Der Bildschirm ist schwarz. Nur die Fussabdrücke des Gefangenen sind zu sehen. Als er zögernd einen Schritt vor den anderen setzt, durchkreuzen plötzlich weiße Linien das Bild: Schallwellen, die von den Wänden des Labyrinths abprallen und die beengende Umgebung für wenige Augenblicke sichtbar machen. In „Dark Echo“ dient jeder Schritt, jedes Geräusch der Orientierung — und stellt zugleich die größte Bedrohung dar.
Ein Angstspiel, wie es lange keines mehr gab
Denn in dem dunklen Gängegewirr wimmelt es von Monstern. Und die sind nicht nur hungrig, sondern leider auch verdammt hellhörig. Es gab eine Zeit, da genügten wenige Linien und und eine Handvoll sich bewegender Punkte, um Videospieler in dunkle Verließe oder die Tiefen des Weltalls zu versetzen. Die Vorstellungskraft erledigte den Rest. So zum Beispiel in „Adventure“, der Mutter aller Dungeon-Crawler, für den Atari 2600.
Eigentlich sind diese Zeiten vorbei. Doch „Dark Echo“ zeigt, dass eine auf das Nötigste reduzierte Grafik — gepaart mit effektvoll eingesetztem Sound-Design — nach wie vor dazu in der Lage ist, den des Spielers in die Höhe zu treiben. „Dark Echo“ ist ein Angstspiel, wie es lange keines mehr gab.
Ursprünglich sei das Spiel aus einem Game-Jam zum Thema Minimalismus hervorgegangen, erklärt Jesse Ringrose vom Entwickler-Duo Rac7 aus Kanada. „Wir haben uns zuerst nur auf eine möglichst einfache Grafik konzentriert. Aber dadurch, dass wir diese Reduziertheit auch auf den Spieler übertragen und ihm die Regel auferlegt haben, so wenige Geräusche wie möglich zu machen, wurde das Ganze erst richtig interessant.“
Das war 2013. In den Monaten nach dem Game-Jam feilten Ringrose und sein Partner Jason Ennis in jeder freien Minute an „Dark Echo“. Im Oktober 2014 schließlich hängten beide ihre alten Jobs an den Nagel und begannen, sich in Vollzeit der minimalistischen Angsterzeugung zu widmen.
Das Ergebnis sind 80 zunehmend vertrackte Level, in denen der Spieler verborgene Türen finden, todbringenden Fallen ausweichen und vor kreischenden Monstern — dargestellt als heranrasendes, blutrotes Gewusel — davonlaufen muss. Obwohl es auch als PC-Game erhältlich ist, funktioniert „Dark Echo“ besonders gut auf Geräten mit Touchscreen.
Manchmal hilft einfach nur rennen, rennen, rennen.
Durch schnelles Tippen auf den Bildschirm lässt man die Spielfigur vorsichtige Trippelschritte machen, die von den Monstern nicht gehört werden können. Ein im richtigen Moment geworfener Stein wiederum erzeugt ein Geräusch, dass gefährlich nah gekommene Angreifer auf die falsche Fährte lockt. Und manchmal hilft einfach nur rennen, rennen, rennen.
Der Sound sei bei der Entwicklung die größte Herausforderungen gewesen, sagt Jason Ennis. „Weil der Spieler die ganze Zeit auf Geräusche achten muss, fiel jeder noch so kleine Fehler im Sound-Design auf. Das hat einen sofort aus dem Spiel gerissen.“ Ennis und Ringrose mussten die Geräusche in „Dark Echo“ daher mehrmals austauschten und durch bessere, furchteinflößendere Varianten ersetzen, bis beide zufrieden waren. „Es war schon erstaunlich, wie emotional unsere Tester auf ein derart minimalistisches Spiel reagiert haben“, sagt Ringrose. „Das mitzuerleben, hat ,Dark Echo‘ am Ende auf den richtigen Weg gebracht.“
Auch im Horror-Game „Perception“ sieht man nur mithilfe von Geräuschen, allerdings in 3D. Unsere Review lest ihr hier.