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Chinas Überwacher spüren einen in Minuten auf

von Michael Förtsch
Ein Reporter der BBC hat sich in China als Verdächtiger in eine Überwachungsdatenbank eintragen lassen. Dann machte er einen Spaziergang. Sonderlich lange dauerte das Experiment nicht.

Die Volksrepublik China besitzt das weitreichendste Überwachungsnetz der Welt. Die Bevölkerung des Landes wird derzeit von 170 Millionen Kameras observiert. In den nächsten zwei Jahren soll sich diese Zahl mehr als verdoppeln. Viele davon sind schon mit Technologie zur Gesichtserkennung ausgestattet und mit Datenbanken gekoppelt, die mit Bildern von Verdächtigen, Verbrechen, gesuchten Personen aber auch unbescholtenen Bürgern gefüttert sind. Niemand soll in der Öffentlichkeit unbeobachtet bleiben. Wie schnell und vor allem effizient dieses System schon jetzt funktioniert, hat ein Experiment des BBC-Korrespondeten John Sudworth gezeigt.

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In der 3,4-Millionen-Stadt Guiyang ist jeder Einwohner mit einem biometrischen Lichtbild bei der Polizei registriert. In der Überwachungszentrale der Metropole hat sich Sudworth als „Verdächtiger“ zur Testfahndung ausschreiben lassen. Dafür wurde einfach eine Aufnahme seines Gesichts ins Überwachungssystem eingespeist und die Suche aktiviert. Dann wollte der Brite einen Spaziergang durch die Stadt wagen, um zu überprüfen, wie lange er unentdeckt bleibt. Nach nur wenigen Minuten wurde er vom System, das die Bilder der unzähligen Überwachungskameras parallel auswertet, identifiziert. Nach sieben Minuten hatten ihn mehrere Beamte an einem Busbahnhof eingekreist.

Bereits seit mehreren Jahren wird in China die Überwachungstechnologie stark vorangetrieben, wobei vergleichsweise wenig Sorge um Datenschutz besteht. Wie die Polizistin Xu Yan im BBC-Bericht angibt, würden zwar sämtliche Informationen der Bürger in einer Datenbank gespeichert, aber schließlich „nur genutzt, wenn wir sie brauchen“ oder die Betroffenen „unsere Hilfe benötigen.“ Auch Daniel Chau vom Kamerahersteller Dahua Technology gibt an, dass er zwar ein „gewisses Unbehagen“ bezüglich der Technologie und ihrer Möglichkeiten verspüre. Aber einen Missbrauch durch den Staat befürchte er freilich nicht.

Unternehmen wie Baidu, Alibaba, Face++ und SenseTime arbeiten an Möglichkeiten, die ein schnelleres und akkurateres Auslesen von Videobildern ermöglichen. Allerdings nicht nur, was Gesichter betrifft. Künstliche Intelligenzen sollen auch Bewegungsmuster interpretieren, die Mentalität von Menschen einschätzen und ihr Verhalten prognostizieren können. Derzeit plant die Regierung in Peking gleichsam ein Bewertungssystem, das alle chinesischen Bürger mit einem Punktestand versehen soll. Dazu könnte künftig auch die allgegenwärtige Kameraüberwachung beitragen. Wer über eine rote Ampel fährt, könnte Minus-Punkte kassieren. Wer hingegen mit dem Rad zum Einkaufen geht, könnten Plus-Punkte einfahren.

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