit zu Grabe trug. Dabei hätten wir doch ahnen können, dass er mit einer Forderung nach „mehr Datenschutz“ nicht die Stärkung unserer Bürgerrechte meinte. Schließlich hatte Oettinger schon genug Erfahrung beim Verfechten von Firmeninteressen gesammelt und uns außerdem gewarnt.

„Wenn jemand so blöd ist und als Promi ein Nacktfoto von sich selbst ins Netz stellt, dann hat er ja von uns nicht zu erwarten, dass wir ihn schützen“, hatte er auf eine Anfrage im EU-Parlament geantwortet. „Vor Dummheit kann man die Menschen nicht bewahren.“ Dass es Günter Oettinger also nicht um den Schutz der Privatsphäre von Bürgerinnen und Bürgern, sondern allein um die Optimierung der Verdienstmöglichkeiten für Unternehmen in Europa ging, hätten wir wissen können. Aber dass es soweit kommt, wie es nun im Jahr 2016 ist, hatten wir dann doch nicht erwartet.


Fünf Gigabyte, nur noch europäische Suchergebnisse und Gmail kostet extra – mehr kann man für 30 Euro nicht erwarten.

Und so klicke ich auf die Frage nach dem Upgrade „Nein“ auf meinem Smartphone, für das ich mir nur noch den Grundtarif „Premium Basic“ leisten kann. Das ist okay, auf eine Art. Ich kann damit ein bisschen im Internet surfen, denn ich bekomme über das Portal meines Providers wenigstens europäische Suchergebnisse und Websites angezeigt. Ich kann Mails empfangen und versenden (solange ich den E-Mail-Dienst meines europäischen Providers nutze, das Gmail-Paket kostet extra) und … naja. Nichts und. Das war’s. Mehr kann man für 29,90 Euro nicht verlangen. Und schließlich kann ich ja den YouTube-Clip auch später noch anschauen, von zu Hause aus.

Dort haben wir das „All-in-Paket“ mit fünf Gigabyte inklusive für knapp 100 Euro gebucht, jedes weitere Gigabyte kostet nach dem Verbrauch nur fünf Euro. Ich hätte natürlich auch einzelne Pakete kaufen können, „Wissen Pur“ (inklusive der deutschsprachigen Wikipedia) und „Entertainment Online“ (mit YouTube und Online-Games von ProSieben) hätten zusammen mit dem Basispreis etwa das gleiche gekostet. Aber nur mein jetziger Tarif bietet die Möglichkeit, später mal auf das Upgrade „Internet Worldwide XXL“ zu wechseln. Für 189 Euro im Monat beinhaltet es wirklich alles, was das Netz zu bieten hat (ausgenommen Inhalte aus dem Nahen und Fernen Osten, Afrika und Russland natürlich).


Zwar muss man für diese Option einen Altersnachweis mit Postident-Verfahren erbringen und sich bei jedem Besuch einer Website für Erwachsene (die generell nur bei „Internet Worldwide XXL“ zugänglich sind) gesondert ausweisen, aber insgesamt ist das Paket das einzige im aktuellen Angebot, das dem früheren Internet nahe kommt.

Dem Internet in den Grenzen von 2014.

Bevor Günther Oettinger EU-Internet-Kommissar wurde.


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